Trallafitti: Kriminalroman (German Edition)
Leiche feststellen?«, fragte schließlich Gregor und sah auf
die Leiche herab.
Sie klimperte
mit den Wimpern. »Das dürfte nicht allzu schwierig werden. Der Mann wurde stranguliert.
So wie es aussieht mit einem Kabel, einer Wäscheleine oder dergleichen.«
»Und was
denken Sie, wie lange ist er tot?«
»Ich bedaure,
aber ich möchte ihn jetzt ungern anfassen. Ich werde auf die Kripo warten und mit
denen zusammen die Leichenschau machen.« Sie schnalzte mit der Zunge. »Wenn Sie
möchten, können Sie ja zuschauen.«
»Ganz bestimmt
möchte ich das«, lächelte Gregor zurück.
Zeit einzuschreiten,
ehe ich mir den Finger in den Hals stecken musste.
Ich packte
Gregor am Arm und zog ihn einige Meter beiseite zur Terrassentür. »Glaubst du nicht,
dass es eine denkbar schlechte Idee ist, hier mit den Bullen herumzulungern? Oder
hast du schon wieder vergessen, dass die Kripo im Moment nicht so gut auf dich zu
sprechen ist?«
Er schüttelte
mich ab. Ȇberlass ruhig mir die Entscheidung, mit wem ich herumlungern will und
mit wem nicht.« Er schielte zur Schwarzhaarigen hinüber. Ich wartete bereits darauf,
dass er ihr mit halb offener Kinnlade zuwinkte. Doch stattdessen ließ er seine Missgunst
mit einem ärgerlichen Blick auf mich herniederregnen.
»Sei nicht
so stur«, zischte ich ihn an. »Es geht hier schließlich nicht nur um dich!«
»Sondern?«
Ich biss
mir auf die Lippe. »Vergiss es.«
»Nein.«
Er packte mich am Arm. »Was willst du damit sagen?« Er drückte zu, bis ich das Gefühl
hatte, er würde mir durch Jacke und Pulli das Blut abschnüren.
»Nicht nur
du hast einen Ruf zu verlieren«, sagte ich.
Er ließ
mich los. »Ich verstehe. Ansmann hat mit dir geredet.«
»Er sagte
nur, ich solle aufpassen, dass du nicht noch mehr ins Fadenkreuz der Polizei gerätst.«
Dass mich Brülling ebenfalls darum bat, brauchte er nicht zu wissen. Dennoch merkte
ich bereits, wie mir die Röte ins Gesicht schoss. Daher sah ich zu Boden und visierte
den umgestoßenen Baum an. Seine Blätter waren hellgrün, lederig und schmal. Kleine
grüne saftige Kugeln waren wie unreife Aprikosen herangewachsen. Ich fasste in die
Krone und richtete den Baum auf. »Du müsstest das eigentlich am besten verstehen.«
Gregor fuhr
sich mit der Hand durch die Haare und sah zu Boden. Ein Indiz dafür, dass er über
meine Worte nachdachte.
Zu allem
Überfluss trat in diesem Moment die Notärztin an uns heran. Sorgenvoll legte sie
ihre blasse Hand auf Gregors Schulter. Ihr Daumen streunte dabei bedrohlich hin
und her. »Geht es Ihnen gut?«
»Ja. Alles
bestens«, sagte er, nahm ihre Hand von der Schulter und verschwand durch die Haustür,
ohne mich ein weiteres Mal anzusehen.
Kein schönes
Ende, wie ich fand. Doch es war eines, mit dem ich klarkommen würde.
Die Ärztin
widmete sich mir. »Tun Sie mir einen Gefallen und waschen Sie sich die Hände.« Überdeutlich
glotzte sie auf den Baum. »Ich traue diesen Mistdingern nicht.«
»Diesem
Ficus hier?«, fragte ich verständnislos.
»Das ist
kein Ficus. Das ist eine Cerbera odollam, auch Selbstmordbaum genannt.«
»Warum nennt
man ihn so, also Selbstmordbaum?«
»Seine Früchte
sind hochgiftig und bringen nach drei bis sechs Stunden den sicheren Tod durch Herzversagen.
Allein an der Malaberküste ist die Hälfte aller Vergiftungen auf das Cerberin in
der Frucht zurückzuführen. Weltweit gibt es keine zweite Pflanze, die so häufig
für Selbstmorde genutzt wird. Vor allem bei Inderinnen ist der Wirkstoff sehr populär.«
Meine Augenlider
klappten hoch. »Könnte man dieses Gift auch nutzen, um jemanden umzubringen?«
Sie lachte.
»Wieso, haben Sie das vor?«
Ich reagierte
nicht darauf.
»Nun, das
Gift ist schwer nachzuweisen. Vor allem hierzulande könnte das Resultat von Ärzten
als Herzattacke eingestuft werden. In Indien vermutet man deswegen eine sehr hohe
Dunkelziffer. Hier in Deutschland ist das gute Bäumchen eher etwas Ausgefallenes
für Botanikfans. Die weißen Blüten duften nämlich außerordentlich.«
Nach geschlagenen zehn Minuten tauchten
zwei uniformierte Polizisten auf. Wie Archäologen, die einen Haufen Dinoknochen
zu katalogisieren versuchen, schlichen sie unentwegt um die Leiche herum. Irgendwann
nahm der Erste endlich das Funkgerät in die Hand und beorderte den diensthabenden
Kripolenten her. Der andere Polizist ließ mich nicht aus den Augen. »Und Sie sagen,
dass Sie ihn gefunden haben?«, fragte er.
»Ja.«
»Wie sind
Sie reingekommen?«
Ich
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