Trallafitti: Kriminalroman (German Edition)
mich an und ich wurde postwendend rot. »Es
kann allerdings auch umschlagen. Dann, wenn du plötzlich nur noch Feinde siehst.
Mir ist es einmal passiert. Danach habe ich aufgehört, es zu nehmen.«
»Was ist
passiert?«
»Ich habe
Scheiße gebaut.« Mehr wollte er dazu nicht sagen. »Mir wurde die Bestellung der
nächsten Drogenfuhre anvertraut. Ich verabredete den Treffpunkt, dann kontaktierte
ich Guido und meine Abteilung. Die Übergabe des Cracks lief problemlos, die Dokumentation
zur Beweisführung ebenfalls. Die Spur unseres Zwischenhändlers führte zu einem Labor
in Frankfurt. Die Verhaftungen ließen aber noch ein paar Tage auf sich warten. Man
wollte den idealen Zeitpunkt abpassen, um nicht nur die Leitwölfe, sondern auch
den Nazi-Pöbel einzusammeln. Keiner von ihnen sollte durch die Lappen gehen. Ich
wusste nicht, wann es so weit sein würde. Und die SEK-Leute wussten beim Zugriff
nicht, dass ein VE unter den Leuten war. Mir war es recht. Ich wollte nicht mit
Samthandschuhen angefasst, sondern wie die anderen behandelt werden.« Er grinste.
»Und das wurde ich. Sie verpassten mir eine Gehirnerschütterung und ich konnte erst
Tage später meine Aussage machen.« Er nickte. »Dann war ich raus.«
»Warum hast
du dir das Hakenkreuz nicht sofort danach entfernen lassen?«
Seine Brauen
zogen sich zusammen. »Dass ich der VE überhaupt zustimmte, war hauptsächlich Guidos
Verdienst. Ich habe mich von ihm einlullen lassen, dass dies eine hervorragende
Referenz für mein Bewerbungsverfahren beim SEK sei. Ich sah die Sache damals sehr
verbissen. Und als ich die Mission erfolgreich beendet hatte, rechnete ich schon
mit Lorbeeren, die auf mich niederprasseln. So einfach war das leider nicht. Nachdem
ich meine Aussagen gemacht hatte, wurde ein Verfahren gegen mich eröffnet. Zu den
Straftatbeständen gehörten Sachbeschädigung, Aufruf zum Rassenhass, Verstöße gegen
das Waffen- und das Betäubungsmittelgesetz und andere Dinge. Ich wurde ein halbes
Jahr beurlaubt. Hinter vorgehaltener Hand war es nicht weniger als eine Suspendierung.
Man wollte die Medien aber nicht aufschrecken und zugeben, dass einer ihrer Leute
ein wenig zu tief in die Scheiße gegriffen hat.«
»Wurdest
du verurteilt?«
»Nein. Sämtliche
Anklagepunkte wurden fallen gelassen. Der Druck innerhalb der Polizei war zu groß,
und auch die Staatsanwaltschaft hatte kein Interesse daran, mich einzubuchten. Danach
stand ich unter Beobachtung. Ich fühlte mich verraten. Das Hakenkreuz behielt ich
aus reiner Lust an der Provokation, war aber schlau genug, es in der Regel verdeckt
zu tragen, um meinen Job zu behalten.« Er lachte kurz auf. »Sie machten mich sogar
noch zum Oberkommissar. Ein Jahr später bestand ich den Eignungstest, doch das SEK
wollte mich nicht mehr. Also empfahl mich Guido ins MEK unter der Bedingung, dass
ich mir das Tattoo entfernen ließ. Die ersten Sitzungen hatte ich bereits hinter
mir, wenn auch mit unzureichenden Ergebnissen, wie du siehst. Es dauerte. Und dann
kam mir Karim in die Quere.« Er lehnte sich rücklings gegen das Fenster und ließ
sich quietschend hinuntergleiten, bis sich seine Oberschenkel gegen die Waden pressten.
Mit Finger und Daumen drückte er gegen seinen Nasenrücken. Seine Hand zitterte.
»Sie hätten mich nie zu ihm in den Verhörraum lassen dürfen.«
Doch das
hatten sie getan. Gregor hatte damals erfahren, dass der Türke, der wegen gefährlicher
Körperverletzung an seiner Frau Julia in U-Haft saß, die Aussage verweigern wollte.
In den Archiven fanden sich Berichte über einen augenscheinlich rechtsradikalen
Polizeibeamten in Karims Verhörzelle, der vor Wut raste. Tatsächlich verzichtete
Gregor zu diesem Zeitpunkt bewusst darauf, die Tätowierung zu bedecken, um Karim
einzuschüchtern, was allerdings alles andere als eine gute Idee war. Denn die Medien
stürzten sich darauf.
Ich stand
auf, hockte mich ihm gegenüber und legte meine Hände auf seine nackten Knie. Sie
waren ganz kalt.
»Nach Karims
Tod und meiner Inhaftierung nahm das Medieninteresse bald ab, doch das Internet
schläft nicht. Fotos von mir waren noch Jahre später abrufbar und einige Rocker,
die sich nach der Zerschlagung neu formiert hatten, wurden auf die Bilder aufmerksam.
Sie erkannten mich wieder. Und entlarvten mich als Verräter.«
»Warst du
nicht Teil eines Zeugenschutzprogramms?«
»Ich war
kein Zeuge , ich war angeklagt, im Knast, ein Exbulle. Und die Geschichte
war Jahre her. Keiner verschwendete ein Gedanken
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