Träumst du noch oder küsst du schon?: Roman (German Edition)
mich ein wenig vor Ekel. »Und außerdem habe ich dir eine neue Vase gekauft.«
»Stimmt«, brummt er nickend. »Aber das waren alles mundgeblasene Einzelstücke, da ist keine wie die andere.«
»Ich fasse es nicht, dass du mir das immer noch vorhältst. Das ist zehn Jahre her.«
»Ich meine ja bloß.« Achselzuckend schraubt er die Evian-Flasche auf und trinkt einen großen Schluck.
Ich schaue ihn an, wie er da am Kühlschrank lehnt und lässig an der Flasche nuckelt, während ich triefend vor Rote-Beete-Saft und von Kopf bis Fuß mit Sellerieklümpchen dekoriert dastehe und seine Küche schrubbe, und auf einmal versetzt es mir einen kleinen Stich, so stinksauer bin ich auf ihn. Wobei, stinksauer und Stich trifft es eigentlich nicht so richtig – es ist mehr eine gewaltige Woge der Wut, die mich überkommt.
»Dann behalte deine Meinung für dich«, fahre ich ihn an.
Er setzt die Flasche ab und wirft mir einen finsteren Blick zu. »Die Sauerei ist doch nicht meine Schuld.«
»Nein, sondern meine. Ich weiß, ich bin ungeschickt.« Dann drehe ich mich um und schrubbe aufgebracht die Arbeitsplatte.
»Tja, wenn du ein bisschen vorsichtiger wärst …«, kontert er.
»Tja, wenn du Saft im Karton kaufen würdest wie jeder andere normale Mensch«, zische ich aufgebracht.
Er funkelt mich wütend an. »Ach, dann ist das also alles meine Schuld, ja?«
»Nein, aber du bist so was von oberlehrerhaft.«
In biestigem Schweigen starren Nate und ich uns vorwurfsvoll an.
»Okay, na dann, ich springe jetzt unter die Dusche«, knurrt er barsch. »Ich muss heute arbeiten.«
Diese Bemerkung trifft mich wie ein Boxhieb in den Magen. Es ist Wochenende. Eigentlich hatten wir geplant, es gemeinsam zu verbringen.
Mühsam beherrscht reiße ich mich zusammen und lasse mir nichts anmerken. »Ich mache hier schnell sauber, und dann verschwinde ich.«
Und ehe er noch etwas sagen kann, habe ich mich auch schon brüsk umgedreht, zeige ihm die kalte Schulter und mache mich daran, die Spüle zu scheuern.
Vierzehntes Kapitel
Okay, dann haben wir uns eben zum ersten Mal gestritten.
Ist doch nicht schlimm. Alle Paare streiten sich mal. Das ist vollkommen normal.
Im Grunde genommen ist das überhaupt nichts Schlechtes. Nein, es ist sogar gut , sage ich mir entschieden. Streiten ist gesund und gut für die Beziehung. Das heißt nämlich auch, dass wir ein richtiges Paar sind. Ich habe mal in einer Zeitschrift gelesen, Streiten sei ein äußerst positives Zeichen für eine Beziehung.
Ach, wem zum Geier will ich was vormachen?
Es ist schrecklich. Ich fühle mich grässlich.
Eine Stunde später laufe ich die Fifth Avenue entlang und versuche mir zusammenzureimen, wie die Stimmung so plötzlich umschlagen konnte. Nachdem ich die Küche gründlich geputzt hatte, bis nirgendwo mehr ein Tröpfchen Rote-Beete-Saft oder ein Fleckchen grüne Selleriepampe mehr zu sehen und die Marmorarbeitsplatte makellos sauber war, habe ich geduscht, mich angezogen und dann schnurstracks die Wohnung verlassen. Ich habe mir nicht mal die Haare richtig geföhnt, denke ich entsetzt, als ich mein Spiegelbild in den Schaufenstern der Läden sehe.
Und mir auf der Stelle wünsche, dieser Anblick wäre mir erspart geblieben. Meine Krissellocken sind in der Hitze Amok gelaufen und stehen mir sprichwörtlich zu Berge. Und es stimmt tatsächlich. Sie schimmern irgendwie dunkellila. Konsterniert angesichts des zerzausten Vogelnestes auf meinem Kopf seufze ich kläglich und wende rasch den Blick ab.
Nate hat sich nicht mal verabschiedet. Er hat telefoniert, als ich gegangen bin, und hat mir bloß kurz zugenickt. Und das war kein nettes, freundliches »Ich liebe dich, Babe«-Nicken – es war mehr so ein wegwerfendes »Ach, du gehst schon«-Nicken. Bisher habe ich mir noch nie Gedanken darüber gemacht, dass Nicken nicht gleich Nicken ist. Eigentlich dachte ich immer, genickt ist genickt. Bis eben. Und glauben Sie mir, das war kein Nicken, das sich positiv auf eine Beziehung auswirkt.
Wütend schlucke ich die Tränen runter und marschiere entschlossen die Fifth Avenue entlang. Normalerweise würde ich mir hier all die schönen, edlen Hochglanzboutiquen anschauen, meinen kleinen Schaufensterbummel in vollen Zügen genießen und mir denken: Schaut euch das an, ich bin in NewYork! Aber heute würdige ich die Schaufensterauslagen kaum eines Blickes. Nein, ich starre bloß teilnahmslos auf den kaugummiübersäten Bürgersteig, gehe im Geiste wieder und wieder unser
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