Traeumer und Suender
zwanzig Minuten durch die anbrechende Dunkelheit rasen. Ich glaube, deshalb habe ich gern in den Canyons gewohnt, um über die Hügel nach Hollywood oder nach Brentwood einzureisen, in meinem Wagen wie ein kleiner Flugkapitän auf der Suche nach diesem gelben Bronzeton der StraÃenlaternen, die in einer Sommernacht das Laub so färben, als wäre es golden.»
Eine merkwürdige Verwandlung schien in dem alten Mann vorzugehen. Er hatte das glatte Heft wieder zusammengerollt, als würde er Luft holen, um von Neuem den Stab seiner Erzählung über Dinge aufzunehmen, die ihm offensichtlich unangenehm waren, aber dann lieà er die Heftrolle einfach wieder in den Schoà fallen und legte beide Arme auf die Lehnen seines Sessels. Er fuhr mit den Handflächen über das Holz, hob die Hände dann wieder, und fasthätte der Interviewer erwartet, ein Licht würde hinter dem alten Mann angeschaltet und eine Steintafel in seine Hände gelegt, Charlton Heston in DeMilles
Die zehn Gebote
. Aber er bewegte seine Hände sehr sanft in der Luft vor sich, als würden sie über diese imaginäre Landschaft, das von Canyons, StraÃenzügen, Kliffen, Orangenhainen, Kanälen und dem Meer zerklüftete Kalifornien streichen. Eine Landkarte der Erinnerung.
«Ja, wirklich schön, aber es waren ScheiÃzeiten am Anfang, ScheiÃzeiten â¦Â»
«Was ist denn passiert? Wieso ging es Ihnen so schlecht, Sie mussten doch durch Ihren Job in New York sowohl Geld als auch Kontakte gehabt haben, da kann es an der Westküste doch nicht so schwierig gewesen sein.» Der Interviewer hatte beschlossen, diesmal nicht lockerzulassen. Aber der alte Mann bewegte weiter die Hände, als würde er jemanden streicheln. Der Interviewer musste daran denken, dass es aussah, als wollte der alte Mann jemanden berühren, aber seinen Schlaf nicht stören. Wie man es bei Hunden macht. Oder Kindern.
«Ich hatte ja den richtigen Riecher. Und ich stürzte mich in meine Aufgabe hinein. Sie wissen, dass ich zuerst bei Universal gearbeitet habe?»
Der Interviewer nickte. Der kurze intime Moment war wieder vorbei. ScheiÃe.
«Die setzten mich gleich in die Produktionsbüros, zu Ned Tanen, in das
Youth Department
, da wurde getüftelt und gerechnet. Mir war sofort klar, dass die gar nicht wussten, was sie da eigentlich machten in ihren Studios! Wie sie immerwieder überrascht wurden von den Hits, die auf sie zukamen. Erst kam Coppola mit dem
Paten
, dann Spielberg mit
Jaws
, aber vor allem kam Lucas! Dieser zähe kleine, nie an sich zweifelnde Junge aus Modesto. Erst mit
American Graffiti
und dann, Sie wissen ja! Lew Wasserman, unser aller Chef, war kein Genie, er hatte keinen Sinn für die Filme, die Lucas machte, ich glaube, er hat es nie fertiggebracht, sich einen anzusehen, aber er hatte ein Gespür für den richtigen Zeitpunkt, für neue Talente. Zumindest zunächst. Kurz nachdem wir
American Graffitti
gemacht hatten, schloss er unser Department. Es sah nicht gut aus. Ich hatte Tanen meine Idee schmackhaft gemacht, den Film im Sommer auf den Markt zu bringen, sozusagen als groÃes Wir-ziehen-Freitag-und-Samstag-Nacht-mit-unseren-Mädchen-um-die-Häuser-Event. Das war damals noch neu. Aber genau darum gingâs ja auch in dem Film. Die letzte Nacht in der amerikanischen Kleinstadt, bevor man aufs College ging, normal wurde, heiratete, einen Job annahm, eingezogen wurde in die Armee. All die Träume, Sehnsucht, die Musik. Als die Bosse 1973 die Zahlen hörten: Budget des Films knappe 750.000 Dollar und ein Einspielergebnis von vierzig Millionen, konnten die es erst gar nicht glauben. Der Film hatte eingeschlagen wie eine Bombe, und unser Marketingkonzept war der Zünder gewesen!»
Der Produzent lieà ihn seinen Stolz spüren, wie eine Welle strömte Energie von dem alten Mann aus, einen Moment lang schien das alte Prachtzimmer des Palazzo genau der richtige Ort zu sein für diese Aufzählung des Unfassbaren. Er hatte sie damals erobert, die Märkte, er hatte Hollywood von Grund auf mitverändert. Eine Zeit und ein Geschäft, die niemals mehr so sein würden wie zuvor.
«Mein Gott, plötzlich waren all die Kritiker, all die Spezialisten in den Studios von ein paar Jugendlichen, die einen Film für Jugendliche machten, an der Nase herumgeführt worden.»
Der Stolz des alten Mannes war einer für den Interviewer nicht ganz
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