Träumst du noch oder küsst du schon?: Roman (German Edition)
»Ich komme schon damit klar.«
Gleich fange ich an, wie Gloria Gaynor »I Will Survive« zu singen.
»Ein Verbrechen, dass ein Mädchen wie Sie Single ist. Ein Verbrechen!«, wiederholt sie leidenschaftlich und haut wieder mit der Faust auf die Rezeptionstheke. »Aber keine Sorge«, versucht sie mich aufzumuntern. »Überlassen Sie mir das.«
Eine Alarmglocke beginnt zu schrillen. »Was soll ich Ihnen überlassen?«
»Ich habe meinen Bruder und drei meiner Cousins unter die Haube gebracht. In meiner Familie nennen mich alle nur Magdas Heiratsvermittlung.«
Ach du lieber Himmel, das kann doch alles nicht wahr sein. Es ist ja schon schlimm genug, wenn einen die eigenen Freunde ständig verkuppeln wollen, aber jetzt auch noch meine Chefin ?
»Sogar für Belinda, die Tochter meiner Schwester, habe ich den passenden Mann gefunden. Einen netten Arzt aus Brooklyn. Und das war gar nicht mal so einfach«, verrät sie mir vertraulich mit gesenkter Stimme. »Das Mädel ist Veganerin und weigert sich strikt, sich die Beine zu rasieren. Also bitte, was soll ich sagen?« Und damit schlägt sie die Hände über dem Kopf zusammen. »Ich habe zu ihr gesagt, Belinda, wir sind hier nicht im Busch. Kauf dir einen Rasierer!«
Ich fühle mich wie ein Kaninchen, das einer Schlange tief in die Augen sieht.
»Vertrauen Sie mir, Ihre Tage als Single sind gezählt«, verspricht sie mir und strahlt mich siegesgewiss an.
Worauf ich sie nur wie betäubt anstarre. Noch nie im Leben habe ich mir mehr gewünscht, in einer festen Beziehung zu sein.
»Ähm … toll«, stottere ich schließlich. »Ich Glückskeks!«
Sie bedenkt mich mit einem tröstlichen Blick. »Tja, ein Ersatz für meinen Daniel ist es zwar nicht, aber ich tue, was ich kann.« Und dann klappt sie mit einem letzten zärtlichen Blick auf das Foto ihres geliebten Sohnes das Ziehharmonika-Album zusammen. »Also gut, genug davon. An die Arbeit!«
Fünftes Kapitel
Zum Glück bleibt mir keine Zeit, über die Beinahekollision mit Daniel oder dem nächstbesten Kandidaten, den Magda mir auf den Hals hetzen will, nachzudenken, denn der restliche Morgen vergeht in hektischer Betriebsamkeit mit den Vorbereitungen für unsere Vernissage. Wie von Magda mit ihrem impulsiven Temperament nicht anders zu erwarten, kann es ihr gar nicht schnell genug gehen, und so setzt sie den Termin für den kommenden Freitag an.
»Kommenden Freitag?« , quieke ich panisch.
»Wäre Ihnen Donnerstag lieber?«, gibt sie zurück.
Und das Erschreckende daran ist, ich glaube nicht, dass es ein Scherz sein sollte.
Während sie also auf ihren Fünfzehn-Zentimeter-Absätzen durch die Galerie klappert und mit Anweisungen nur so um sich wirft, mache ich mich ans Organisieren. Als Erstes erstelle ich eine Liste.
Gästeliste zusammenstellen.
Einladungen verschicken.
Pressetexte schreiben.
Partyservice engagieren.
Bedienungen anheuern.
Bilder für die Ausstellung hängen.
Na also, geht doch. Ich mag zwar vielleicht nicht das Super-Organisations-Gen meiner Schwester Kate haben, aber ich bin auch kein völliger Nichtsnutz. Zugegeben, ich hätte zwar
lieber einen Pinsel in der Hand statt einer Computermaus, und ja, es stimmt, ich kann noch immer bloß mit zwei Fingern tippen (also gut, nur mit einem ), und bis vor Kurzem glaubte ich tatsächlich noch, ein Spreadsheet hätte irgendwas mit Bettwäsche zu tun statt mit Tabellenprogrammen, aber mal ehrlich, wie schwer ist es schon, eine Liste mit allen Sachen zu schreiben, die man erledigen muss, und dann einen Punkt nach dem anderen abzuhaken?
Selbstzufrieden werfe ich noch einmal einen Blick auf den Computerbildschirm und meine adrett getippte kleine Liste. Halt, stopp, einen Moment. Bitte kurz zurückspulen. Das soll ich alles machen? Bis Ende der Woche? Mist.
7. Panikattacke bekommen.
Aber nicht jetzt. Das muss noch ein Weilchen warten, denn jetzt ist erst mal Mittagspause, was ich allerdings nur merke, weil Magda aus dem Büro kommt und mich daran erinnert, dass es langsam Zeit wird zum Essen. Schon wieder. Mal ehrlich, man könnte die Uhr nach ihr stellen. Jeden Tag um Punkt ein Uhr schickt sie mich zu Katz’s, dem kleinen Delikatessen-und-Sandwich-Laden ein paar Ecken weiter, damit ich ihr ein Pastrami-Sandwich mit Roggenbrot und eine Suppe mit Matzenbrotbällchen hole. Obwohl ich angesichts ihrer puppenzierlichen Figur Größe 32 und ihrer schmalen Wespentaille den dringenden Verdacht habe, dass Valentino, ihr kleiner Malteser, den größten Teil davon
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