Träumst du noch oder küsst du schon?: Roman (German Edition)
könnte das tun, was sie in den Werbesendungen im Fernsehen auch immer machen: einfach den Saft unter der Theke hervorzaubern, den ich zuvor schon vorbereitet habe. »Kommt sofort.«
Mist.
Hektisch stecke ich hier zwei Teile zusammen, schraube dort herum und schaffe es schließlich, den Herkules wieder zusammenzusetzen. Dann greife ich beherzt zu Sellerie und Roter Beete. In der Anleitung steht: »Die Stücke einzeln einführen«, aber dafür fehlt mir die Zeit, also stopfe ich einfach alles wahllos hinein und schalte dann das Gerät ein.
Just in dem Augenblick, als ich auf den Knopf drücke, sehe ich aus den Augenwinkeln ein weiteres Kleinteil der Maschine, das gleich neben dem Toaster liegt. Ach, wofür das wohl gut ist?
Argh.
Diese Frage wird prompt beantwortet, weil mich das Gerät urplötzlich mit Selleriebröckchen und Rote-Beete-Matsche anspuckt. Saft quillt aus allen erdenklichen Öffnungen, auf die Arbeitsplatte, auf mich, auf alles … Mit einem Hechtsprung stürze ich zu dem Gerät und unternehme einen verzweifelten Versuch, es auszuschalten. Bloß sehe ich beim besten Willen den Schalter nicht mehr, weil mir der Rote-Beete-Saft in die Augen gelaufen ist, und das Gerät macht seltsam mahlende Geräusche und vibriert heftig, und ich weiche langsam auf, und …
»Heiliger Strohsack!«
Abrupt bleibt die Maschine stehen, und als ich auf dem Absatz herumwirbele, steht Nate vor mir. Mit dem Netzkabel in der Hand starrt er mich fassungslos an.
»Hier drinnen sieht es ja aus wie nach einem Blutbad!«
Völlig benommen schaue ich mich um. Es sieht aus wie in einem Horrorfilm. Wo man auch hinschaut, trieft eine zähe, tiefrote Flüssigkeit von den Wänden. Die ganze Arbeitsplatte ist blutrot gesprenkelt, der Edelstahlkühlschrank, der Herd, sämtliche Gerätschaften … und dann der Selleriebrei. Grünliche Klümpchen kleben überall, kleine Bröckchen, kleine Stückchen, allüberall in der vorhin noch so makellosen Küche.
Und an mir.
»Was zum Geier ist denn hier passiert?«
»Ähm … i-ich hatte ein klitzekleines Problemchen mit der Küchenmaschine«, stammele ich zu Tode erschrocken. Entsetzt fange ich an, mir die Gemüsematsche mit dem Ärmel meines Bademantels aus dem Gesicht zu wischen.
»Was du nicht sagst.« Er reißt ein paar Stücke Küchenkrepp ab und reicht sie mir.
»Ein Teil hat gefehlt.«
»Du meinst den Deckel?«
Bei dem schneidenden Unterton in seiner Stimme sträuben sich mir die Nackenhaare.
»Herrje, hör zu, es tut mir schrecklich leid. Ich mache alles wieder sauber.« Womit ich mir das Geschirrtuch schnappe und kopflos anfange herumzuwischen.
»Sicher ruiniert mir das die Marmorarbeitsplatte.«
»Du lieber Himmel, es tut mir furchtbar leid, ehrlich.«
»Marmor ist nämlich porös, musst du wissen.«
»Ach, echt? Oh Mist.« Ich wische noch schneller. »Aber ist es dann nicht eher ungünstig, Arbeitsplatten daraus zu machen?« Diese kleine Anmerkung kann ich mir einfach nicht verkneifen.
»Tja, die erwarten ja auch nicht, dass man die ganze Platte mit Rote-Beete-Saft einsaut«, gibt er schnippisch zurück.
»Ich weiß. Es tut mir leid. Es war ein Unfall. Wirklich.«
Und ich habe mich auch schon dreimal entschuldigt , würde ich am liebsten hinzufügen.
Erst sagt er nichts, dann seufzt er. »Hey, keine Sorge. So schlimm ist es nun auch wieder nicht.« Dann stakst er wie ein Storch im Salat durch die Trümmerlandschaft, geht zum Kühlschrank und nimmt eine Flasche Evian heraus. »Ich hatte schon ganz vergessen, wie ungeschickt du bist.«
Augenblicklich stelle ich die Stacheln auf. Okay, zugegeben, ich bin zwar nicht gerade begnadet, was meine Hand-Auge-Koordination angeht, aber trotzdem.
»Was soll das denn bitte heißen?«, frage ich pikiert und halte beim Wischen der Arbeitsplatte inne.
»Weißt du nicht mehr, wie du damals in Italien ständig gestolpert und beinahe hingefallen bist?«
»Hast du schon mal versucht, mit hochhackigen Schuhen auf Kopfsteinpflaster zu laufen?«, erwidere ich spitz, wobei ich gar nicht angesäuert klingen will, es mir aber nicht gelingt.
»Oder Sachen kaputt gemacht hast.«
»Diese Vase wirst du mir bis an mein Lebensende unter die Nase reiben, was?«
»Die war teuer. Echtes Muranoglas.«
»Ich habe sie doch nicht mit Absicht fallen lassen«, antworte ich eingeschnappt. »Daran war bloß diese Spinne schuld. Die ist einfach aus dem Nichts aufgetaucht, und sie war riesig und hatte lange, schwarze haarige Beine.« Ich schüttele
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