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Trallafitti: Kriminalroman (German Edition)

Trallafitti: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Trallafitti: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sonja Ullrich
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der anderen Seite klang es nicht, als
würde Ansmann sich beruhigen wollen. Ganz im Gegenteil. Die Situation schien sich
weiter hochzuschaukeln. »Welche Unterlagen?«, hakte Gregor nach. »Es gibt keine
Unterlagen.« Nach ein paar Sekunden aufmerksamen Lauschens schnaubte er. »Das ist
doch gequirlte Scheiße.« Ansmanns Stimme hatte mittlerweile auch an Fahrt aufgenommen.
Er brüllte. Gregor brüllte zurück: »Nein, du hörst mir zu! Es gab
eine glasklare Absprache. Kein Papier, keine Protokolle. Und ich werde einen Scheiß
tun und den Kopf für euch hinhalten!«
    Gregor sprang
auf. Ansmanns Antwort klang für mich nur nach Genuschel. Argwöhnisch zogen sich
Gregors Brauen zusammen. »Wer autorisiert das?« Er schien über die Antwort lachen
zu wollen. Doch stattdessen kam nur ein Schnauben heraus. »Ich kläre das.« Ansmanns
Stimme schallte zu mir herüber.
    »Nein! Ich kläre das!« Dann legte Gregor auf.
    Eine ganze
Weile starrte er auf mein Handy. Sein Daumen fuhr über das Display rauf und runter,
und sein Blick schien blind durch seine Hand hindurchzugehen. Plötzlich drehte er
seinen blanken Oberkörper zu mir und warf mir das Gerät im hohen Bogen in die Hände.
    »Was ist
los?« Ich flüsterte beinahe.
    Gregor blieb
vor der Fensterwand stehen und starrte phlegmatisch auf die Straße herunter. Der
Regen warf seine saftigen Tropfen gegen das Glas. Ihr Klopfen klang, als wollten
sie von uns hereingelassen werden. Ich stand gute drei Meter entfernt und wagte
es nicht, mich auch nur einen Zentimeter in seine Richtung zu bewegen.
    Was gut
war.
    Denn nach
einigen Sekunden des Schweigens machte Gregor einen Schritt zurück und begann wie
ein voltigierendes Pony zu kreiseln. Langsam und andächtig. Auf seinen Arme und
Flanken hatte sich mittlerweile eine Gänsehaut gebildet, seine Brustwarzen waren
aufgerichtet. Die Flügel des Adlers auf seinem Rücken schwangen im Rhythmus seiner
kreisenden Schultern. Dann, nach zwei Runden, machte er vor seinem Schreibtisch
Halt, stemmte ein Bein nach vorn und schleuderte seine Arme von sich, wobei er sämtlichen
Schreibkram, den er zu greifen bekam, von der Tischplatte riss. Loses Papier, Dokumente,
Schreibutensilien stürzten hinunter, flatterten, schepperten und klirrten. Dann
trat er barfuß auf den Papierkorb ein. Zweimal hintereinander, wie eine wild gewordene
Furie. Der Plastikeimer knallte gegen die Tischwand, fiel aber nicht um.
    Sein Kopf
war puterrot.
    Es jagte
mir eine Höllenangst ein.
    Dennoch
griff ich todesmutig ein. Ich riss an seinem Arm und versuchte, ihn wieder herunterzuholen.
Mit beiden Händen umklammerte ich Gregors Gesicht und fixierte seine Augen. Er wehrte
sich nicht, doch es dauerte eine Weile, bis er endlich stillstand und meinen Blick
erwiderte. Er hatte Tränen in den Augen. Aber wohl mehr aus Wut denn aus Trauer.
    Ich ließ
von ihm ab.
    Mit beiden
Händen durchfuhr er sein Haar, seine Finger klammerten sich an ein paar Strähnen
fest und die Muskeln seiner Arme bäumten sich auf. Als er die Hände sacken ließ,
standen ihm ein paar Strähnen zu Berge.
    »Was ist
los?«, wiederholte ich.
    »Nicht jetzt«,
sagte er nur und zog sein eigenes Telefon aus der Hosentasche. Er wählte eine Nummer.
Und er starrte ins Leere, während das Gerät die Verbindung herstellte. Irgendwann
regte sich etwas in der Leitung. »Guido«, sagte Gregor. »Wir müssen reden. Sofort.«

17.
     
    Gregor bevorzugte eine neutrale
Umgebung und folgte meinem Rat, Brülling in die Kaffeerösterei ›Röst.Art‹ zu zitieren,
einem Kaffeehandel mit einigen Quadratmetern Sitz- und Trinkfläche in der Fußgängerzone.
Wie erwartet waren die Männer nicht überschwänglich begeistert. Sie bedachten einander
mit einem verhaltenen Nicken, und die Geste beinhaltete gerade so viel Freundlichkeit,
dass die Revier markierenden Kerle nicht unhöflich erschienen oder Schwäche durch
zu viel Zuvorkommen zeigten.
    Nur ein
paar graue Zellen weniger und sie hätten gegen die Hauswand gepinkelt.
    Gregor begann
das Gespräch. »Wann hast du das letzte Mal mit Martha gesprochen?«
    »Warum ist
das wichtig?«
    Ungeduldig
schnippte Gregor mit dem Finger gegen seine Limonadenflasche. »Beantworte einfach
die Frage, Guido.«
    Guido war
von Gregors Verhalten einigermaßen angepisst, was ich gut nachempfinden konnte.
Nicht nur, dass er sich per Telefon irgendwohin hatte befehlen lassen. Nun sollte
er sich auch noch anpflaumen lassen, die Füße stillhalten und uns Rede und Antwort
stehen. An seiner

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