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Transsibirien Express

Transsibirien Express

Titel: Transsibirien Express Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Männer! Noch sind sie nicht ausgestorben wie die Mammuts!«
    Er grüßte den General, stieg über Oleg Tichonowitsch hinweg und setzte sich neben Karsanow. »Sie geben mir den Glauben an Menschenmut zurück, gospodin«, wandte er sich an Forster.
    Der Deutsche schüttelte den Kopf und zeigte auf Karsanow. »Pal Viktorowitsch war's! Ihm mißfiel, daß ich Judo anwandte. Trotz Judo wäre es aber ein aussichtsloser Kampf gewesen, denn der Kerl hat die Stärke eines Bergrutsches.«
    »Sie?« Mulanow starrte Karsanow an.
    Wie ist das möglich, dachte er. Sieht aus wie eine Backpflaume und kann einen solchen Riesen umhauen? Welchen Trick hat er dabei benutzt? Man muß ihn danach fragen, wenn man allein ist.
    »Bitte, begeben Sie sich wieder in Ihre Abteile, Genossen!« sagte Mulanow und winkte allen zu. »Dieser niedergeschlagene Mensch hatte es auf Milda Tichonowna abgesehen. Aber auch ein Mädchen wie sie hat das Recht, sich die Männer auszuwählen! Bitte, gehen Sie doch in Ihre Abteile. Hindern Sie nicht eine Amtshandlung; der Bursche wird seine gerechte Strafe bekommen!«
    Jetzt erschienen auch Vitali Diogenowitsch, der Zugführer, und der zweite Schaffner Wladlen Ifanowitsch. Er trug Handschellen mit sich, die der Milizionär ihm gegeben hatte, falls man den Zugdieb erwischen sollte.
    Ein Schaffner hat zwar kein Recht, jemanden zu verhaften, aber hier lag ein Notstand vor; man konnte es verantworten. Die Leute drängten sich noch immer an der Abteiltür, als Wladlen und Mulanow dem ohnmächtigen Oleg die Arme nach vorn rissen und die Handschellen zuschnappen ließen. »Ich spreche allen Beteiligten mein Lob aus!« sagte der General würdevoll, während er sich zurückzog. »Ich werde an höherer Stelle berichten. Boris Fedorowitsch, gibt es auch Schlösser für tenorale Mäuler?«
    »Noch nicht erfunden, Genosse General!« sagte Mulanow mit saurem Lächeln. Nun ging es schon wieder los mit den beiden!
    »Ein Jammer!« rief der Tenor mit Heldenstimme. »Man sollte für alle höheren Offiziere einen Pflichtbesuch der Oper einführen …«
    Dann zerstreuten sich die Neugierigen. Der Expreß fuhr weiter durch die eisige Taiga.
    Die meisten Reisenden hatten keinen Blick für die Landschaft. Sie lasen, dösten, spielten Schach oder Karten, diskutierten über neue Jahrespläne, erzählten sich ihre Schicksale, rauchten oder tranken Tee.
    Ein paarmal tauchten tief verschneite Dörfer auf, Häuser, bei denen der Schnee bis zum Dach geweht war. Nur noch der gemauerte Kamin schaute aus einem weißen Hügel. Und manche Leute dachten: Wie kann man hier leben? Wovon leben hier die Menschen?
    Na ja, der Wald ernährt sie. Die Tiere springen einem ja fast in die Pfanne, in den Flüssen wimmeln die Fische, und wenn der Boden auftaut, wachsen auch Gemüse, Beeren und Kartoffeln. Man kann Felle verkaufen, überall gibt es die staatlichen Sammelstellen, zu den abgelegenen Siedlungen fliegen sogar kleine Transportflugzeuge … Aber ist das ein Leben?
    Sibirien … das jungfräuliche Land, noch immer ein Land voller Geheimnisse. Noch immer belastet von dem Stöhnen der Verbannten, auch wenn heute Tausende freiwillig in diese Unendlichkeit ziehen, um das Neuland zu erobern.
    Wie schön ist es, im warmen Zug zu sitzen und die Kälte und Einsamkeit draußen an sich vorbeiziehen zu lassen!
    In diesem Land zählt man keine Entfernungen mehr. Es heißt nicht, von Nowo Sansky bis Platschonowski sind es vierhundert Werst … Man sagt: es sind drei Schlittentage …
    Zu dritt richteten sie Oleg Tichonowitsch auf und lehnten ihn gegen die zugeschobene Tür.
    Er saß da, mit hängendem Kopf, und kam langsam wieder zu sich. Sein erster klarer Gedanke war, aufzuspringen, aber da hieb ihm der Zugführer Vitali Diogenowitsch, ebenfalls ein kräftiger Mann, auf die Schulter.
    Das machte den Riesen völlig wach. Er stierte um sich und begriff, daß er gefesselt war.
    Er blieb sitzen, was von einiger Klugheit zeugte, und beschränkte sich aufs Schimpfen. Die Ausdrücke, die er gebrauchte, waren nicht nur gemein, sie waren so unflätig, daß es sogar Mulanow peinlich war.
    »Soweit sind wir also in Rußland …«, schrie er beispielsweise, »daß man schon gefesselt wird, wenn man einer Hure das Geld nachträgt! Niedergeschlagen wird man wie ein kläffender Hund!« Er zerrte an den Handschellen und trat nach Wladlen, der in seiner Nähe stand. »Ich bin Oleg Tichonowitsch Dagorski! Ein qualifizierter Facharbeiter! Ha!«
    Er hatte Milda entdeckt, die sich

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