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Träume(h)r (German Edition)

Träume(h)r (German Edition)

Titel: Träume(h)r (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rudolf Moos
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das, wonach du suchst, ist die Spitze der Pyramide, die dieser Typ erfunden hat.«
    Er wusste aus seiner Schulzeit, was die Maslowsche Bedürfnispyramide war, aber damals hatte er sich keine weiteren Gedanken zu diesem Thema gemacht. Er erinnerte sich vage daran, dass sie in fünf Ebenen unterteilt war, wobei an der Spitze der menschlichen Bedürfnisse die Ebene der Selbstverwirklichung stand, die erst erreicht werden konnte, wenn die übrigen vier Ebenen, Dinge wie Essen, Trinken, Sicherheit, soziale Kontakte, Macht und Anerkennung, hinreichend bedient wurden.
    »Ja, ich denke schon, dass ich mir sicher bin«, antwortete er und schwieg für den Rest der Fahrt.
    Inzwischen war einige Zeit seit der Unterhaltung mit José vergangen doch er war noch immer schweigsam, da die Pyramide ihn nicht mehr losließ. Sie hatte ihn für sich eingenommen und erstmals in Frage gestellt, ob ein Leben als Fischer wirklich die richtige Lösung seiner Unzufriedenheit sein konnte. Somit verbrachte er die Zeit, die er nicht auf dem Meer war, damit am Strand herumzuliegen und über den Sinn seines Lebens nachzudenken, was ihm einerseits zu Kopfschmerzen und andererseits zu einer knackigen Bräune verhalf.
    Ansonsten gab es in Salema nicht wirklich viel für ihn zu tun. Er hatte mittlerweile sein Sportprogramm auf ein Maximum von drei Stunden ausgedehnt und auch die Bücher in dem Kiosk, wo Ole täglich seinen Süßkram kaufte, innerhalb von zwei Wochen alle durchgelesen. Gegen Abend konnte er zwar einige der Restaurants und Bars aufsuchen, worin sich die Urlauber amüsierten, aber das war es dann auch, was Salema an Nachtleben zu bieten hatte. Nach zwei Uhr waren die Straßen im Dorf wie leergefegt.
    Exotische Portugiesinnen waren bislang auch ausgeblieben. Er war während ihres gesamten Aufenthalts keiner einheimischen Schönheit begegnet. Wo hatte bloß der Romanheld Jack seine rassige Dame gefunden, fragte er sich, da die einzigen portugiesischen Frauen, die ihm über den Weg liefen im Alter seine Großmutter waren und somit nicht in sein Beuteschema fielen.
    Regelmäßig berichtete er seinen Eltern von interessanten Erfahrungen, die er im Rahmen der erfundenen Exkursion sammelte. Dabei wollte er nicht im entferntesten daran denken ihnen irgendwann die Wahrheit zu erzählen.
    Das Leben nahm irgendwie seinen Lauf und auch die Tagebucheinträge, die anfangs noch voll spannender Ereignisse waren, wurden wieder monoton. Weder überglücklich, noch todtraurig fristete er sein Dasein und hoffte darauf die Spitze der Pyramide durch irgendeine Eingebung zu finden.
    Für Ole hatte sich bislang in Salema ein anderes Leben ergeben. Er saß tagsüber im Schatten von Eduardos Terrasse vor seinem Notebook und bloggte über die neusten Unstimmigkeiten in der Nachrichtenwelt oder andere skurrile Tatsachen, die ihn im Laufe der Jahre beschäftigt hatten. Nachdem ihm aufgefallen war, dass durch seinen Beitrag über Söring in kürzester Zeit eine beachtliche Menschenmasse auf sein Pseudonym Tyler_Durden87 aufmerksam geworden war, die nur darauf wartete neue Beiträge von ihm lesen zu dürfen, gab er sich besonders viel Mühe regelmäßig Artikel zu veröffentlichen und steckte somit mehr Zeit, als jemals zuvor in sein Hobby.
    Über Söring fand er heraus, dass sich der ehemalige Professor seit kurzem in Untersuchungshaft befand. Versuche gegen Kaution freizukommen, waren gescheitert. Seine Geschichte entwickelte sich wie die meisten Skandale mit einem kurzen Hoch, das durch Oles Artikel eingeleitet wurde und endete mit immer niedriger frequentierten Berichten der Medien über das Schicksal des einstigen Erfolgsmenschen. Die Presse äußerte sich ohnehin nur noch der Vollständigkeit halber über den anstehenden Prozess und gegen Ende des Jahres wäre der Mann sicherlich nur noch für die neuen Erstsemester ein Thema gewesen. Seine Karriere war noch schneller beendet, als sie angefangen hatte.
    Die Abende verbrachte Ole am Strand, wo er im Abendrot die Landschaft malte. Eduardo, der es nicht mehr mitansehen konnte, dass die Kunstwerke des Michelangelos auf einem kleinen Zeichenblock entstehen mussten, hatte ihm eine Staffelei, ein paar Leinwände und Farben geschenkt. Von da an hingen von Tag zu Tag immer mehr Bilder mit der Signatur »Ole Reike« an den Wänden von Eduardos Pension.
    Auf Josés Boot war der heutige Tag wie jeder andere. Routiniert warfen die Praktikanten die Netze ins Wasser und zogen sie Stunden später wieder ein. Daraufhin lenkten sie

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