Träumst du noch oder küsst du schon?: Roman (German Edition)
füge ich hinzu. »Ich weiß, es ist unmöglich.« Fassungslos starre ich auf die Münze und fahre mit dem Daumen über die gezackte Kante. »Das muss irgendein dummer Zufall sein. Bestimmt ist sie an meinem Ärmel hängen geblieben … und dann wieder in meine Tasche gefallen … irgend so was.« Ich schaue Robyn und Kate an. Ausnahmsweise sagt sogar meine Schwester keinen Ton. Sie starrt mich nur mit großen, weit aufgerissenen Augen und völlig stumm vor Staunen an.
Ich kann die Augen nicht mehr davor verschließen. Ich kann nicht noch länger so tun, als wäre alles in bester Ordnung. Denn so merkwürdig und unglaublich und verrückt das alles auch sein mag, irgendwas geht hier vor sich, irgendwas sehr Merkwürdiges. Ich weiß nicht genau, was, und ich verstehe es auch nicht, aber es lässt sich nicht mehr leugnen: An der Legende ist tatsächlich was dran.
Trotz der brütenden Sommerhitze fröstelt es mich, und ich bekomme eine Gänsehaut an den Armen.
Oh Gott.
Was mache ich denn jetzt?
Einundzwanzigstes Kapitel
Genau wie damals, als wir noch Kinder waren, ist meine Schwester auch diesmal wieder meine Retterin in der Not.
»Du brauchst eine Strategie«, weist sie mich an, richtet sich kerzengerade auf und verwandelt sich vor meinen Augen in die Staranwältin.
»Ach, du meinst, sie sollte sich vielleicht ein Horoskop erstellen lassen?«, schlägt Robyn fröhlich vor.
Kate wirft ihr einen vernichtenden Blick zu. »Nein, ich meine, einen Masterplan zur Zieloptimierung«, erklärt sie forsch. »So was macht man ständig als Jurist. Wir müssen eine speziell auf unseren Fall zugeschnittene Strategie entwickeln, sprich systematisch alle weiteren Schritte genau festlegen, damit sämtliche Zielvorgaben methodisch abgearbeitet werden können und das erwünschte Ergebnis erzielt wird.«
Ich gucke wie Klein Doofi mit Plüschohren. »Könntest du das noch mal wiederholen, für die ganz Dummen zum Mitschreiben?«
Ungeduldig schnalzt sie mit der Zunge. »Das ist doch ganz einfach. Du willst dich von Nathaniel trennen, aber irgendwas oder irgendwer versucht, dich davon abzuhalten.«
»Diese Legende zum Beispiel«, wirft Robyn ein.
»Oder Nathaniel höchstpersönlich«, gibt Kate zurück, die nach kurzem Stutzen und einem Augenblick des Erstaunens überraschend schnell zu ihrer ursprünglichen Überzeugung zurückgekehrt ist.
»Hör zu, es ist mir ganz gleich, was es ist. Ich will bloß, dass es endlich aufhört.«
»Okay, folgt mir unauffällig. Es gibt viel zu tun. Legende und Zauber hin oder her, wir werden das Kind schon schaukeln. Glaubt mir, danach wird er freiwillig das Weite suchen. Und es ist mir ganz egal, was du über das Universum zu sagen hast«, fügt sie mit einem strengen Blick in Robyns Richtung hinzu. »Universum, Schmuniversum.«
Robyn wirkt tödlich beleidigt. »Du kannst das Schicksal nicht aufhalten«, erklärt sie steif.
»Das wollen wir doch mal sehen.«
»Das funktioniert nicht. Die Gesetze dieser Welt haben keinen Einfluss auf die Gesetze des Universums.«
»Und, hast du eine bessere Idee?«, tadelt Kate. »Was würdest du denn vorschlagen? Ein bisschen Hokuspokus? Kristalle? Chinesische Kräuter? Wir müssen aggressiv und hart zur Sache gehen.«
»Ich finde bloß, du bist sehr engstirnig«, erklärt Robyn trotzig.
»Was hast du denn erwartet, ich bin Anwältin«, pariert meine Schwester trocken den Hieb. »Ich werde nicht für meine blühende Fantasie bezahlt.«
Kate will keine Zeit verschwenden, und bewaffnet mit einem Aktenkoffer voller Schreibblöcke, Kugelschreiber und ihren weltberühmten Markern in allen Regenbogenfarben marschiert sie mit uns zu einem Diner ganz in der Nähe, um unseren Fall vorzubereiten. Ich habe meine Schwester noch nie in Aktion gesehen; sehr beeindruckend und leicht beängstigend. Im Handumdrehen hat sie eine der roten vinylbezogenen Sitzecken in ein Anwaltsbüro verwandelt, krempelt die Blusenärmel hoch, weist die bedauernswerte Kellnerin an, »für Kaffeenachschub« zu sorgen, und beginnt, eine Taktik zurechtzulegen.
Sechs Stunden später und mit einem Kopf, der in einem Cocktail aus Koffein und Erschöpfung schwimmt, steht ihre Strategie. Doppelt unterstrichen und in leuchtendem Neonorange
hervorgehoben trägt das vierseitige Dokument den schönen Titel: »Wie man seine große Liebe wieder loswird«.
1. Kontaktverbot erwirken.
Das war Kates erster spontaner Vorschlag gewesen – »Na ja, eine Anwältin als Schwester zu haben und einen Bullen
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