Trallafitti: Kriminalroman (German Edition)
Deal. Aber den haben sie nicht eingehalten.
Irgendwer muss geredet haben.«
»Was ist
mit dir? Was steht für dich auf den Spiel?«
Er scharrte
mit dem Fuß durch eine Pfütze. »Mein Name taucht in den Dokumenten nicht auf. Ich
stehe nicht im Fokus.«
»Noch nicht«,
spielte ich auf Brüllings Drohung an.
»Eigenartig
nicht wahr?« Er sah mich an. Dann drehte er seinen Kopf zur Glastür. Ich folgte
seinem Blick und der Wind fegte mir die Haare ins Gesicht. Sie klebten an meinen
Wangen und über den Augen, doch ich konnte Brülling zweifelsfrei dabei beobachten,
wie er dem Vollhorst einen Platz an unserem Tisch anbot.
»Was er
auch immer in der Hand hat«, sagte Gregor. »Er will mich damit unter Druck setzen.«
»Warum sollte
er das tun?«
»Ich weiß
es nicht.«
Ich umarmte
mich mittlerweile selbst. Mir war schweinekalt. »Warum musste es auch unbedingt
nach deinen Regeln laufen?«
»Meine Regeln«,
wiederholte er hämisch. »Wenn es nach ihren Regeln gegangen wäre, wäre mein Name
in irgendeiner Akte gelandet. Registratur ›Verbindungsleute‹. Weißt du, was das
bedeutet? Zehn Jahre Aufbewahrungsfrist! Das ist doppelt so lang, wie ich im Knast
gesessen habe. Und selbst nach dieser Zeit haben mich die Scheißnazis gefunden und
malträtiert.«
»Du hattest
also Angst, du könntest enttarnt werden?«
»Du hältst
mich für paranoid, oder?« Er holte eine Schachtel Zigaretten aus der Jackentasche
und schob sich eine zwischen die Lippen. »Während meiner Dienstzeit habe ich mit
drei V-Leuten zusammengearbeitet. Zwei von ihnen wurden hochgenommen, einer von
ihnen getötet.« Er zündete sich angestrengt die Fluppe an. »Das BKA tut nach außen
hin zwar so scheiße geheim. Doch du hast keine Ahnung, wie leicht es den verbeamteten
Fachidioten gemacht wird, einen Blick in eine V-Akte zu werfen. Wenn sie dich in
eine konspirative Wohnung schicken, um deine Informationen zu bezahlen, belehren
sie dich über eine mögliche Anzeigepflicht gegenüber den Arbeits- und Sozialämtern.
Sag mir, wie krank ist das?« Er schnaubte. »Es reicht ein falsches Wort, nur ein
Name in die entgegengesetzte Windrichtung und dein kleines Spitzelhirn wird quer
über die Ladentheke gepustet.« Er schien ein konkretes Beispiel vor Augen zu haben.
»Es ging mir nie um diesen scheiß Tariflohn.«
»Und worum
ging es dir dann?«
Sein Blick
erforschte meine Augen. »Du hast mit ihm über mich geredet, oder?«
Mir wurde
abwechselnd heiß und kalt.
»Was genau
hast du ihm erzählt?«
»Ich habe
mir Sorgen um dich gemacht.«
Er warf
seine Kippe weg und tippe gegen meine Schulter. »Seit wann redest du mit ihm? Bevor
oder nachdem ich dir von den Querelen im Präsidium erzählt habe?«
»Was willst
du damit behaupten? Dass ich ihn erst auf die Idee gebracht habe?« In meinem Schädel
drehte es sich. Zwar hatte Brülling völlig überrascht gewirkt, als ich ihn von den
Problemen im Präsidium erzählt hatte. Trotzdem glaubte ich nicht, dass er in der
Lage war, binnen so kurzer Zeit ein paar Beweise aufzutreiben, die er der Staatsanwaltschaft
zuspielen konnte. Ich wollte es einfach nicht glauben.
»Du bist
eine Schwätzerin!«, erinnerte er mich.
»Dann hättest
du mir besser nicht davon erzählen sollen!«
»Ja«, sagte
er leise. »Vielleicht hätte ich das.« Dann wandte er sich ab und öffnete die Tür.
Ich wischte
mir die Tränen aus den Augen und folgte ihm. Die missbilligenden Miene der Gäste
ignorierte ich.
Lautlos
setzten wir uns an den Tisch zurück. Gregors Haare kräuselten sich an den Spitzen,
Regentropfen rannen ihm das Gesicht hinunter. Wir beide schwiegen eisern. Dem Blick,
den der Vollhorst mir zuwarf, wich ich aus.
»Haben wir
uns nun alle wieder lieb?«, fragte Brülling.
»Verpiss
dich«, sagte Gregor.
»Klären
Sie diese Angelegenheit woanders«, schritt der Vollhorst ein. »Ich bin hier, um
mit Ihnen über das Material zu sprechen, mit dem sich Ihre Nichte aus dem Staub
gemacht hat. Wir möchten, dass Sie es uns überstellen.«
»Und wer
garantiert uns, dass Martha nichts geschieht, wenn es erst einmal nicht mehr in
ihrem Besitz ist?«
»Niemand
kann das. Nicht, solange wir nicht wissen, ob irgendwo noch Kopien kursieren, um
die wir uns kümmern müssten.«
Jetzt schaltete
sich Brülling ein. »Wie zum Teufel sollen wir das sicherstellen?«
»Wir nehmen
an, dass das Material auf einer SIM-Karte gespeichert ist. Einmal in unseren Händen,
können wir anhand der digitalen Spur schnell zurückverfolgen, ob
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