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Trallafitti: Kriminalroman (German Edition)

Trallafitti: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Trallafitti: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sonja Ullrich
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Südwesten Asiens mangelt es ja kaum an Krisenherden, sondern eher
an Verhandlungstalenten wie diesem Schwarzinger.«
    »Und was
ist mit seinen Aussagen über den Kaschmir-Konflikt?«, warf ich ein. »Die sollen
ja nicht so qualifiziert gewesen sein.«
    Gregor glotzte
mich an. »Ich wusste gar nicht, dass du politisch interessiert bist.«
    »Das bin
ich nicht«, rechtfertigte ich mich sofort. »Ich bin zufällig über den Doppelselbstmord
gestolpert. Selbst der Stadtspiegel hat darüber berichtet. Also habe ich mich in
Schwarzingers Biografie eingelesen.«
    Brülling
nickte mir ermunternd zu. »Seine Bemerkung über den Konflikt war US-außenpolitisch
motiviert. Aber um das zu erklären, müsste ich ein wenig ausholen.« Er sah Gregor
an. »Damit unser kleiner Politbanause hier es auch versteht.«
    »Gib deine
Politikstunden woanders«, unterbrach er ihn. »Wir haben keine Zeit für so etwas.«
    Ich legte
eine Hand auf seinen Arm. »Vielleicht doch«, flüsterte ich. »Dieser Schwarzinger
war Indien-Botschafter. Er redete mit und über Indien. Und unser Ali war Inder .
Ich glaube nicht, dass das nur Zufall ist.«
    »Wer ist
Ali?«, fragte Brülling sofort.
    Ich schluckte.
Einmal, zweimal. Aber ich sagte nichts.
    Und auch
Gregor überging seine Frage. »Später. Erzähl, was du sagen wolltest.«
    Wie erwartet
ließ Brülling sich dies nicht zweimal sagen. Sein Gesicht erhellte sich. Er holte
tief Luft. Dann lehnte er sich zurück. »In Ordnung. Reisen wir ein paar Jahrzehnte
in der Zeit zurück. Denn der Streit um Kaschmir wütet seit der Spaltung des indischen
Empires 1947. Damals wurde für das mehrheitlich muslimische Gebiet der neue Staat
Pakistan ausgerufen, während Indien mit dem hinduistischen Rest seine Unabhängigkeit
erklärte. Nach diesen Regeln hätte die Kaschmirregion eigentlich Pakistan zugesprochen
werden müssen, die zu mehr als 80 Prozent aus Moslems besteht. Doch der letzte amtierende
Maharadscha von Kaschmir, der übrigens Hindu war, sprach sich für einen Anschluss
an Indien aus. Seither hat es drei Kriege um Kaschmir gegeben. Aktuell teilen sich
Indien und Pakistan mit China die Region, was allerdings nicht heißt, dass sich
Indien oder Pakistan mit ihrem Anteil zufriedengeben. Schlimm wurde es, als die
beiden mit Atomtests ein Säbelrasseln veranstalteten. Spätestens seitdem versucht
der UN-Sicherheitsrat, die Länder an einen Tisch zu bringen. Aber Indien ist nicht
verhandlungsbereit, solange Pakistan sich weigert, den regionalen Terrorismus zu
thematisieren. Indien greift dabei die letzten Terroranschläge in Mumbai auf, die
die damaligen Friedensgespräche massiv gestört haben. Die Tatverdächtigen waren
Pakistani. Seit Längerem schon werfen Indien und die USA Pakistan vor, islamische
Terrororganisationen zu unterstützen.« Brülling setzte sich auf. Und schwieg.
    »Und was
hat das Ganze nun mit Schwarzinger zu tun?«, hakte Gregor schließlich nach.
    »In einem
Interview zur Lage in Pakistan gab Schwarzinger zu bedenken, dass die dortige Terrorismusproblematik
nur zu lösen sei, wenn man die seit 1947 ausstehenden Ansprüche Pakistans an Kaschmir
endlich anerkennt. Anderenfalls könne das Land seine Ressourcen, welche derzeit
vom Kaschmir-Konflikt gefressen würden, für die Terrorismusbekämpfung nicht mobilisieren.«
    Ich hob
die Brauen. »Er empfahl, den Indern den Kaschmiranspruch abzuerkennen?«
    »Nennt mich
ruhig Politbanause«, sagte Gregor. »Aber nach dem, was du erzählst, schien sich
dieser Typ mit der Achse des Bösen zusammenzutun.«
    Brülling
winkte ab. »Es klang dramatischer, als es war. Tatsächlich hat er nichts anderes
getan, als den Ball, den Indien ins Rollen gebracht hatte, zurückzuspielen. Wir
erinnern uns: Indien wollte erst um Kaschmir verhandeln, nachdem sich Pakistan
um das Terrorproblem gekümmert hätte.« Ich rümpfte zweifelnd die Nase. Denn wäre
die Sache in der Tat nur als ›halb dramatisch‹ aufzufassen, wären die Experten in
den Medien nicht so darauf angesprungen. Doch das waren sie. Ich hatte davon gelesen,
den Zusammenhang jedoch nie verstanden.
    Vielmehr
schien es so, als vermischte Brülling hier Offizielles mit persönlichen Ansichten.
    »Aber natürlich
hatte das Konsequenzen«, erzählte er weiter. »Nicht nur, dass er mit dem Statement
klar seine Kompetenzen überschritt. Es wurden außerdem Stimmen laut, er würde in
seinem neuen Amt den Südasien-Beziehungen eher schaden als nutzen.«
    »Konnte
man diesen Quacksalber denn überhaupt

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