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Transzendenz

Transzendenz

Titel: Transzendenz Kostenlos Bücher Online Lesen
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Himmel einer Hemisphäre aus, ein Anblick, den man nie wieder vergessen würde. Die entwickelte Welt war acht Tage lang paralysiert.
    Es war ein höllischer Schlag gewesen. Doch selbst jetzt, vierzehn Jahre später, wusste niemand genau, wer ihn geführt hatte. Eine anonyme Botschaft, die so genannte »Glückwunsch zum Jahrestag«-Notiz, war ans FBI geschickt worden. Man hielt es für möglich, dass sie sich auf den zweitausendsten Jahrestag der Kreuzigung Christi bezog. Vielleicht waren also Antichristen verantwortlich – oder eine christliche Sekte –, vielleicht wollten aber auch Terroristen, die entschlossen waren, so viel Ärger wie möglich zu machen, bloß Unfrieden stiften.
    Es gab jede Menge Leute, die Probleme mit dem Patronat hatten. Im Ausland nahmen viele den Vereinigten Staaten die plötzliche Kehrtwende vom schlimmsten Umweltverschmutzer der Welt zu einem neuen Gewissen des Planeten übel. Und zu Hause meckerten viele über unser neues Engagement für die Welt: Amerika sei »ein Riese, der sich Flohbissen geschlagen gebe«, wie es ein Gegner formulierte. Mit Sicherheit gab es damals also einen Haufen Leute, die in aufkeimendem Zorn gegen irgendjemanden oder irgendetwas losschlagen wollten. Es hätte jeder sein können. Aber die Vereinigten Staaten und die Welt erholten sich wieder. Der Bombenanschlag wurde als Weckruf behandelt. Die Jahre der nationalen Nabelschau waren vorbei, und Amerika stellte sich an die Spitze jenes umfassenderen Programms, das Amin schon immer ins Auge gefasst hatte.
    Nun sprach Barnette davon, dass sich das Patronat aus tieferen, bis zu Henry David Thoreau und John Muir zurückreichenden Traditionen der amerikanischen Umweltbewegung und aus Meilensteinen der Umweltgesetzgebung wie dem Gesetz zum Schutz bedrohter Arten speiste. Sie sprach ruhig und gelassen und schien mit jedem Wort den Geist Amins wachzurufen.
    »Ich höre heutzutage viele von Verzweiflung reden. Wir befänden uns in einem Flaschenhals, heißt es, wir lebten in einer Zeit größter Gefahr. Nun, vielleicht ist das so. Aber von Verzweiflung rate ich ab. Denn alle kommenden Zeiten werden im Schatten dessen stehen, was wir heute tun, und die Menschen der Zukunft werden auf unsere Generation zurückschauen und sagen, das waren Helden. Und sie werden uns beneiden…«
    Etwas lenkte mich ab. Ich glaubte, aus dem Augenwinkel erneut Morag zu sehen; lautlos wie ein Fisch in tiefem Wasser schlüpfte sie durch die Gruppe von VIPs.
    Und dann geriet alles aus den Fugen.
     
    Während Barnette weitersprach, erschien Gea zu meinen Füßen, ein kleiner Roboter, der lautlos über den grünen Teppichboden rollte. »Erschreckt nicht. Niemand außer dem Projektteam kann mich sehen. Wir haben ein Problem auf der Bohrinsel.«
    »Was für ein Problem?«
    Gea rief ein VR-Bild auf. Es erschien in einem leuchtenden Würfel zu unseren Füßen, einem Kasten aus Licht, wie ein Aquarium. Ein junger Mann stand auf einer Plattform aus Metall. Sein zehn Zentimeter großes Bild war sehr detailliert; ich konnte die Nieten in den Platten unter seinen Füßen sehen, wie Stecknadelköpfe. Er hielt einen Zylinder in der Hand, aus dem Drähte ragten. Er war kaum mehr als ein Kind, erkannte ich, sogar noch jünger als Tom, und er war nervös; man sah, wie er schwitzte.
    Wir standen im Kreis und schauten auf dieses Ding hinab, ich, Shelley, John, Tom, Sonia, Vander. Andere wurden von unserem Verhalten abgelenkt. Jack Joy kam wie aus dem Nichts herbei und gesellte sich zu unserer Gruppe. Er beobachtete uns misstrauisch, aber ich war davon überzeugt, dass er die Aquariums-VR nicht sehen konnte. Barnette redete weiter, in kühnen, leuchtenden Farben, und zog nach wie vor die Aufmerksamkeit der meisten Leute auf sich; vielleicht hatte auch sie gehört, was los war, und tat das Ihre, um alles zusammenzuhalten.
    »Das verstehe ich nicht«, flüsterte Tom. »Was hält er da in der Hand?«
    »Einen teilweise zerlegten Maulwurf«, sagte ich. »Der Nasenkegel fehlt, das Bohrgewinde.«
    Sonia starrte mit scharfen Augen hinunter. »Über die Technologie weiß ich nichts, aber die Szenerie ist eindeutig. Ich hatte ein Dutzend Mal mit so etwas zu tun. Ich sehe es an seiner Haltung, seiner Körpersprache. Er ist ein Selbstmordattentäter.«
    Ich glaube, tief drinnen wussten wir es alle. Aber es aus Sonias Mund zu hören, in ihrer präzisen Soldatenstimme, war etwas anderes.
    »Er ist einer unserer Techniker«, flüsterte Shelley. »Ich glaube, wir waren nicht

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