Trallafitti: Kriminalroman (German Edition)
am Geschirrtuch ab. »Viel Spaß.«
Brülling und ich nahmen die Worte
Buchstabe für Buchstabe auseinander. Wir zerschnitten den Zettel und ließen die
Schnipsel über den Thekentisch gleiten. Wir übertrugen sie in Zahlen um und riefen
die Bahnhöfe in Düsseldorf und Bochum an, um sie mit den Nummerierungen der dortigen
Schließfächer abzugleichen. Wir schauten uns sogar die Seriennummern unserer Geldscheine
an. Zuletzt gab ich die beiden Begriffe in das Handy ein, um herauszufinden, ob
die Texterkennung vielleicht ein anderes, sinnvolleres Wort auswarf. Das Display
verschwamm vor meinen Augen. Mein Schädel brummte.
»Es muss
auch einfacher gehen«, raunte ich.
»Martha
ist nicht dumm«, sagte Brülling.
»Ihr Vater
schon.« Ich spürte seinen scharfen Blick. »Er hatte kein Talent für so was. Sie
hätte es ihm nie so schwer gemacht.«
Er schien
mir zuzustimmen. Wir legten die Buchstaben in die ursprüngliche Reihenfolge. Dann
las ich die Worte rückwärts vor.
»Omissam
BA.«
Brülling
zog einen Buchstaben heraus und ordnete die Silben neu an.
»Omi Samba.«
»Wer ist
das?«, fragte ich.
»Ilonas
Mutter. Ich habe gehört, dass die Mädchen sie früher so genannt haben.«
»Erzählen
Sie mehr!«
»Ich kann
nicht. Ich habe sie nie kennengelernt. Sie ist schon vor einer ganzen Weile gestorben.«
»Sie müssen
mit Ilona reden.«
»Sind Sie
verrückt? Die Frau ist eine Hyäne. Sie wird mir den Kopf abbeißen.«
»Ich fange
an, sie zu mögen.« Dann stand ich auf. Der Boden bewegte sich. »Kommen Sie.«
»Sie wird
schon schlafen«, argumentierte er.
»Ihr Kind
ist verschwunden«, sagte ich. »Die Frau hat bestimmt noch kein Auge zugetan.«
Die Ölanzeige flackerte, als Brülling
den Wagen anließ, doch ich machte mir keine Sorgen, dass wir nicht sicher ankommen
würden. Der Wagen war alt. Im Ernstfall würde er auch mit Schlagsahne laufen.
Ich bemühte
mich, nicht den Mund aufzumachen. Für Brülling hatte ich im Augenblick nur Drohungen
übrig.
»Mir wäre
wohler, Sie würden sich mit mir unterhalten«, sagte er.
»Sie würden
es bereuen.«
Er seufzte.
»Sie halten mich für ein Monster.«
»Monster
gehen nicht auf Krücken«, sagte ich.
»Nun machen
Sie mal halblang!«
Ich öffnete
meinen Rucksack und sah das Handtuch, in das die Knarre gewickelt war. Zu gern hätte
ich ihm den Lauf gegen die Schläfe gedrückt. Einfach so, um ihm Angst einzujagen.
Stattdessen griff ich mir Gregors Handy. Es war ein aus der Mode gekommenes Modell
mit vielen Tasten. Ich drückte herum und durchforschte sein Adressbuch. Ich weiß,
ich hätte es nicht tun dürfen. Im zweiten Durchlauf fand die Nummer seines Schwiegervaters.
Ich sah Brülling an.
»Wie hat
Ihr Vater auf Ihren Anruf reagiert?«
»Ich habe
ihm nicht die Wahrheit gesagt.«
»Natürlich
haben Sie das nicht«, raunte ich.
»Jetzt hören
Sie schon auf!« Seine Faust schlug gegen das Lenkrad. »Mein Vater ist pensionierter
stellvertretender Polizeipräsident. Was hätte ich ihm schon sagen sollen?«
»Er hätte
den kühleren Kopf bewahrt.«
»Als wer? Sie wollten mir ins Rückgrat schießen!« Er schnaubte. »Sie kennen ihn nicht.
Ein narzisstischer, starrsinniger, alter Mann. Die besten Jahre hat er hinter sich.«
»Sie sollten
Bestatter werden.«
Fast lachte
er.
»Er sollte
erfahren, warum sein Sohn gestorben ist.«
»Das wird
er noch früh genug. Aber zuerst sollten wir uns auf die Lebenden konzentrieren.
Und damit meine ich alle.«
Er wirkte
zuversichtlich und es fiel mir zunehmend schwer, den Mund zu halten. Der Alkohol
und die Wut regten mich zusätzlich an. Doch ich hätte Alexanders Karriere unnötig
aufs Spiel gesetzt, hätte ich Brülling von meiner Unterredung mit ihm erzählt mit
dem Fazit, dass es keinen Handel geben würde. Ich hätte es getan, wäre ich mir sicher
gewesen, dass Brülling noch irgendetwas bewegen könnte. Dass er die Sache aufhalten
könnte. Doch ich wusste, dass der Ofen aus war. Dass es keine Asse in irgendwelchen
Ärmeln geben würde. Brülling konnte die Sache einzig noch verschlimmern. Und mich
damit nur noch wütender.
»Ich werde meinem Vater alles sogar
höchstpersönlich erklären, sobald er seine Enkeltochter wieder in die Arme geschlossen
hat.«
»Sie sind
Ihrem Vater ein wirklich guter Sohn«, zog ich ihn auf.
»Denken
Sie, es macht Spaß, ihn ständig daran erinnern zu müssen?« Er sah zu mir herüber.
»Familiendynastien wachsen nicht, indem man so viele Kinder wie möglich zeugt
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