Trallafitti: Kriminalroman (German Edition)
aufgewachsener Inder würde glauben, das wäre alles
allein auf seinem Mist gewachsen. Der schnuppert direkt eine Verschwörung.«
»FATA?«,
fragte ich.
»Die Federally
Administered Tribal Areas, kurz FATA, sind ein von der pakistanischen Regierung
verwaltetes Areal an der Grenze zu Afghanistan. Hier regieren nicht das Parlament,
sondern die Stammesältesten. Mehr noch: Kein vom Parlament beschlossenes Gesetz
darf dort Anwendung finden. Es sei denn, der Präsident ordnet es an. Und das passiert
nicht. Die FATA ist das Rückzugsgebiet der afghanischen und pakistanischen Taliban
sowie der Al-Qaida. Hierhin haben Obamas Drohnen geschossen.«
Ich nickte.
»Und Sie? Glauben Sie auch an eine Verschwörung?«
»Es ist
egal, was ich glaube. Es interessiert auch nicht, weil ich bezweifle, dass wir das
jemals erfahren werden. Doch wenn ich als Auswärtiger befürchten muss, dass Indien
Wind von Schwarzingers Feldzug bekommen hat, würde ich mich sputen, damit die deutsch-indische
Beziehung keinen weiteren Schaden nimmt.«
»Sie glauben
also, Leute vom Ministerium haben Schwarzinger auf dem Gewissen?«
»Nein. Ich
sehe die Täter nach wie vor in den Reihen der BJP. Wie dieser Ali. Allein deren
anti-islamische Haltung ist Motiv genug für mich, dass sie einen verräterischen
Freund der Muslime wie Schwarzinger beiseiteräumen wollen. Vielmehr stört mich die
Art und Weise, wie es mit ihm zu Ende ging. Ein Doppelselbstmord, noch dazu in seinem
eigenen Büro im Landtagsgebäude. Ganz zu schweigen von dem Abschiedsbrief, den das
LKA der Presse nicht vorlesen will. Die Mörder wollten für Aufruhr sorgen, und zwar
über die deutsche Grenze hinaus. Die wollten uns an den Pranger stellen.«
»Sie meinen,
die Auswärtigen bemühen sich um Schadensbegrenzung«, sagte ich.
»Was immer
auf dieser SIM-Karte gespeichert ist. Ich wette mit euch, dass es nicht nur die
Täter belastet. Da haben Leute weggesehen. Und später die Spuren beseitigt.«
Die geduldige
Bedienung mit einer mit Milchschaum befleckten Schürze trat an uns heran. »Das Café
schließt gleich.«
Gregor stand
als Erstes auf. Er zog den Reißverschluss seiner Jacke zu. »Ich fahre nach Düsseldorf
und werde versuchen, mehr über diesen Massimo herauszufinden. Ich denke, es ist
an der Zeit, mit ihm zu sprechen.«
»Hast du
mal auf die Zeiger geguckt?«, fragte ich. »Die haben alle Feierabend.«
»Nicht das
Krisenreaktionszentrum.«
»Glaubst
du, sie werden mit einem Dahergelaufenen wir dir überhaupt reden?«, blaffte Brülling
ihn an.
Gregor ignorierte
ihn und wandte sich mir zu. »Ich werde meinen Schwiegervater anrufen.«
Brülling
erhob sich energisch, wenn auch ungelenk. »Auf gar keinen Fall!«
»Er kennt
den Leiter der dortigen Polizeipressestelle. Vielleicht kann er mir jemanden mit
einer Dienstmarke zur Seite stellen.«
»Du glaubst
doch nicht ernsthaft, dass er das tut!«
»Wenn er
damit verhindern kann, dass seine Enkelin umgelegt wird? Ich denke schon!«
Brülling
dachte kurz darüber nach. Schließlich machte Gregor Anstalten, zu gehen. »Warte«,
sagte er. »Lass mich ihn anrufen.«
Gregor nickte,
was mich überraschte. Nach allem, was passiert war, hätte ich nicht angenommen,
dass er Brülling auch nur ansatzweise mitmischen ließ. Er legte mir einen Schlüssel
in die Hand. »Geh zu mir nach Hause, schnapp dir den Laptop und zerstör die Festplatte.
Es ist nichts drauf, was für das Ermittlungsverfahren relevant sein könnte. Aber
ich weiß nicht, welche sonstigen E-Mails und Unterhaltungen sie finden könnten.«
Seine Reaktion
erleichterte mich. Endlich vergaß er die Vorstellung, niemand könnte ihm etwas anhaben,
und verstand, dass sich Ansmann und die beiden Polizisten nun um sich selbst kümmern
mussten. Es war nur eine Frage der Zeit, bis einer von ihnen Gregors Namen preisgab,
um mit einer milderen Strafe davonzukommen.
»Denkst
du, sie werden deine Wohnung durchsuchen?«
»Das ist
der übliche Ermittlungsweg«, sagte er leise und drückte meine Hand mit dem Schlüssel
zu einer Faust zusammen. »Wirst du das für mich tun?«
Ich nickte.
Dann zog er ab.
Ich folgte
ihm bis hinter die Glastür. Der Regen hatte kaum nachgelassen. Die Tropfen waren
weich und schlüpfrig und schienen sich in jede Faser meiner Klamotten zu bohren.
Ich sah ihm eine Weile nach. Den Kragen seiner Jacke hatte er aufgestellt, ein paar
gestutzte Locken ragten vorwitzig hervor. Er ging schnell, die Hände in den Taschen
vergraben, doch nur, um Zigarette und
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