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Transfer

Transfer

Titel: Transfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Lem
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Sie gewesen? Das war nicht nötig…«
    »Wieso nicht nötig?«
    »Das ist Schrott.«
    »Was?«
    »Schrott, zum Schmelzen, bereits nach der Selektion. Gehen wir?… Wir müssen noch das Protokoll unterschreiben.«
    »Moment. Wer führt sie durch, diese… Selektion?«
    »Wer? Die Roboter.«
    »Was?! Sie allein??«
    » Selbstverständlich.«
    Unter meinem Blick verstummte er.
    »Warum repariert man sie denn nicht?«
    »Weil sich das nicht lohnt«, sagte er langsam, mit einem AusdrUCk des Staunens.
    »Und was geschieht mit ihnen?«
    »Mit dem Schrott? Er wird dorthin befördert«, er wies auf den hohen, einsam stehenden Siemens-Martin-Ofen.
    Im Arbeitszimmer lagen auf dem Schreibtisch schon die vorbereiteten Papiere - Protokoll der Kontrolle, noch irgendwelche Wische-, Marger füllte die Rubriken der Reihe nach aus, schrieb seinen Namen darunter und reichte mir den Füller. Ich drehte ihn in den Fingern.
    »Und besteht da keine Möglichkeit eines Irrtums?«
    »Wie, bitte?«
    »Dort, in diesem… Schrott, wie Sie ihn nennen, könnte man wohl.., noch ziemlich leistungsfähige, brauchbare finden - meinen Sie nicht auch?«
    Er sah mich an, als ob er nicht verstünde, was ich da redete.
    »Ich hatte diesen Eindruck«, schloß ich langsam.
    »Aber das ist doch nicht unsere Sache«, erwiderte er.
    »Nicht? Wessen denn?«
    »Sache der Roboter.«
    »Wieso? Wir sollten doch kontrollieren.«
    »Ach, nein«, lächelte er, erleichtert, daß er endlich die Ursache meines Irrtums entdeckt hatte. »Das hat ja damit nichts zu tun. Wir kontrollieren die Synchronisation der Prozesse, ihr Tempo und ihre Effektivität. Wir kümmern uns nicht um solche Einzelheiten wie die Selektion. Das ist nicht unsere Sache. Außer der Tatsache, daß dies nicht nötig ist, wäre es übrigens auch nicht möglich, da auf jeden Lebenden heute achtzehn Automaten fallen, und davon beenden tagtäglich zirka fünf ihren Zyklus und kommen auf den Schrotthaufen. Pro Tag ergibt das eine Menge von zwei Milliarden Tonnen. Also sehen Sie selbst, daß wir dies nicht überwachen könnten. Ohne zu erwähnen, daß die Struktur unseres Systems eben auf einer umgekehrten Beziehung beruht: die Automaten sorgen für uns, nicht wir für sie…«
    Ich konnte ihm sein Recht nicht absprechen. Wortlos unterschrieb ich die Bogen. Wir wollten uns schon trennen, als ich -selbst für mich unerwartet- ihn fragte, ob man menschenähnliche Roboter produzierte.
    »Eigentlich nicht«, sagte er und fügte zögernd hinzu: »Seinerzeit machten sie uns etwas zu schaffen…« »Wieso?«
    »Na, Sie kennen doch die Ingenieure! In der Nachahmung sind
    sie schon so perfekt geworden, daß man gewisse Modelle nicht von einem lebendigen Menschen unterscheiden konnte. Manche Leute konnten das nicht ertragen.«
    Plötzlich erinnerte ich mich an die Szene auf dem Schiff, mit dem ich von Luna gekommen war.
    »Konnten es nicht ertragen?« wiederholte ich seine Worte.
    »War es vielleicht eine Art… Phobie?«
    »Ich bin kein Psychologe, aber so darf man es wohl nennen. Übrigens ist es schon lange her.«
    »Und es gibt keine solchen Roboter mehr?«
    »Doch, manchmal trifft man sie in Raketen mit einem kurzen Bereich. Sind Sie vielleicht auch auf so einen gestoßen?«
    Meine Antwort war ausweichend.
    »Werden Sie noch Ihre Angelegenheiten regeln können?«
    Seine Stimme klang besorgt.
    »Welche Angelegenheiten?«
    Die Erinnerung kam mir, daß ich zum Schein ja etwas in der Stadt erledigen wollte. Wir trennten uns am Ausgang der Station, wohin er mich begleitete. Unaufhörlich bedankte er sich, daß ich ihm aus einer großen Verlegenheit geholfen hätte.
    Ich irrte eine Weile durch die Straßen, ging ins Realon, kam wieder heraus, ohne auch nur die Hälfte einer Vorstellung abzuwarten, und fuhr in schlechtester Laune nach Klavestra. Etwa einen Kilometer vor der Villa schickte ich den Glider fort und ging den restlichen Weg zu Fuß.
    >Alles ist ja in Ordnung. Es sind Mechanismen aus Metall, Drähten, Glas, man kann sie zusammenlegen und auseinander-nehmen<, sagte ich mir. Aber ich kann die Erinnerung an jene Halle, an die Dunkelheit mit den zerrissenen Stimmen, an das verzweifelte Stammeln, in dem zuviel Bedeutung, zuviel ganz gewöhnliche Angst lag, nicht loswerden. Schließlich war ich Experte in solchen Dingen. Die heillose Angst vor einer plötzlichen Vernichtung war für mich keine Fiktion wie für die anderen, für diese vernünftigen Konstrukteure, die das Ganze so richtig gestaltet hatten. Die

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