Träume(h)r (German Edition)
Arsch der Welt nur über Kontakte weiterkommt!«, lachte Ole. »Jetzt lass mich endlich los, du hysterisches Mädchen!«
Gemeinsam stiegen sie auf ihre Roller und fuhren zurück in das Dorf. Dieses Mal benutzten beide den dritten Gang.
Ole beobachtete bis zum Abend wie Marc mit dem Ansporn eines aufgescheuchten Huhns um ihn herumlief und nicht zur Ruhe kam, während er selbst nur im Schatten lag und mit dem Zeichnen der Landschaft beschäftigt war.
Seitdem sie in Salema angekommen waren und durch ihre fruchtlose Suche nach einer Praktikumsstelle, massenhaft Zeit zur Verfügung hatten, holte Ole immer öfter den Zeichenblock hervor und widmete sich ausgiebig seiner künstlerischen Leidenschaft. Eduardo, der Besitzer der Pension, der eines seiner Kunstwerke auf der Terrasse entdeckt hatte, war ganz überwältigt von den Arbeiten, die der Riese aus dem Handgelenk zauberte, weswegen er Ole nicht mehr einfach nur Ole nannte, sondern ihn mit den Namen Michelangelo anredete.
Um kurz vor acht gingen die zwei in Richtung »Travesa do Miramar«, wo nach Eduardos Angaben das Lokal lag. Die Straße verlief direkt am Strand entlang, von wo aus man einen ungehinderten Blick auf das Meer hatte.
Ole und Marc setzten sich draußen an einen kleinen Tisch und warteten, da der Abschlepper noch nicht eingetroffen war. Sie bestellten vier Sagres und ein paar Kleinigkeiten zu essen, um ihre Gäste standesgemäß zu empfangen. Die Kellnerin nickte freundlich, als sie ihre Bestellung entgegennahm und verschwand.
Marc schaute sich um. Das »Restaurante Miramar« war in wenigen Worten als rustikal und gemütlich zu beschreiben. Ganz wie man sich ein einheimisches Restaurant vorgestellt hätte. Umso mehr verwunderte einen die Tatsache, dass wenige Minuten später ihr Bier mit einem »Bitteschön, vier Sagres für die jungen Herren« serviert wurde.
Marc zog die Augenbrauen hoch und schaute die Kellnerin verwundert an. Nach kurzem Nachhaken eröffnete sich ihm, dass das Lokal von deutschen Auswanderern geführt wurde, die sich ebenfalls in Salema niedergelassen hatten. Er wollte gar nicht wissen, wie viele Deutsche hier noch herumlungerten. Wenig später stupste er Ole an.
»Hey, was soll das? Du ruinierst mir noch meine Arbeit!«, protestierte der Riese, der gerade in die Zeichnung einer Möwe vertieft war.
»Ich glaube da hinten kommen sie. Siehst du?«
Er deutete auf den Anfang der Straße, wo sich der Abschlepper gemeinsam mit einem Unbekannten näherte. Es musste der Fischer sein. Oles Zorn wurde schlagartig durch Neugierde abgelöst. Als die Männer ihnen näher kamen und man sie deutlicher erkennen konnte, inspizierte Marc den Fremden etwas genauer.
Er war zweifellos ein Riese, der sicher so groß war wie Ole, aber sonst genauso aussah, wie man einen echten Fischer in Erinnerung haben würde. Langes Haar, sonnengegerbte Haut und nicht eine Fettreserve zu viel am Körper. Ein Mann, der ein hartes, aber gutes Leben führen musste, dachte sich Marc und schüttelte ihm zur Begrüßung die Hand. Dem Fischer rutschte dabei der Hemdsärmel leicht hoch und auf der braunen Haut war der Anfang einer Tätowierung zu erkennen.
Verglichen mit den anderen Seeleuten, kam ihnen dieser Mann überaus freundlich vor, was daran lag, dass der Abschlepper sie miteinander bekanntgemacht hatte, erklärte ihnen später Eduardo in der Pension. In Portugal vertrauten die Leute nämlich noch auf das Wort ihrer Mitmenschen.
Der Fischer hieß José und beherrschte glücklicherweise ihre Sprache, da er vor vielen Jahren für einige Zeit in Deutschland gelebt hatte, worauf er aber nicht näher eingehen wollte. Er bedankte sich für das Bier und prostete den beiden zu.
Daraufhin begann Marc zu erzählen. Nachdem er lange um den heißen Brei herumgeredet hatte und ihre bisherige Lebensgeschichte samt Studium und allen dazugehörigen Nebensächlichkeiten aufgezählt war, übernahm Ole das Wort, da er das Hinauszögern leid war.
»Um ehrlich zu sein wollten wir uns nicht mit dir treffen, um über unser bisheriges Leben zu plaudern, sondern es sollte dabei viel mehr um unsere Zukunft gehen. Wir haben eine Bitte an dich!«
Der Seemann nickte, ohne ein Wort zu verlieren. Es war eine Aufforderung, um fortzufahren.
»Wir wollen in Salema Fischer werden und hoffen, dass du uns dabei helfen kannst. Wir könnten auf deinem Boot mitfahren und gleichzeitig von dir lernen. Sozusagen als Unterstützung und Hilfskraft.«
Der Fischer schwieg. Sie erwarteten das übliche
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