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Trainspotting: Roman (German Edition)

Trainspotting: Roman (German Edition)

Titel: Trainspotting: Roman (German Edition)
Autoren: Irvine Welsh
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dann hätte ich jetzt nen verdammten Doktor.
    Als geschlossen wurde, marschierten sie in die kalte Nacht hinaus und machten sich auf den Weg zu Begbies Bude; was zu trinken hatten sie mitgenommen. Sie hatten bereits zwölf Stunden mit Trinken und Reden über Mattys Leben und Ziele verbracht. Und selbst wenn man alle ihre Einsichten zusammentat und verarbeitete, dann, so erkannten die Nachdenklicheren unter ihnen, half das ehrlich gesagt wenig, um das grausame Rätsel zu lösen.
    Sie waren nicht einen Deut klüger als am Anfang.
    Nüchternes Dilemma Nr. 1
    – Komm schon, nimm hier mal was von, das is gut, sagt sie und hält mir nen Joint hin. Wie bin ich bloß hierher gekommen, verdammt? Ich hätt nach Hause gehen und mich umziehen sollen, dann fernsehen oder ins Princess Diana. Da is bloß Mick dran schuld, er und sein Einen-auf-die-Schnelle-nach-der-Arbeit.
    Und jetzt bin ich total fehl am Platz hier, immer noch in Schlips und Kragen, und hocke in dieser netten Wohnung unter diesen blöden Jeans-und-T-Shirt-Typen, die sich für die Tollsten halten. Wochenendflippies sind echt nervig.
    – Laß ihn doch, Paula, sagt die Frau, die ich im Pub kennengelernt hab. Sie versucht, mir ernsthaft an die Hose zu gehen, mit der typischen wilden Verzweiflung, die man in London in solchen Szenen findet. Vielleicht hat sie Glück, obwohl ich mir nicht mal annähernd vorstellen kann, wie sie aussieht, wenn ich aufs Klo gehe. Diese Typen nerven wirklich ungeheuer; Plastikärsche. Das einzige, was man tun kann, is sie vögeln, ihnen was abnehmen und verschwinden. Die geben einem sogar das Gefühl, daß sie schwer enttäuscht wären, wenn man was anderes machen würde. Ich hör mich schon wie Sick Boy an, aber manchmal trifft seine Einstellung voll zu, hier und jetzt zum Beispiel.
    – Na komm schon, Mister Schlips und Kragen. Ich wette, sowas haste im Leben noch nich gehabt.
    Ich nippe an meinem Wodka und schau mir die Maus an. Sie is schön braun und hat ne gute Frisur, aber das betont ihr etwas welkes, ungesundes Aussehen eher noch, statt es zu verbergen. Mein inneres Auge sagt mir: noch ne kleine Wichserin auf der Suche nach Anerkennung. Die Friedhöfe sind voll davon.
    Ich nehm den Joint, rieche dran und reich ihn ihr zurück. – Gras mitn bißchen Opium, stimmts? frage ich. Riecht sogar ganz gut.
    – Ja… sagt sie ein wenig perplex.
    Ich schau mir wieder den Joint an, der zwischen ihren Fingern verglimmt. Ich horche, ob ich etwas spüre. Irgendwas. Worauf ich eigentlich horche, is der Dämon, das miese Schwein, der Arsch in mir, der mein Hirn abschaltet, mich die Hand nach dem Joint ausstrecken und an die Lippen führen und daran wien Staubsauger saugen und saugen läßt. Er spielt nich mit. Vielleicht wohnt er gar nicht mehr hier. Übriggeblieben is bloß noch das Arbeitsarschloch.
    – Ich fürchte, ich muß dein freundliches Angebot ablehnen. Nenn mich nen Wichser, wenn du willst, aber bei Drogen bin ich ziemlich nervös. Ich kenn n paar Leute, die auf Drogen waren und in ziemliche Schwierigkeiten geraten sind.
    Sie sieht mich an und scheint zu blicken, daß das Wichtige das is, was ich nich sage. Sie is offenbar n wenig genervt und steht auf und geht.
    – Du bist echt irre, sagt die Frau, die ich im Pub kennengelernt habe, wie heißt sie gleich noch mal, und lacht zu laut. Ich vermisse Kelly, die is wieder zurück nach Schottland. Kelly hatte ein nettes Lachen.
    Um ehrlich zu sein, finde ich die ganze Drogengeschichte jetzt unendlich langweilig; dabei bin ich eigentlich viel langweiliger geworden als früher, als ich noch auf Sgag war. Aber diese Art von Langeweile is neu für mich und nervt deshalb nich ganz so, wies den Anschein hat. Ich werds mal ne Weile probieren. Bloß ne Weile.
    Essen gehen
    O Gott, das merkt man gleich; das wird wieder so n Abend. Mir isses lieber, wenns voll is, aber wenns so tot is, dann schleppt sich die Zeit nur so hin. Und Trinkgelder gibts auch keine. Scheiße!
    In der Bar is so gut wie niemand. Andy sitzt da, schaut gelangweilt und liest die Evening News. Graham is in der Küche und kocht, in der Hoffnung, daß es auch gegessen wird. Ich lehne todmüde an der Theke. Morgen muß ich in Philosophie einen Aufsatz abgeben. Über Moral: ob sie relativ ist oder absolut, unter welchen Umständen, undsoweiter undsoweiter. Schon der Gedanke dran deprimiert mich. Wenn ich die Schicht hinter mir hab, werd ich die Nacht aufbleiben und schreiben. Es is zu verrückt.
    Ich vermisse London nich, Mark aber
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