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Transzendenz

Transzendenz

Titel: Transzendenz Kostenlos Bücher Online Lesen
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meinte er natürlich Morag.
    »Gea und Rosa arbeiten daran. Ich glaube, ich werde mich später wieder damit befassen.«
    »Ich finde nach wie vor, dass du damit aufhören solltest.« Sein Gesicht war schon immer massiger, deutlich kräftiger gewesen als meines; seine Miene hatte noch nie so angespannt ausgesehen, dachte ich. Plötzlich wurde mir klar, dass ihn die Sache mit Morag weitaus mehr beschäftigte als Georges Krankheit.
    »Warum, John?«
    »Das haben wir doch alles schon durchgekaut. Es ist schlecht für dich. Es ist schlecht für Tom. Es ist schlecht für uns alle. Ich weiß nicht, was da vorgeht, was diese seltsamen Aufzeichnungen zu bedeuten haben. Aber es ist morbid, Michael. Das musst du doch einsehen. Es ist wie ein Loch, in das du dich selbst immer tiefer hineingräbst. Morag ist tot. Was immer mit diesen Bildern geschieht, es wird daran nichts ändern.«
    Ich starrte ihn an und versuchte, aus ihm schlau zu werden. Ich erinnerte mich an Rosas Worte, dass John in dieser Sache offenbar seine eigenen Interessen verfolgte – dass er etwas verbarg. »Bilder. Was für Bilder? Diese Erscheinung – was immer sie sein mag – ist real, John. Sie hat Fußspuren im Erdreich hinterlassen! Sie ist real, und wir müssen uns mit ihr auseinander setzen.«
    »Was immer sie sein mag, sie ist nicht Morag.«
    »Woher willst du das wissen? Weshalb machst du dir solche Sorgen, John? Warum willst du, dass ich die Finger davon lasse?« Ich wagte aufs Geratewohl einen Schuss ins Blaue: »Wovor hast du Angst?«
    Das brachte mir eine Reaktion ein. Er stand auf und stieß seinen Stuhl zurück, der sofort verschwand, als er keinen Kontakt mit seinem Körper mehr hatte. »Ich habe vor gar nichts Angst.«
    »Dann sag mir, was dich so beschäftigt.«
    Er zögerte einen Moment, als wäre er drauf und dran, etwas auszuplaudern. Dann schlug er sich mit der Faust in die Handfläche. »Verdammt, hätte ich dich doch bloß nicht zu Rosa geschickt. Diese alte Hexe ist an all dem schuld.«
    »Das ergibt keinen Sinn.«
    »Hör einfach auf damit«, sagte er.
    »Warum sollte ich?«, erwiderte ich kalt. »Und wenn du glaubst, du könntest der Sache irgendwie ein Ende machen, indem du den Geldhahn zudrehst: Das klappt nicht. Jetzt sind andere beteiligt. Gea finanziert die Untersuchungen aus eigenen Mitteln. Rosa ebenfalls. Du hast die Dinge nicht mehr unter Kontrolle, John.« Ich stand auf und trat einen Schritt auf sein Bild zu; ich versuchte bewusst, ihn zu provozieren. »Es ist nicht mehr aufzuhalten, ganz egal, was du willst oder was ich will. Ist das ein Problem für dich, John? Wovor hast du Angst?«
    »Du bist wirklich ein Mistkerl, Michael«, sagte er angewidert. »Du hast mir das ganze Leben verdorben, weißt du das? Willst du so weitermachen, bis einer von uns im Grab liegt? Ach, zur Hölle mit dir.« Er machte eine Handbewegung, unterbrach die Verbindung und verschwand.
    Ich blieb allein in meinem Zimmer zurück und starrte zornbebend und völlig verwirrt den leeren Raum an.
     
    Mittlerweile bin ich in Amalfi gelandet. Ich kann mich nicht dazu durchringen, nach England zurückzukehren – noch nicht –, und nach dem fremdartigen Ameisenhaufen, auf den ich in Rom gestoßen bin, ist es geradezu eine Wohltat, hier zu sein.
    Ich habe mir ein Zimmer in einem Haus an der Piazza Spirito Santo genommen. Unten ist eine kleine Bar, wo ich im Schatten des Weinlaubs sitze und Cola Light oder manchmal auch den hiesigen Zitronenlikör trinke; er schmeckt wie die mit Zitronenbrause gefüllten Bonbons, die ich mir als kleiner Junge in Manchester immer gekauft habe, nur zermahlen und mit Wodka gemischt. Der knurrige alte Barmann kann kein Wort Englisch. Schwer zu sagen, wie alt er ist. Die Blumenschalen auf den Tischen draußen sind mit Zweigbündeln gefüllt, die in meinen Augen verdächtig nach fasces aussehen, aber ich bin zu höflich, um ihn danach zu fragen…
    »Du musst das nicht lesen, wenn du nicht willst«, sagte George.
    Wir saßen in seinem Wohnzimmer. Meine VR-Präsenz war eine teure Projektion, sodass mein Hintern sich dankbar in einen von Georges etwas zu dick gepolsterten Lehnsesseln zu schmiegen schien. Es gab einige Andenken, Fotos und Ziergegenstände in dem Raum. Vielleicht ist solcher Krimskrams unvermeidlich, wenn man älter wird und die Jahre sich anhäufen. Aber die Geräte, die Softscreens und dergleichen, waren modern, die Möbel nicht allzu klapprig. Das Zimmer hatte keine besonders ältliche Atmosphäre.
    George hatte

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