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Traeumer und Suender

Traeumer und Suender

Titel: Traeumer und Suender Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias Goeritz
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kleinen Filmkompanien.»
    Ja, das wusste er. Anfang des 20. Jahrhunderts ging es vor allem darum einen Weg zu finden, wie man mit bewegten Bildern Geschichten erzählte, ohne die ganze Zeit auf literarische Klassiker – Onkel Toms Hütte, Rip van Winkle, Dickensgeschichten –, deren Story bekannt war, oder auf Erklärungen außerhalb der Bildfolge angewiesen zu sein. Die Filme waren kurz, und die Kameras in der Tradition von Theater und Laterna Magica aufgestellt, die Action spielte sich hinter einer zwölf Fuß von der Linse entfernten gemalten Linie ab, sodass die Charaktere in Lebensgröße von Kopf bis Fuß in den Kasten kamen. Storymäßig war noch nicht viel los, meistens Jagdszenen, für die man einen Aufhänger brauchte, Diebstahl, Brautraub, Beleidigungen, Streiche. Der Interviewer hatte keine große Lust auf ein Filmseminar mit dem alten Mann, schon gar nicht über Griffith, diesen Rassisten.
    Â«1908 war das. Und die haben ihn quasi gezwungen, zum ‹Director› zu werden. Wissen Sie, was das damals hieß? Manager. Mit der Flüstertüte die Leute koordinieren. Den Schauspielern die Geschichte erklären, den emotionalen Moment, der gerade aufgenommen werden sollte, überprüfen, ob überhaupt Film in der Kamera war. Griffith hat diese Chance ergriffen, er hat den Beruf erst erfunden. Regisseur. Oh ja, es gab andere, Chaplin kam und dann natürlich einige aus Europa, aber die hatte man damals noch nicht auf der Rechnung. Und Griffith hatte das, was andere nicht hatten: ein Markenzeichen. Er war groß, zog sich feinan, und er trug einen Hut, den samtumrandeten Hut eines Plantagenbesitzers, er verkörperte einen Traum, seinen Traum. Und dieser Traum, etwas anderes, Schöneres aus seiner Kindheit festzuhalten, mit der Kamera als seinem Element, der trieb ihn an. Und das zog. Er war sichtbar, er hatte Autorität. Und deshalb gaben die Aitkins nicht auf. Sie und Griffith schrieben Bettelbriefe, tricksten, hielten die Kamera am laufen und das Set zusammen; die Aitkin-Brüder brachten unendlich viele kleine Investoren dazu, ihr Geld in den Film zu stecken, bis sie die Summe hatten, um weiterzudrehen. Improvisation. Spielerfieber. Sie ahnten etwas. Sie glaubten daran.
    Wissen Sie, was dabei rauskam? Nachdem der Film fertig war? In den ersten Jahren machte man aus 110.000 Dollar sechzig Millionen. Sechzig Millionen! Können Sie sich das vorstellen? Ein ungeheurer Einsatz führte zu einem Gewinn, der so fantastisch war, dass niemand, wirklich niemand, sich das hätte vorstellen können.
    Das war wie Glücksspiel! Eine ungeheuerliche Quote! Hollywood fing nicht anders an als Las Vegas.»
    Der Interviewer war nun wirklich unruhig. Was wollte der alte Mann ihm erzählen? Das alles ein riesiges Geschäft war, das auf unkontrollierten Einsätzen gründete? Heutzutage konnte man keine Zeitung mehr aufschlagen, selbst das Morgenprogramm in der Espressobar auf der Giudecca hatte ihn nicht mit der Eurokrise, den Schuldenproblemen und dem drohenden Zusammenbruch des ganzen Systems verschont.
    Â«Es war die reine Gier. Erinnern Sie sich an Michael Douglas in
Wall Street
? ‹Greed is good›, wie da seine Augen gefunkelt haben, wie ein Wahnsinniger im Fiebertraum, der Prophet der Achtzigerjahre, der
New Economy
. Einervon Oliver Stones seltenen großartigen Momenten. Das jetzt mit einem zweiten Teil zu wiederholen war lachhaft, und, typisch Stone, vollkommen überfrachtet. Ich hätte mich sonst mit ihm für immer versöhnt, aber er musste ja noch einen draufsetzen. Fast rührend, wie harmlos diese Fortsetzung rüberkommt, mit der Moral einer Vorabendserie. Erinnert mich an die didaktische Leere im deutschen Kino, die wir lange Zeit hatten. Aber Stone ist nicht dumm. In diesem einen ikonischen Satz, ‹Gier ist gut›, steckt ein ganzer Selbstkommentar nicht nur der Achtzigerjahre, sondern Amerikas, der Filmbranche und die Hommage an eines der vergessenen Meisterwerke des Stummfilms. Sie wissen, wovon ich spreche? Von Strohheims
Greed
! Jaja, der mythische Film schlechthin, die Legende. Erich Strohheim, Sohn eines jüdischen Hutmachers aus Wien und einer Jüdin aus Prag, das ‹von› hat er erfunden, wie alles andere auch. Die Kavallerieuniform, den Pelzkragen, das Monokel. Stand sogar die Dietrich drauf. Als er 1915 nach Hollywood kam, um dem Krieg zu entfliehen, als Griffith grade
The Birth of a

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