Trallafitti: Kriminalroman (German Edition)
Stelle hätte ich wahrscheinlich genauso zickig reagiert.
Daher versuchte
ich es auf die sanfte Tour, rutschte über den Sitz an Guido heran, damit dieser
sich nicht länger auf Gregor konzentrierte, und legte meine Hand auf seinen Arm.
Ich lächelte seicht. »Erzählen Sie mir von Martha. Was tut sie beruflich? Haben
Sie engeren Kontakt zu ihr?«
Wie erhofft
kam Guido allmählich wieder runter und schien tatsächlich über Gregors Verhalten
hinwegsehen zu können. Seine Stimme klang heiser. »Wozu? Was hat sie mit der ganzen
Sache zu tun?«
»Ich werde
es Ihnen erklären«, versprach ich ihm.
Er lehnte
sich zurück und legte seinen Stock beiseite. Ich nutzte die Gelegenheit, um Gregor
mit einem Blick abzustrafen, er möge gefälligst seine wahnwitzige Klappe halten.
Er schien zu verstehen, tat es jedoch mit einem stummen Schnaufen ab.
Mit meinem
besten Zahnpastafernsehwerbungslächeln zeigte ich Guido, dass ich hundertprozentig
bei ihm war.
»Martha
ist das Kind ihrer Eltern. Vor allem aber die Tochter ihres Vaters. Zeit ihres Lebens
wurde sie von seinen philanthropischen Visionen eingelullt. Es überraschte mich
nicht, dass sie irgendwann in seine Fußstapfen treten wollte. Wenn auch mit wesentlich
höheren Ansprüchen.«
»Wieso?
Was tut sie denn?«
»Sie studiert
Politikwissenschaft im zweiten Semester an der Uni Düsseldorf. Momentan absolviert
sie ein Praktikum im Krisenreaktionszentrum des Außenministeriums und unterstützt
den dortigen Bürgerservice. Nach dem Studium möchte sie wie ihr Vater nach Nairobi,
allerdings um in der Botschaft aktiv zu werden. Doch das sind alles Tagträume.«
»Und wo
ist sie jetzt ?«
Sein Lächeln
verschwand. »Ich habe keine Ahnung. Martha ist eine erwachsene Frau. Und ich bin
nicht ihr Vater. Wir haben schon länger nicht mehr miteinander gesprochen.«
»Selbst
dann nicht, als ihr Vater gestorben ist?«
»Nein, selbst
dann nicht. Es ist alles ein wenig schwierig.«
Schien so,
als läge hier ein Hund begraben. »Liegt es an Ihnen oder an ihr?«
Seine Finger
rollten sich zu Fäusten ein. Er sprach mit mir, doch er sah Gregor an. »Wie würden
Sie ihr erklären, dass Sie versagt haben? Dass Sie ihren Vater hätten beschützen
können, es aber nicht getan haben?«
»Es war
nicht Ihre Aufgabe, Arthur zu beschützen. Ganz im Gegenteil. Er wollte sich nicht
von Ihnen helfen lassen.«
»Arthur
war mein Bruder. Und er steckte in Schwierigkeiten. Als Polizist war es meine Pflicht,
Menschen zu beschützen. Ich hatte einen Eid darauf geleistet. Aber meinen eigenen
Bruder habe ich einfach weggeschickt.«
Meine Hand
auf seinem Arm begann, ihn zu tätscheln. Ich sah zu Gregor hinüber, den Guidos Worte
wie erwartet alles andere als kaltgelassen hatten. Sein Blick war mittlerweile gesenkt,
die Flasche zwischen seine Hände geklemmt. Wir blieben mucksmäuschenstill. Lediglich
das Gästegeschnatter sowie das Geschepper von Tassen, die aufeinander getürmt wurden,
durchbrachen unsere Stille.
Wenn wir
so weitermachten, säßen wir gleich alle drei heulend am Tisch. Meine Stimme erhob
sich. »Nein, das haben Sie nicht! Und das wissen Sie genauso gut wie ich.« Ich sah
zu Gregor. »Also reißt euch am Riemen.« Ein paar Gästeköpfe drehten sich zu uns.
Ich nahm meine Hand von Guidos Arm. Dann rührte ich kräftig in meinem Kaffee herum,
bis der Milchschaum über den Rand schwappte. »Wann haben Sie zuletzt mit Martha
gesprochen?«
»Vor drei
Wochen. Sie hat mir von ihrem Job erzählt. Ihren Aufgaben und Ambitionen. Es war
alles sehr stressig und sie wollte Urlaub auf Kreta machen. Sie fing an, in alten
Zeiten zu schwelgen.« Er nahm seine Tasse. »Es war ein sehr langes Gespräch.«
»Hat sie
den Urlaub angetreten?«
»Es war
nur Gerede«, sagte er. »Sie hatte keine konkreten Pläne. Sie wollte einfach einen
Last-Minute-Flug nach Griechenland nehmen. Aber sie machte sich Sorgen, dass ihr
Freund nicht freibekommen würde. Ohnehin war das alles, bevor ihr Vater starb.«
»Kennen
Sie ihren Freund?«
»Sie hatte
ihn nur kurz erwähnt. Jemand von der Arbeit. Ein Italiener. Giovanni oder Salvatore
oder so etwas.«
»Massimo«,
warf Gregor ein.
»Genau!«
Guido schnippte mit den Fingern. »Du kennst ihn?«
»Nein«,
sagte Gregor und sah überrascht zu mir herüber, als ich den pinkfarbenen Zettel
mit der fremden Handschrift aus der Tasche zog. ›AB Massimo‹. Ich hatte ihn nicht
weggeworfen.
Brülling
zog den Zettel zu sich. »Ist das seine Nummer?« Er drehte und wendete
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