Trapez
nacheinander über seinen Vater sprangen, um auf ihre Plätze zu gehen.
Zane posierte in der Mitte der Löwenpyramide, zwei auf jeder Seite, und Tommy atmete tief ein und beobachtete den Käfigjungen bei seiner Arbeit. Er hatte diesen Job nur einmal versucht, dann hatte sein Vater zugegeben, dass Dompteure geboren und nicht gemacht werden.
Und er gab seine Hoffnung auf, dass Tommy in seine Fußstapfen träte.
Das Tableau löste sich auf, als Tom Zane mit der Peitsche knallte, und nacheinander sprangen die Löwen von ihren Podesten herab und rannten zurück auf ihre Plätze.
Der Käfigjunge hob die Falltür, und eine nach der anderen liefen die großen Katzen mit dem ihnen eigenen wiegenden Gang zurück zur Tür. Tommy hörte plötzlich Pick Leighty stöhnen: »Oh, mein Gott!« und sah ihn losrennen. Prince war durch die Falltür gegangen, hatte sich dann plötzlich umgedreht, bevor der Käfigjunge sie hinter ihm zumachen konnte, und war zurück in die Manege gelaufen. Er legte seine Ohren an und bewegte sich langsam und knurrend auf Tom Zane zu. Er beachtete die gebrüllten Befehle nicht, sogar das Peitschenknallen neben seiner Schnauze nicht. Tom Zane berührte seine Katzen nie wirklich mit dem Ende der Peitsche, aber es hätte sie nicht verletzt, wenn er es getan hätte. Es war ihre Angst vor dem Geräusch der Peitsche, die sie normalerweise unter Kontrolle hielt – das und die Leckerbissen, die er ihnen gab. Er rief wieder, aber Prince kam näher. Pick Leighty und Angelo liefen jetzt auf die Manege zu. Unvermeidbar, mit einem Satz, der Tommy durch und durch ging, sprang Prince zu. Tom Zane wich aus. Er griff den Stuhl, den er benutzte, um ein gelegentlich unruhiges Tier abzuwehren, ging kreisend zurück, aber als ihn das Gewicht des Löwen voll traf, ging er zu Boden.
Die Kapelle hatte schon zum lauten Eingangstusch für den nächsten Akt angesetzt. Angelo und Pick waren innerhalb des Käfigs. Tommy lief zur Manege. Sein Vater stand jetzt auf seinen Fü ss en, Blut spritzte durch seine weißen Leinenhosen. Prince knurrte und peitschte mit dem Schwanz.
Jemand hielt Tommy an der Schulter fest. »Um Gottes willen, geh nicht da raus, Tom!« Mario ri ss Tommy hart zurück, aus dem Blickfeld der Manege. Ein Dutzend Requisiteure und Hilfskräfte drängten sich um den großen Käfig und schirmten ihn vor dem Publikum ab, und die Elefanten wurden in den Ring um die Manege getrieben.
Tommy kämpfte, um besser sehen zu können und sah, dass sein Vater wieder am Boden lag. Seine Mutter lief auf die Manege zu, und Tommy konnte wieder klar denken; die Übelkeit in ihm schlug sich in einem Gefühl der Trostlosigkeit und Verlassenheit nieder. Er packte seine Mutter an der Taille.
»Mama! Geh da nicht raus, bitte…«
»Tommy, was ist passiert?« Sie sah sehr bleich aus, und zum ersten Mal bemerkte er flüchtig, mit plötzlichem Schreck, Ich bin grö ss er als sie. Er hielt sie an sich und beschützte sie, wie es Mario mit ihm gemacht hatte.
»Sieh nicht hin«, sagte er, »du kannst nichts tun. Prince ist auf ihn gesprungen…« Er sah immer noch den schrecklichen, roten Fleck auf den weißen Hosen.
»Nein, la ss mich gehen«, sagte Elizabeth Zane schnell.
»Ich muss gehen, Tommy! Ich kann mit den Katzen besser umgehen als Cardiff. Und wenn ich da jetzt nicht rausgehe, erschießen sie Prince wahrscheinlich …«
Sie befreite sich schnell aus seinen Händen und lief durch den Artisteneingang in die Manege. Es war noch keine sechzig Sekunden her, dass Prince zum ersten Mal gesprungen war. Das Publikum machte ein angespanntes, undefinierbares Geräusch, wahrnehmbar über dem fröhlichen Lärm der Kapelle. Tommy konnte seinen Vater jetzt sehen. Er war im Sicherheitskäfig mit Angelo, und seine Mutter war im großen Käfig mit Jeff Cardiff. Zusammen trieben sie die Katze zurück zur Falltür; Cardiff mit dem Stuhl, Beth Zane mit einer Stahlstange fest in den Händen. Tommy ging einen Schritt auf die Manege zu. Angelo und Pick Leighty halfen Tom Zane auf die Füße . Das ganze Oberteil des weißen Kostüms war dunkelrot, rote Streifen hingen herunter, die zerrissener Stoff oder Fleisch sein konnten, und sein nach vorn hängender Kopf pendelte erschreckend haltlos. Nach einem Schritt brach er in Angelos Armen zusammen.
Tommy bemerkte, dass Mario ihn mit unnachgiebigen Fingern ergriff, die sich auf seinen Armen wie Stahl anfühlten.
»Du gehst nirgendwo hin«, sagte Mario durch seine Zähne. »Du hast vielleicht zehn
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