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Transsibirien Express

Transsibirien Express

Titel: Transsibirien Express Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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nur ausrotten, aber nicht umerziehen. Sehen Sie zu, daß sie weg ist, wenn ich von der Toilette zurückkomme, Werner Antonowitsch.«
    Er schob die Tür auf, ging auf den Gang, blickte noch einmal zurück auf die schlafende Milda, zuckte mit den Schultern und entfernte sich.
    Werner Forster dachte gar nicht daran, Milda zu wecken. Vorsichtig beugte er sich über sie und küßte sie auf die Stirn. Sie rührte sich nicht, nur ihre Lider flatterten ganz leicht, als könnte ihr Körper seine scheue Zärtlichkeit verstehen.
    Bevor Karsanow zurückkam, erschien Boris Fedorowitsch Mulanow. Er legte grinsend den Finger auf die Lippen und steckte den Kopf durch den Türspalt.
    »Ich weiß Bescheid«, flüsterte er. »Klaschka hat mir gestanden, daß sie einen Lehrling mitgenommen hat. Etwas ungewöhnlich … So etwas habe ich noch nicht erlebt. Aber die Zeiten modernisieren sich im Eiltempo, man muß umdenken! Überall ist der Nachwuchs knapp. Guten Morgen, gospodin.«
    »Guten Morgen, Genosse Schaffner.«
    »Nennen Sie mich ruhig Boris Fedorowitsch.«
    Forster nickte. Er saß vor der schlafenden Milda wie ein Wachhund, der jeden wegbeißen würde, der ihr zu nahe kam.
    »Pal Viktorowitsch ist bereits jetzt wütend«, sagte er, »wundern Sie sich also nicht, Boris Fedorowitsch, wenn es gleich einen großen Krach gibt. Wenn Karsanow sich unflätig benimmt, werde ich ihn verprügeln.«
    »Das würde ich mir überlegen, gospodin.«
    Mulanow wiegte den runden Kopf, sein Schnauzbart hing traurig über die Lippen. Karsanow verprügeln, dachte er, o Mutter von Kasan, das wird Komplikationen geben!
    Sieben Jahre fahre ich diese Strecke ohne Zwischenfälle, jetzt wird es einen geben! Und was für einen!
    Ein Deutscher prügelt sich mit Karsanow. Ausgerechnet mit ihm!
    Wenn er mich ohrfeigte, gut, das wäre zwar ein Angriff auf einen Beamten, aber man könnte es hinunterschlucken. Doch Pal Viktorowitsch? Das würde eine pikante hochpolitische Affäre …
    »Sie werden sich anders einigen können, gospodin«, sagte Mulanow bittend. »Gut, gut, Milda ist ein hübsches Mädchen, jung und knusprig wie ein heißer Wecken im Backofen – aber deswegen gleich einen Streit mit Handgreiflichkeiten! Sie soll zu mir kommen, wenn sie wach ist, gospodin. Klaschka meint, sie wäre noch sehr unerfahren.«
    Mulanow mußte weiter. Im Wagen fünf, dem Luxuswagen mit den vornehmen Schlafabteilen, erwachten die Passagiere. Es war Mulanows Aufgabe, die Betten wieder in bequeme Polstersitze zu verwandeln.
    Im Speisewagen roch es bereits nach Tee und Kaffee. Die große Frühstückswelle wurde erwartet.
    Karsanow kam zurück. Mißmutig wie immer, sich wie jeden Morgen über seine chronische Verstopfung ärgernd, blieb er an der Tür stehen und zeigte mit ausgestrecktem Arm auf die schlafende Milda. »Die Hure ist ja immer noch da!«
    »Pal Viktorowitsch, mäßigen Sie sich!« antwortete Forster laut und deutlich. »Milda ist mein Gast!«
    »So kann man's auch nennen!« Karsanow betrat das Abteil und ließ die Tür offen. »Lüften Sie wenigstens. Es stinkt nach Weib!«
    »Sie sind ein streitsüchtiger Bulle, Karsanow!« sagte Forster hart. »Als wir uns kennenlernten, sagten Sie, wir müßten zehn Tage und Nächte miteinander auskommen. Leider … Wir können das nicht mehr ändern, es sei denn, ich tausche mit dem Operntenor, den der General nebenan erschießen will.«
    »Ich bedanke mich, Werner Antonowitsch.« Karsanow verzog sein Gesicht. »Ich würde ihn sofort erwürgen. Was singt er während der ganzen Fahrt, morgens zwei Stunden, nachmittags zwei Stunden? ›Wie eiskalt ist dies Händchen …‹ Wer kann das aushalten? Dann schon lieber so etwas …« Er nickte zu Milda hin und beeilte sich mit dem Anziehen. »Ich habe gerade darüber nachgedacht, Werner Antonowitsch, ob Sie das die ganze Zeit über durchhalten können …«
    »Man kann sich täuschen, Pal Viktorowitsch! Vor allem, wenn man ein Mädchen wie Milda trifft.«
    »Ein Rubeldämchen!«
    Im gestreiften Schlafanzug sieht man wenig respekteinflößend aus, das war Karsanow klar. Als er den Knoten seiner Krawatte geschlungen hatte, war seine Würde wieder perfekt.
    »Wie denken Sie sich den weiteren Verlauf?«
    »Das Abteil ist groß genug für drei.«
    Karsanow starrte Forster mit ehrlichem Entsetzen an. »Sie haben dieses Weib bis Wladiwostok gekauft?«
    »Natürlich!«
    Eine gute Idee, auf die er mich da bringt! dachte Forster. Warum soll man eine prasstitutka nicht für eine ganze Woche

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