Träume(h)r (German Edition)
Gelächter, aber es kam nichts. Der Mann nahm einen tiefen Zug von seiner Zigarette, die er sich wenige Minuten zuvor angesteckt hatte und sah die beiden kopfschüttelnd an.
»Wie oft wurdet ihr hierfür schon ausgelacht?«, fragte er mit rauchiger Stimme, die einem mit Leichtigkeit eine Gänsehaut bescheren konnte.
»Zu oft!«, antwortete Ole.
»Wisst ihr auch, weshalb man euch auslacht?«
»Weil es eventuell eine unrealistische Vorstellung ist, der wir hinterherjagen? Dass wir in Salema ehrlich arbeitende Fischer werden?«
»Zum einen dieser Punkt, aber viel absurder ist die Tatsache, wie euer bisheriges Leben verlaufen ist. Denkt einmal darüber nach, was ihr für Möglichkeiten hattet. Ihr könntet in Deutschland erfolgreich werden und euch all eure Träume erfüllen, aber was euch in Salema erwartet, das ist kein Bild auf einer Leinwand, wie man es von der Werbung kennt. Es ist die Realität. Keiner von uns Seemännern hatte eure Chancen zum Beispiel eine Universität zu besuchen oder eine Lehre zu machen. Wir sind einfache Leute, die sich das Leben nicht aussuchen konnten. Euch steht die Welt offen, aber ihr seht eure Zukunft Tag für Tag auf das Meer hinaus zu fahren und darauf zu hoffen, dass ihr nicht mit leeren Netzen heimkehrt?«
Alle schwiegen am Tisch und dachten über Josés Worte nach, was dem Mann Zeit für einen weiteren Zug an seiner Zigarette verschaffte. Die beiden antworteten daraufhin wie aus einem Mund.
»Ja, genau das wollen wir!«
José drückte mit einem grimmigen Blick die Zigarette aus und sah auf das halb leere Bierglas, das er in einem Zug austrank. Daraufhin stand er auf und wandte sich beim Gehen ein letztes Mal zu den zwei seltsamen Gestalten, die regungslos am Tisch saßen und auf ein Zeichen hofften.
»Wir sehen uns morgen früh um drei an den Boxen!«
Marc konnte es kaum fassen. Er war sich sicher gewesen, dass José ohne ihnen zu helfen aus ihrem Leben verschwinden würde, aber er hatte sich getäuscht.
»Seid pünktlich! Eine zweite Chance wird es nicht geben!«, hatte der Fischer ihnen noch beim Gehen zugerufen.
Mit diesen Worten im Hinterkopf wachte er etwas zu früh auf. Sich jetzt wieder schlafen zu legen würde sowieso nichts bringen, dachte er sich und stand auf. Nach dem Anziehen ging er in Oles Zimmer.
Dabei fielen ihm die Worte des Riesen vom Vorabend ein, als sie auf dem Heimweg von ihrem Treffen mit José waren.
»Irgendwie kam der Typ einem bekannt vor. Ich weiß nicht in welchem Zusammenhang, aber ich glaube ihn irgendwoher zu kennen«, sagte er und kratzte sich nachdenklich am Hinterkopf.
»Eher unwahrscheinlich, Frodo!«, entgegnete Marc und auch sein Kumpel konnte nicht begreifen, woher er den Mann zu kennen glaubte.
Nachdem er die Tür zu dem Zimmer geöffnet hatte, ging er zu Oles Bett und rüttelte ihn ohne Vorwarnung aus dem Schlaf. Mit Mühe öffnete sein Gegenüber die Augen und erkannte halb verschwommen den überdrehten Freund vor sich.
»Was ist los?«, fragte er verwirrt.
»Wach auf!«, sagte Marc und rüttelte weiter an ihm.
»Ich bin wach! Wie wäre es, wenn du mich jetzt loslässt, bevor dir gleich ein weiterer Finger fehlt?«, schlug Ole vor.
»Der Wecker klingelt ohnehin in fünf Minuten, also sei nicht so zickig und steh jetzt auf. Was sagst du dazu?«
Marc präsentierte seine Arbeitskleidung, die er sich nach dem Aufstehen übergestreift hatte. Ole musste sich erst die Augen reiben, um klare Sicht zu bekommen.
»Du spinnst doch total! Bei dem Wind wirst du dir eine Lungenentzündung einfangen und mehr nicht. Wir sind keine Fischer in der Karibik, sondern fahren nachts in Portugal zur See ohne, dass uns jemand sehen kann!«
Er machte einen Satz zum Spiegel, der an der Wand hing und betrachtete seine Montur. Ole könnte Recht haben. Sie waren noch im Haus und er spürte bereits jetzt jeden einzelnen Windhauch an seinem mit Leinen behangenen Körper. Unsicher strich er sich mit dem Handrücken über die raue Wange, worauf inzwischen ein dichter Bart wucherte, da er sich seit dem Beginn ihrer Reise nicht mehr rasiert hatte. Er sah aus wie ein junger Robinson Crusoe.
»Wir werden sehen!«, antwortete er und warf ihm eine Tüte zu, die er mitgebracht hatte. »Sieh mal, was ich für dich besorgt habe!«
Ohne hineinzusehen wusste Ole, was sich darin befand.
»Denk bloß nicht, dass ich das anziehen werde! Ich weiß ganz genau, was du im Schilde führst und nein, ich will mir weder den Tod holen, noch werde ich mich vor José zum
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