Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Transfer (German Edition)

Transfer (German Edition)

Titel: Transfer (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Dorn
Vom Netzwerk:
Körper zu erkennen. Dann bildeten ihre Knochen einen Käfig für
ihr Bewußtsein und in ihren Adern floß kein Blut, sondern nur noch stinkender
Schleim; Tod und Verwesung bildeten in diesen furchtbaren Momenten die einzigen
Gewißheiten, die ihr noch blieben.
    Tara Zordin erinnerte
sich daran, daß sie bei solchen Gelegenheiten mit zitternden Händen alle Lampen
in ihrer Kabine angezündet hatte, um die Dunkelheit zu vertreiben.
    Doch hier gab es kein
Licht. Die Finsternis hatte auf einmal tausend Gesichter, in ihr schienen
unzählige Gefahren zu lauern, die sie nur erahnen konnte.
    Sie schüttelte nur für
sich den Kopf. Blödsinn . Das ist nichts als Einbildung . Deine
Nerven sind völlig im Eimer. Unwillkürlich suchte ihre Hand dennoch den
Kolben des schweren Strahlers in ihrem Gürtel.
    Die Kälte wurde sofort
unangenehm, wenn man verharrte, und nach einer Minute des atemlosen Lauschens,
in denen sich das Geräusch nicht wiederholte und sie auch keine Bewegung in der
Dunkelheit zu sehen glaubte, schlang sie fröstelnd die Arme um den Oberkörper;
sie schätzte die Temperatur inzwischen auf wenigstens zehn Grad unter Null. Die
Lebenserhaltungssysteme funktionierten selbst in diesem Sektor offenbar nicht
ganz in den gewohnten Parametern.
    Sie fluchte laut und ging
endlich mit schnellen, hastigen Schritten weiter, wobei sie sich zwingen mußte,
nicht ständig über die Schulter zurück zu blicken oder nach verdächtigen
Geräuschen zu lauschen. Das verdammte Schiff kann einen noch wahnsinnig
machen .
    Ihre Schritte hallten
laut den verlassenen Korridor entlang, jeder einzelne Schritt schien ihr wie
ein Hammerschlag durch die Dunkelheit zu poltern.
    Nach einigen Minuten fand
sie die kleine Einstiegsluke eines Wartungsschachtes in der Seitenwand. Zordin
duckte sich entschlossen durch die Öffnung und setzte ihren Weg durch einen
engen, niedrigen Schacht fort, der tiefer und tiefer in die stählernen
Eingeweide des Schiffes hineinführte. Dicke Bündel von Versorgungsleitungen und
Kabeln schlängelten sich über den Boden und verliefen entlang der Wände, alles
war uralt und im Laufe der Jahre wohl immer wieder zusammengeflickt worden.
Zumindest war die Temperatur in dem Schacht jedoch bedeutend erträglicher als
auf dem Korridor.
    Trotzdem wirkte das
Schiff vielleicht nirgendwo sonst derart desolat wie hier, in diesem düsteren,
seit Jahren nicht mehr genutzten Schacht. Wasser tropfte die rauen Wände hinab
und ein ekelhafter, durchdringender Geruch nach Schimmel, Fäkalien, Ozon und
synthetischem Maschinenöl schlug ihr entgegen. Ein hohes Summen weit entfernter
Generatoren und das Gluckern von Wasser bildeten dazu eine nervtötend monotone
Geräuschkulisse.
    Der Boden war
zentimeterhoch mit einer klebrigen, schleimigen Masse bedeckt, die sich in dem
tiefen Stollenprofil ihrer Stiefel festsetzte. Sie tröstete sich damit, dass
sie den Schleim zwar unter ihren Schuhen spürte, aber zum Glück in der
Dunkelheit nicht sehen konnte.
    Nach wenigen Minuten
stand sie bereits bis zu den Knöcheln in der zähen Flüssigkeit. Ihre schweren
Stiefel schmatzten bei jedem Schritt. Eine Ratte huschte vorbei und bespritzte
sie mit der stinkenden, dunklen Brühe, bevor sie wieder in der Finsternis
verschwand. Hier war mit Sicherheit schon seit Jahren niemand außer ihr mehr
gewesen, nicht einmal einer der noch intakten Wartungsservomaten.
    Vorsichtig tastete sie
sich auf dem rutschigen Boden weiter voran. Das Ende des Schachts war bald
erreicht. Etwa nach einer viertel Stunde fand sie in der Wand eine weitere
Öffnung, die in eine deutlich engere, aber dafür trockene Röhre und schließlich
in einen kleinen Raum führte.
    Sie befand sich in einer
uralten, längst aufgegebenen und nahezu dunklen Wartungszelle, nur von der
Decke, mehrere Meter über ihr, ging ein schwaches Leuchten aus. In der Mitte
des Bodens ragten mehrere nadelartige Gebilde aus schwarzem Metall empor, deren
Zweck sich ihr nicht einmal annähernd erschloß, und dahinter, in einer dunklen
Ecke, befand sich neben einer Batterie von toten Monitoren eine weitere Luke.
Sie sah nachdenklich auf die Luke, hinter der sie vielleicht eine beunruhigende
Entdeckung machen würde.
    Nach kurzem Zögern bückte
sich Zordin und zog mit aller Kraft an der Klappe der Luke, bis sie sich
endlich mit einem Ruck öffnen ließ. Augenblicklich schlug ihr eiskalte,
abgestandene Luft wie aus einem Grab entgegen. Dasselbe diffuse Licht wie in
der Nische zeichnete sich auch hinter der

Weitere Kostenlose Bücher