Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Trainspotting: Roman (German Edition)

Trainspotting: Roman (German Edition)

Titel: Trainspotting: Roman (German Edition)
Autoren: Irvine Welsh
Vom Netzwerk:
fühl ich mich hier sicherer. Das hier is Leith. Soll wohl heißen zu Hause.
    Ich hör jemanden würgen und kuck in die Seitengasse, die zu einem Bauhof führt. Ich seh, wie Second Prize sich auskotzt. Ich warte diskret, bis er sich wieder gefaßt hat, und rede ihn dann erst an.
    – He, Mann. Alles in Ordnung?
    Er dreht sich um und wankt stehend, versucht mich zu erkennen, dabei wollen seine Augenlider nichts anderes als einfach zufallen, wie der Rolladen vor dem asiatischen Laden auf der anderen Straßenseite.
    Second Prize brabbelt irgendwas, das etwa so klingt: – He, Rents, alles klar wie Kloßbrühe… du Arsch… Dann verzieht er das Gesicht und meint: – Du Sau… ich krieg dich, du Sau… Er stürzt vor und holt aus. Selbst mit der Reisetasche in der Hand kann ich immer noch schnell genug zurückweichen, und der blöde Hund kracht gegen die Wand, stolpert rückwärts und landet auf dem Hintern.
    Ich helf ihm auf, und er redet n Haufen Scheiß, von dem ich kein Wort versteh, aber wenigstens macht er keinen Mist mehr.
    Kaum hab ich meinen Arm um ihn gelegt, um ihm über die Straße zu helfen, fällt der Kerl mit der geübten Hilflosigkeit des chronischen Säufers zusammen wien Kartenhaus und läßt sich in meine Arme sinken. Ich muß die Reisetasche fallen lassen, um den Arsch zu stützen, damit er nich umfällt und auf den Bürgersteig knallt. Das hat so keinen Sinn.
    Ein Taxi kommt den Walk raufgeschlichen, und ich halt es an und steck Second Prize auf den Rücksitz. Der Taxifahrer sieht nich sehr glücklich aus, aber ich geb ihm n Fünfpfundschein und sag: – Laß ihn einfach auf der Bowtow raus, Kumpel. In Hawthornvale. Von da findet er nach Hause. Es is schließlich Weihnachten. Typen wie Second Prize fallen zu dieser Jahreszeit nich weiter auf.
    Fast wär ich auch noch eingestiegen und bei meiner Ma rausgesprungen, aber das Tommy Younger sah einfach zu verlockend aus. Begbie hält Hof, umringt von n paar Irren, von denen mir einer bekannt vorkommt.
    – Rents! Wie gehts dir, verdammt! Kommste grad aus London!
    – Ja, sag ich und geb ihm die Hand, und er zerrt mich zu sich und knallt mir hart auf den Rücken. – Hab Second Prize grad in n Taxi gesetzt, sag ich.
    – Der Arsch. Ich hab ihm gesagt, er soll sich verpissen. Zweite große Beleidigung des Abends. Der Arsch wird langsam echt lästig. Schlimmer als n beschissener Junkie, der Typ. Wenn nich Weihnachten wär, dann hätte ich den Arsch vermöbelt. Also, ich bin mit dem Typen fertig. Schluß, aus, finito.
    Begbie stellt mich den Typen in seiner Begleitung vor. Ich möchte gar nich erst wissen, was Second Prize angestellt hat, um aus dieser Gruppe verjagt zu werden. Einer von den Typen war Donelly, der Typ aus Saughton, dem Mikey Forrester immer in n Arsch gekrochen is. Bis der Typ ihn eines Tages satt hatte und umgekloppt hat. Was für die Schnabeltasse. Hätte keinem Besseren passieren können.
    Begbie zieht mich beiseite und spricht ganz leise.
    – Haste gehört, Tommy is krank.
    – Ja. Hab ich gehört.
    – Geh den Kerl mal besuchen, wenn de schon mal da bis.
    – Ja. Hatt ich eigentlich vor.
    – Dann machs auch. Gerade du. Ich geb dir ja keine Schuld, Rents, das hab ich auch zu dem bescheuerten Second Prize gesagt, ich geb Rents keine Schuld an Tommy. Jeder Arsch is doch für sein eigenes Leben verantwortlich. Das hab ich zu Second Prize gesagt, verdammt.
    Dann fährt Begbie fort damit, mir zu sagen, was fürn toller Kerl ich bin, und wartet darauf, daß ich das erwidere, was ich pflichtschuldigst erledige.
    Für ne Weile mach ich den Stichwortgeber für Begbies übliche Ego-Nummer und erzähle der Gruppe n paar klassische BegbieStories, die den Arsch als harten Kerl und Mordshengst dastehen lassen. Wenn n anderer die erzählt, klingen solche Geschichten einfach glaubwürdiger. Dann verlassen wir beide das Pub und gehen den Walk lang. Ich will nach Hause und mich in die Falle hauen, aber Begbie besteht darauf, daß ich aufn paar Bier mit zu ihm komm.
    So mit Begbie den Leith Walk runterzumarschieren, gibt mir das Gefühl, Raubtier zu sein, nicht Opfer, und ich such nach Typen, die ich niederstarren kann, bis mir auffällt, was fürn blödes Arschloch ich eigentlich bin.
    Wir gehen zum Pissen in den alten Hauptbahnhof am Ende des Walk, der jetzt bloß noch ne leere, verlassene Halle is; sie wird bald abgerissen und durch n Supermarkt mit Hallenbad ersetzt. Irgendwie macht mich das traurig, dabei bin ich zu jung, um mich daran zu erinnern,
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher