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Träumst du noch oder küsst du schon?: Roman (German Edition)

Träumst du noch oder küsst du schon?: Roman (German Edition)

Titel: Träumst du noch oder küsst du schon?: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Potter
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seinen Aktenkoffer auf. Geschäftig zieht er einige Unterlagen heraus, hinter denen er sich dann verschanzt.
    Ich mache es noch mal. »Bjöörrggghhhh.«
    Er zuckt merklich zusammen. »Kannst du nicht irgendwas dagegen tun?«, fragt er angewidert.
    »Na ja, eigentlich nicht. Irgendwie muss es ja raus, so oder so.« Ich zwinge mich zu einem schiefen Grinsen. »Besser oben als unten.« Womit ich südwärts zeige.
    Nates Nasenflügel beben, und ich kann förmlich sehen, wie er sich in seinem Sitz windet. Mir geht es nicht anders. Das ist so unsäglich peinlich.
    Aber was sein muss, muss sein, sage ich mir streng.
    Jeden Anflug guter Manieren im Keim erstickend, setze ich den Plan entschlossen in die Tat um und widme mich Punkt sieben auf der Liste.
    »Da unten habe ich sowieso genug Probleme, wo ich gerade auf der roten Welle surfe.«
    »Rote Welle?« Verdattert legt er die Stirn in Falten.
    »Meine Tage« , ächze ich unüberhörbar zur Erklärung. »Es ist mal wieder so weit. Das volle Programm, Krämpfe, Pickel, Blähungen.« Ungeniert ziehe ich mein T-Shirt hoch und strecke den Bauch raus, so gut ich kann. »Ich meine, guck dir das an. Buddha ist nichts dagegen, was?«
    Nate könnte gar nicht entsetzter gucken. Mit aschfahlem Gesicht weicht er vor mir zurück, als könne jeden Augenblick ein Alien aus meinem aufgedunsenen Bauch schlüpfen und ihn bei lebendigem Leibe verspeisen.
    »Also ehrlich, hast du so was schon mal gesehen?«, plappere ich unerbittlich weiter und hebe die Stimme noch ein bisschen, damit man mich auch durch das Dröhnen der Rotoren noch gut versteht. Entschlossen packe ich zwei Speckröllchen und wackele damit bedrohlich vor seiner Nase herum. »Ich sehe aus, als wäre ich im sechsten Monat.«
    »Lucy!«, zischt er entsetzt, als er endlich seine Sprache wiederfindet, und bedeutet mir, das T-Shirt runterzuziehen. »Bitte! Die Leute gucken schon.«
    Was natürlich der Sinn der Sache ist. Nates schlimmster Alptraum ist es, wenn »die Leute gucken«. Gott bewahre, dass man zu laut redet oder was Albernes anstellt, dass irgendwer zu einem rüberschielt. Ich komme mir richtig fies vor, ihn so bloßzustellen, aber dann beruhige ich mich schnell wieder
mit dem Gedanken, dass es zu seinem eigenen Besten ist. Zu unser beider Bestem.
    »Wo wir gerade dabei sind, schwanger sein wäre toll«, erkläre ich laut. »Ich bin total in Babylaune.«
    Mensch, ich bin wirklich gut! Ich hake den Plan in Überschallgeschwindigkeit ab.
    Etliche weitere Mitreisende drehen sich um und verrenken sich den Hals, um einen Blick auf uns zu erhaschen. Nate wird knallrot und versucht mich zu ignorieren, indem er stur in seine Unterlagen glotzt. Ich kann sehen, dass seine Knöchel schneeweiß werden, weil er sie so fest umklammert.
    »Ich hätte sooo gerne ein Baby, du nicht?«
    »Ich glaube, das ist hier weder die Zeit noch der Ort, darüber zu reden«, murmelt er kurz angebunden und blättert in seinen Papieren.
    Ich schlucke schwer und nehme all meinen Mut zusammen für den letzten Dolchstoß. Mein Glanzstück. Die Kirsche auf dem krönenden Sahnehäubchen. Der Tropfen, der das Fass hoffentlich zum Überlaufen bringt. Unauffällig schaue ich mich um und sehe, dass ich von einem gebannt lauschenden Publikum umgeben bin.
    »Stell dir mal vor, wir hätten ein Baby. Das wäre doch so süß!«
    Er zieht eine gequälte Grimasse, während die übrigen Passagiere gespannt seine Reaktion abwarten.
    »Lieber nicht«, würgt er mühsam mit hochrotem Kopf hervor.
    »Daisy fände ich schön, wenn es ein Mädchen wird.Welche Namen würden dir gefallen?«
    Nate knirscht entnervt mit den Zähnen. Er muss sich wirklich zusammenreißen, um nicht die Beherrschung zu verlieren. Er bedenkt unsere Zuhörer mit einem finsteren Blick und guckt dann mich wutentbrannt an.
    »Hör zu, wenn’s dir nichts ausmacht, ich habe wirklich zu tun«, erklärt er unfreundlich. Wenn Blicke töten könnten, würde ich jetzt nicht die Wolken von oben, sondern die Radieschen von unten sehen.
    »Aber klar doch, Pupsibärchen«, schnurre ich und ziehe einen neckischen Schmollmund.
    Peinliche Tierkosenamen. Mit Babystimme. Genial.
    »Ich habe auch noch zu tun.« Womit ich meine Schwangerschaftsmagazine auspacke und die Seiten umblättere, auf denen es von properen Säuglingen nur so wimmelt. Ich sehe, wie Nate rüberschielt und dann schnell wieder wegguckt, und muss grinsen.
    Jetzt ist es nur noch eine Frage der Zeit, bis wir geschiedene Leute sind.

Sechsundzwanzigstes

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