Träumst du noch oder küsst du schon?: Roman (German Edition)
(»Dieser Apfelkuchen war göttlich!«), ihre drei Exmänner (»Schrecklich war der, sage ich Ihnen, schrecklich!«) oder die Episode, als sie einmal verhaftet wurde. (»Ich sage zu dem Polizisten: ›Warum
darf ich nicht seine Fenster kaputt machen? Er hat mein Herz kaputt gemacht. Das ist Gerechtigkeit!‹«).
Es ist wie bei einem kräftigen Käse oder Russell Brand, entweder man liebt ihn, oder man hasst ihn.
Mein Glück, dass bei mir Ersteres der Fall ist.
»Haben Sie Hunger? Haben Sie schon gefrühstückt?« Ohne eine Antwort abzuwarten, verschwindet sie halb in ihrem Louis-Vuitton-Shopper. Zum Vorschein kommt eine gigantische braune Papiertüte, augenscheinlich gefüllt mit dem gesamten Sortiment einer Bäckerei. »Ich habe Bagels gekauft. Sesam, Mohn, Zwiebel …«
»Danke sehr, aber mir reicht mein Kaffee«, wehre ich lächelnd ab und mache mich an der Kaffeemaschine zu schaffen. »Ich hab’s nicht so mit Frühstücken.«
Magda schaut mich an, als hätte ich gerade verkündet, ein Außerirdischer aus den unendlichen Weiten des Weltalls zu sein. »Sie frühstücken nicht?« Staunend reißt sie die Augen auf.
Wobei Magda immer leicht erstaunt aussieht. Zunächst dachte ich ja, sie wundert sich über alles und jeden, aber irgendwann ist mir aufgegangen, dass es an ihren Augenbrauen liegen muss, die viel höher auf der Stirn sitzen als normal, vermutlich das Resultat eines kleinen »Eingriffs«.
Was in den Staaten nichts mit Unterhosen zu tun hat, sondern mit einigen kleinen Schnitten und Stichen, die Männer in weißen Kitteln unter schicken Adressen auf der Fifth Avenue vornehmen.
»Na ja, nein, normalerweise nicht.«
Magda schüttelt entschieden den Kopf. »Aber das ist ja schrecklich!«, jammert sie und haut mit der Faust auf die Theke. »Schrecklich!«
Ich schwöre Ihnen, es ist fast, als hätte sie gerade erfahren, dass ihre gesamte Familie auf hoher See ertrunken ist, und nicht, dass ihre Angestellte ein bekennender Frühstücksmuffel ist.
»Nein, wirklich, das ist gar kein Problem, ich habe keinen Hunger«, versuche ich zu erklären, aber Magda will nichts davon wissen.
»Sie müssen was essen. Sie müssen essen, um zu überleben«, beharrt sie theatralisch.
Ich mache den Mund auf, um zu widersprechen. Glauben Sie mir, ich esse mehr als genug. Meine Oberschenkel sind der lebende Beweis dafür. Erinnern Sie sich noch an den Film Überleben! , in dem die Überlebenden eines Flugzeugabsturzes sich gegenseitig aufessen müssen, um nicht zu verhungern? Nun, allein von meinen Oberschenkeln hätten die Passagiere sich monatelang ernähren können. Ach, was sage ich, jahrelang.
Aber es ist zwecklos, Magda das verklickern zu wollen, wie ich einsehen muss, als ich das wild entschlossene Gesicht meiner Chefin sehe. Also streiche ich die Segel und nehme einen Mohn-Bagel.
Auf der Stelle wechselt ihr Gesichtsausdruck von tragisch zu komisch, wie eine dieser Theatermasken. »Gut, was?«, gluckst sie und strahlt zufrieden.
»Mhm, ja, köstlich.« Ich nicke zustimmend.
»Hier gibt’s auch noch Frischkäse und Lox.«
Lox, habe ich gelernt, nennt man in New York geräucherten Lachs.
»Nein danke«, murmele ich mit dem Mund voller Bagelkrümel.
»Möchten Sie ihn getoastet?«
»Mmph.« Ich schüttele den Kopf.
»Ich habe auch Honig da. Möchten Sie vielleicht Honig?«
Ich kaue immer noch.
»Erdnussbutter? Gurken?«
Ich hatte ja keine Ahnung, dass es so viele verschiedene Zutaten für die Bagelzubereitung gibt, und ich bin mir sicher, sie hätte einfach immer weiter neues Beiwerk aufgezählt, hätte
ich nicht den großen Bagelbissen hinuntergeschluckt und ein »Ähm … ich finde ihn so pur am leckersten« herausgebracht, wobei ich beinahe erstickt wäre.
»Hmm, also gut. Okay.« Widerstrebend schnalzt sie mit der Zunge. »Es ist sehr wichtig, dass Sie bei Kräften bleiben, denn heute wird ein sehr, sehr anstrengender Tag. Wir haben viel zu tun. Wir bekommen neue Bilder von einem fantastischen Künstler aus Columbia. Ach, diese Farben!« Und damit drückt sie einen Kuss auf ihre scharlachroten Fingerspitzen.
Mir läuft ein wohliger Schauer den Rücken herunter beim Gedanken an die Bilder, wie immer, wenn ich mich darauf freue, die Werke eines neuen Künstlers anzuschauen. Ein leichtes Kribbeln und Flattern im Magen, wie früher, als ich noch klein war und am Weihnachtsmorgen die Treppe hinunterlief und all meine Geschenke unter dem Weihnachtsbaum liegen sah. Die Vorfreude und die Lust am
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