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Transfer

Transfer

Titel: Transfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Lem
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meinem Zimmer saß eine junge Frau, die ich nie gesehen hatte. Ein graues, flaumiges Kleidchen und etwas Rotes - wie eine Stola -um die Schultern.
    »Ich bin vom ADAPT«, sagte sie, »und habe heute schon mit Ihnen gesprochen.«
    »So - sind Sie es gewesen?«
    Ich war ein bißchen widerborstig. Was wollten die schon wieder von mir?
    Sie setzte sich. Auch ich setzte mich langsam hin.
    »Wie fühlen Sie sich?«
    »Ausgezeichnet. Ich war heute beim Arzt, der mich untersucht hat. Alles in Butter. Ich habe mir eine Villa gemietet, möchte etwas lesen.«
    »Sehr vernünftig. Klavestra ist in dieser Beziehung ideal. Sie werden dort Berge haben und Ruhe…«
    Sie wußte, daß es Klavestra war. Verfolgten Sie mich denn -oder wie? Ich saß reglos da und wartete auf die Fortsetzung.
    »Ich habe Ihnen etwas mitgebracht.., von uns.«
    Dabei zeigte sie auf ein kleines Päckchen, das auf dem Tisch lag. »Das ist das Neueste bei uns, wissen Sie«, sie sprach lebhaft, wenn auch etwas gekünstelt. »Wenn Sie schlafen gehen, brauchen Sie nur den Apparat einzustellen.., und erfahren auf diese Weise, ganz einfach, völlig mühelos, innerhalb mehrerer Nächte eine ganze Menge nützlicher Dinge.«
    »So? Das ist gut«, sagte ich. Sie lächelte mich an. Auch ich lächelte, wie ein braver Schüler: »Sie sind ein Psychologe?«
    »Ja. Erraten…« Nun zögerte sie. Ich merkte, daß sie noch etwas sagen wollte.
    »Ja - bitte … «
    »Werden Sie mir auch nicht böse sein?«
    »Weshalb denn?«
    »Weil… nun, sehen Sie… Sie kleiden sich etwas…«
    »Ich weiß. Aber ich trage diese Hose gern. Vielleicht wird es mit der Zeit… «
    »Ach, nein, um die Hose geht es eigentlich nicht. Die Strickjacke… «
    »Die Jacke?« staunte ich. »Die wurde mir doch erst heute gemacht, scheint wohl der letzte Modeschrei zu sein, stimmt’s?«
    »Ja. Nur haben Sie sie unnötigerweise aufgebläht… Sie gestatten?«
    »Bitte«, sagte ich ganz leise. Sie lehnte sich aus ihrem Sessel heraus, schlug mit ausgestreckten Fingern leicht an meine Brust und schrie dann leise auf: »Was haben Sie denn da?«
    »Nichts - außer mir selbst«, antwortete ich mit einem schiefen Lächeln.
    Mit der Rechten umfing sie die Finger ihrer linken Hand und
    stand auf. Meine von einer bösartigen Genugtuung begleitete Ruhe erstarrte plötzlich zu Eis.
    »Setzen Sie sich doch wieder, bitte.«
    »Aber… ich bitte Sie vielmals um Entschuldigung, aber ich…« »Keine Ursache. Arbeiten Sie schon lange im ADAPT?«
    »Das zweite Jahr.«
    »So - und dies wäre der erste Patient?« Ich zeigte mit dem Finger auf mich selbst. Sie wurde ein bißchen rot. »Darf ich Sie etwas fragen?«
    Ihre Lider flatterten. Dachte sie, ich wollte ein Stelldichein mit ihr vereinbaren? »Selbstverständlich…«
    »Wie ist das wohl gemacht, daß man auf jeder Stadtebene den Himmel sehen kann?«
    Sie wurde lebhafter. »Das ist ganz einfach. Das Fernsehen - so hat man es früher genannt. An den Decken gibt es Bildschirme
    - sie übermitteln alles, was über der Erde ist, das Bild von Himmel, und Wolken… «
    »Diese Ebenen sind aber gar nicht sehr hoch«, meinte ich, »und dabei stehen dort Häuser mit vierzig Stockwerken…«
    »Eine Illusion«, lächelte sie, »nur ein Teil dieser Häuser ist reell; das Bild ist ihre Verlängerung. Verstehen Sie?«
    »Schon, ich kann ja verstehen wie, aber nicht wozu das so ist.«
    »Damit sich die Bewohner von verschiedenen Ebenen nicht benachteiligt fühlen - in keinerlei Weise…«
    »So«, sagte ich. »Na, das ist keine schlechte Idee… und noch etwas. Ich will mir Bücher besorgen. Können Sie mir da einiges aus Ihrem Gebiet empfehlen? Mehr so… kompilatorische Sachen.«
    »Wollen Sie denn Psychologie studieren?« staunte sie.
    »Nein, nur hätte ich gerne gewußt, was ihr hier in dieser Zeit getan habt.«
    »Dann würde ich Ihnen den Mayssen empfehlen«, sagte sie.
    »Was ist das?«
    »Ein Schülerlehrbuch:«
    »Ich möchte eher etwas Größeres. Kompendien, Monographien… Sachen aus erster Hand…«
    »Die dürften vielleicht zu… schwer sein.«
    Ich lächelte freundlich. »Vielleicht aber auch nicht. Worauf beruht denn diese Schwierigkeit?«
    »Die Psychologie hat sich arg mathematisiert…«
    »Ich auch. Bis zu dem Punkt, an dem ich vor hundert Jahren aufhörte. Braucht man inzwischen noch mehr?«
    »Sie sind aber kein Mathematiker?«
    »Beruflich nicht. Immerhin habe ich studiert. Auf dem >Prome-theus<. Es gab da… recht viel Freizeit, wissen Sie.«
    Erstaunt

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