Transfer (German Edition)
Laderaum entfernt, dessen Inhalt
sie so brennend interessierte.
Sie befand sich jetzt
mehr als eineinhalb Kilometer unterhalb der Ebene, auf der sie die Aufzugkabine
betreten hatte. Der Aufzug wurde bereits deutlich langsamer. Auf halbem Weg
durch die Ebenen mit den Laderäumen hielt er schließlich an und die Aufzugtür
öffnete sich mit leisem Zischen vor Zordin.
Eisige Kälte schlug ihr
entgegen, als sie über die Schwelle trat. Doch darauf war sie vorbereitet und
hatte nichts anderes erwartet. Blaß wie ein Geist und zitternd vor Kälte stand
sie auf dem verlassenen, halbdunklen Korridor und versuchte mühsam sich zu
orientieren.
Sie zündete sich eine
neue Zigarette an und schloß hastig den Magnetverschluß ihrer Thermojacke. Nach
mehreren tiefen Zügen kehrte auch ihre Entschlossenheit wieder zurück. Ihr
Denken wurde jetzt wieder von einer eiskalten, beinahe militärischen Präzision
bestimmt.
Von der Stelle an der Peripherie,
an der sie sich befand, bis zu dem kleinen Laderaum, der ihre geheimnisvolle
Fracht enthielt, war es noch ein weiter Weg, der fast durch den halben Rumpf
der Dark Horizon führte. Und sie mußte noch einige erhebliche Umwege
einkalkulieren, denn Teile dieses Decks wurden mit Sicherheit nach wie vor von
Kameras und Sensoren überwacht, denen sie lieber aus dem Weg gehen wollte.
Außerdem waren ganze Sektionen auf den unteren Decks schon seit Jahren mit
Viren verseucht, die schwerwiegende Funktionsstörungen in der Energieversorgung
und den Lebenserhaltungssystemen verursachten, und konnten deshalb nicht mehr
betreten werden. So waren einige Räume schon seit langem luftleer und mehrere
Korridore wegen Verstrahlung unpassierbar.
Und bestimmte Bereiche
des Schiffes betrat man ohnehin besser nicht unbewaffnet. Nicht nur die Ratten
waren auf den unteren Ebenen zu einer wahren Plage geworden, der Virenbefall
hatte auch dazu geführt, dass einige der Servomaten ein gefährliches Eigenleben
entwickelt hatten und auf keinen Befehl des Servo-Verbundes mehr reagierten.
Sie hatte keine große Lust, von einem der durchknallten schweren Wartungsservos
überrollt oder von seinen Werkzeugarmen zerfetzt zu werden.
Tara Zordin rauchte
nachdenklich ihre Zigarette zu Ende, dann schaute sie wachsam den langen,
schwarzen Korridor entlang, griff mechanisch nach dem schweren Strahler an
ihrem Gürtel und kontrollierte routiniert noch einmal das Energieniveau des
Magazins, bevor sie sich auf den Weg machte.
Ihr war noch immer
bitterkalt, und sie begrüßte die Möglichkeit, sich zu bewegen, auch wenn der
Weg, der vor ihr lag, alles andere als einladend war.
Die Atmosphäre in dieser
Sektion des Schiffes war sonderbar, von einer Fremdartigkeit, die ihr
allmählich auf die Stimmung schlug. Die vielen Dinge, die scheinbar ganz normal
waren, verstärkten diesen Eindruck nur noch.
Der Korridor führte in
einer sanften Kurve scheinbar endlos an der Außenwand des Schiffes entlang.
Stahlgraue Wände zogen an beiden Seiten an ihr vorrüber, nur gelegentlich
durchbrochen von Zugängen zu kleineren Wartungsschächten und -zellen oder den
Schotts von Personenschleusen. In mehr oder weniger regelmäßigen Abständen
spendeten matte Leuchtplatten an der Decke ein schwaches Licht. Hier und dort
waren notdürftig reparierte Schäden an offenliegenden
Hochfrequenzenergieleitungen und energetischen Verteilersystemen zu erkennen
und mehrmals passierte sie Stellen, an denen die Beleuchtung sogar ganz
ausgefallen war.
Irgendwo in der kalten
Dunkelheit hinter ihr knirschte und knackte es plötzlich vernehmlich. Zordin
erzitterte innerlich, und das lag nicht nur an der Kälte. Sie blieb ruckartig
stehen und drehte sich langsam, fast widerwillig um. Sie hatte das unangenehme
Gefühl, dass sich die Finsternis hinter ihr langsam verdichtete und Gestalten
aus ihren schlimmsten Alpträumen gebar. Einen Moment lang bildete sie sich
sogar ein, aus den Augenwinkeln eine Bewegung gesehen zu haben: einen großen,
dunklen Schatten, der lautlos über den Korridor huschte. Kalte Furcht schloß sich
wie eine Faust um ihr Herz. Sie rechnete jeden Augenblick damit, von
irgendetwas gepackt und zerfetzt zu werden. Nur mit Mühe konnte sie den Impuls
unterdrücken, ihre Waffe zu ziehen und einfach blindlings in die Dunkelheit zu
feuern.
Es fühlte sich ein wenig
wie der Tod an, und Panik zitterte in ihr, eine Furcht, die sie manchmal erfaßt
hatte, wenn sie mitten in der Nacht schweißgebadet erwacht war, ohne das Bett
oder den eigenen
Weitere Kostenlose Bücher