Transfer (German Edition)
Das
Schott öffnete sich völlig geräuschlos. Ein verlassener Gang lag vor ihm; in
unregelmäßigen Abständen von schwachen Leuchtplatten an der Decke mäßig
erhellt. Corrogin ging leise weiter.
Offenbar befand er sich
in einem Bereich, in dem die hochmoderne, aus Stahlplastik und Synthomasse
errichtete unterirdische Anlage in die eigentliche Planetenkruste überging.
Die Wände des Ganges
waren nicht mehr mit Stahlkeramik verkleidet, sondern mit Glasverbundmaterial,
wie es bei archäologischen Grabungen verwendet wurde, und er war auch bei
weitem nicht so perfekt klimatisiert wie die Forschungsstation. Es war feucht
und kühl, die Luft war schlecht und abgestanden und von allen möglichen
unangenehmen Gerüchen gesättigt.
Dazu kam die schlechte
Beleuchtung: Durch die wenigen Leuchtkörper, die an mehreren Stellen noch dazu
defekt waren, bewegte er sich durch ein Halbdunkel, in dem er immer nur wenige
Meter weit sehen konnte. Da er jedoch nicht genau wußte, wo sich die kleine
Gruppe, der er folgte, eigentlich befand, wagte er auch nicht, seine Lampe
einzuschalten.
Nach wenigen Dutzend
Metern stieß er unvermittelt gegen eine glatte Wand. Der Gang schien an dieser
Stelle einfach abrupt zu enden.
Vorsichtig ging Corrogin
in der Dunkelheit mehrere Schritte zurück und tastete vorsichtig die Wände ab.
Vielleicht hatte er ja eine Tür in der Wand übersehen oder eine Abzweigung
verpasst. Fehlanzeige. Es gab keine Abzweigung und keine Tür. Er spürte nichts
als die Verkleidung aus Glasverbundmaterial unter seinen Fingern.
Schließlich beschloß er
doch, seine Lampe einzuschalten. Wenn sich die Gruppe, der er folgte, noch in
dem Gang befunden hätte, wäre er längst auf sie gestoßen.
Nichts. Kein Mensch weit
und breit. Der kleine Lichtkegel fiel lediglich auf eine glatte, metallisch
schimmernde Oberfläche, an der der Gang einfach so endete.
Nachdenklich betrachtete
Corrogin das Material. Diese Wand, die so arupt vor ihm aufragte, war nicht mit
Glasverbundmaterial verkleidet, wie der Rest des Ganges. Es handelte sich aber
ganz offensichtlich auch nicht um Stahlkeramik. Das Material war ihm gänzlich
unbekannt, und auch die Sensoren seines Kampfanzuges konnten die Legierung
nicht einordnen, wie er nach wenigen Sekunden überrascht feststellen mußte.
Es dämmerte ihm allmählich,
dass er anscheinend auf Baillards Entdeckung gestoßen war. Eine Alienstation
unter der Oberfläche. Als er die Oberfläche aufmerksam betrachtete, zeigten
sich irritierende Lichtreflexe und er hatte das absurde Gefühl, dass sich an
einigen Stellen sogar die Konsistenz des Materials permanent zu verändern
schien. Langsam tastete er noch einmal die Wand ab.
Merkwürdig . Die Oberfläche fühlte sich kühl an
und schien an einigen Stellen wirklich in ständiger Bewegung, als würde sie
sich verflüssigen und dann wieder verhärten.
Corrogin verstärkte den
Druck auf das kühle, irrisierende Material und tatsächlich, die Wand schien auf
eine schwer zu erklärende Art durchlässig, fast wie eine Membran. Seine rechte
Hand schien in dem Material regelrecht zu verschwinden. Vielleicht waren die
Männer, denen er bisher gefolgt war, ja einfach durch die Wand gegangen,
wenn sie tatsächlich derart durchlässig wurde.
Er zögerte kurz, dann
machte er einen entschlossenen Schritt auf die Wand zu. Einen Moment lang kam
es ihm so vor, als ginge er durch eine dicke, klebrige Sirupschicht, die ihm
die Sicht nahm und seine Bewegungen beinahe einfror, dann war er plötzlich auf
der anderen Seite.
War es auf der anderen
Seite schon dunkel gewesen, so herrschte hier eine stygische Finsternis,
dunkler als das Grab.
Und kaum hatte er die
Wand passiert, spürte er eine unterschwellige Veränderung, ohne sie im
geringsten einordnen zu können. Irgendetwas hatte sich verändert, da war
er vollkommen sicher, aber er war sich nicht einmal darüber im klaren, ob es
sich um eine Veränderung der Atmosphäre, des Raumes oder seiner Wahrnehmung
handelte. Irgendetwas schien sich jedenfalls auf eine direkt groteske Art
verschoben zu haben.
Und er bemerkte auf
einmal einen Geruch, so ekelhaft und durchdringend, dass es ihm beinahe den
Atem verschlug. Es war ein Gestank nach Aas und Fäulnis, wie er ihn bisher
nicht einmal auf dem Schlachtfeld kennengelernt hatte. Es roch nach
tausendfachem Tod und Verwesung. Scheiße.
Corrogin versuchte sich
auf seine Umgebung zu konzentrieren und die plötzlich aufkeimende Furcht zu
unterdrücken.
Vergeblich.
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