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Träume(h)r (German Edition)

Träume(h)r (German Edition)

Titel: Träume(h)r (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rudolf Moos
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stieß. Der Riese folgte, wie ein Profikiller, ohne die Beherrschung zu verlieren. Wenige Zentimeter von ihm entfernt, hielt er an. Mit einer ruhigen Bewegung schob er sich die Brille ins Haar.
    »Du kleine Ratte!«, zischte er und rammte seinem Gegenüber den Zeigefinger in die Brust. Ohne die Chance auf eine Reaktion, verlor Marc sofort das Gleichgewicht. Er ruderte heftig mit den Armen, aber der Versuch den Schwerpunkt seines Körpers so zu verlagern, dass ein Sturz hätte verhindert werden können, ging daneben.
    Die Schwerkraft verfluchend streckte er seine vierfingrige Hand so weit er konnte aus und griff mehrfach ins Leere, als er plötzlich feststellte, dass sein Körper sich verlangsamte und ihn etwas zu halten schien. Ein letzter Hoffnungsschimmer kam in ihm auf.
    Vorsichtig öffnete er seine Augen, die während des Falls fest zugekniffen waren und sah einen nach vorne gebeugten Ole mit angestrengtem Gesicht vor sich. Der Riese befand sich nur noch mit halbem Körper im Boot und war über das Gummiband, das um seinen Hinterkopf herumführte mit Marcs Hand verbunden, die es geschafft hatte sich an der Taucherbrille festzuklammern. Sie stellten die Qualität des Gummibandes auf eine harte Zerreißprobe.
    Mit aller Kraft versuchte Marc seinen anderen Arm zur Hilfe zu holen, aber alle Anstrengungen waren vergebens. Er rutschte ab und hörte, noch bevor er in das kalte Meerwasser eingetaucht war, einen peitschenden Knall, dem ein schriller Schrei folgte. Ole fiel Sekundenbruchteile später ins Wasser.

Das Boot, das durch die Turbulenzen, die Marcs Fall verursacht hatten, ins Schwanken gekommen war, kenterte nach Oles Absprung vollkommen. Als Marc wieder auftauchte, sah er überall ihre Ausrüstung treiben. Sofort begab er sich zu der Stelle, wo sein Kumpel im Wasser gelandet war, um bei ihm nach dem Rechten zu sehen. Der Riese tauchte mit einer angeschwollenen Lippe, die leicht blutete, auf.
    »Turtle, du Idiot! Ich wollte dir doch nur etwas Angst einjagen und was machst du? Springst vom Boot und haust mir dabei die Brille ins Gesicht.«
    Er lispelte stark, dank der Schwellung im Gesicht.
    »Das tut mir wirklich leid, aber erstens, hast du mich mit deinem Finger gestoßen und ich wollte mich lediglich festhalten. Zweitens, kannst du einem zur Zeit echt Angst einjagen! Seitdem wir alleine aufs Meer hinausfahren, benimmst du dich wie ein Besessener«, verteidigte sich Marc gegen die Vorwürfe seines Freundes, der nun schwieg, da ihm die Überspitztheit des eigenen Verhaltens aufgezeigt wurde.
    »Vielleicht bin ich wirklich etwas zu ehrgeizig gewesen«, sagte Ole einsichtig. Den Gegenüber wunderte zwar der plötzliche Sinneswandel, aber vermutlich hatte es einen Stoß gegen den Hinterkopf gebraucht, um ihn zu lehren, dass man das Fischen nicht als Ego-Wettbewerb interpretieren musste.
    »Schon vergessen!«, entgegnete Marc, ohne weiteren Streit zu suchen, da er sich ebenfalls nicht frei von Schuld fühlte. Bei näherer Betrachtung seines Freundes fiel ihm auf, dass dieser das Zusammentreffen mit der Taucherbrille doch nicht ganz so schadenfrei überstanden hatte, wie anfangs angenommen, da die Schneidekanten seiner beiden oberen Zähne fehlten. Folglich war nicht nur die angeschwollene Lippe für seine undeutliche Aussprache verantwortlich.
    »Dein Zahnarztbesuch geht übrigens auf mich. Das sollte sich wirklich ein Fachmann ansehen!«, fügte er beiläufig hinzu.
    »Welchen Zahnarztbesuch meinst du?«, fragte Ole misstrauisch und begann daraufhin sofort sein Gebiss abzutasten, wobei er sich mit strampelnden Beinbewegungen über Wasser hielt. Nach kurzer Inspektion fand er schockiert die ramponierte Stelle in seinem Mund.
    »Da kannst du dir sicher sein! Mindestens eine Platinfüllung will ich haben! Lass uns nach Hause fahren. Ich habe genug für heute.«
    Sie schwammen zum Kahn herüber, wo es ihnen mit vereinten Kräften gelang, das Boot auf die richtige Seite zu drehen. Marc hievte anschließend seinen Körper als erstes in das Innere und landete ungeschickt auf dem Rücken. Fluchend rappelte er sich auf und konnte erst jetzt sehen, was vor seinen Füßen auf dem Boden zappelte. Er traute seinen Augen kaum.
    »Komm her! Das wirst du nicht glauben«, rief er seinem Freund zu, der gerade ein Bein um den Rand des Bootes geschlungen hatte, um sich den Einstieg zu erleichtern. Als Ole endlich neben ihm stand, dauerte es etwas, bis er mehr als einen Satz aus sich herausbekam.
    »Unser erster Fisch!«, sagte er

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