Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Trapez

Trapez

Titel: Trapez Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
Vom Netzwerk:
nein, das werde ich nicht tun«, weigerte sich Angelo. »Es ist nicht anständig oder richtig, dass er aufgeschnitten und verstümmelt wird; nachdem er tot ist.« Erst nachdem ein katholischer Priester, ein Polizeikaplan, gekommen war, um mit ihm zu sprechen, unterzeichnete er widerwillig das Zustimmungsformular. Tommy fand einen Moment, um Mario zuzuflüstern, dass Stella die Familie angerufen hatte.
    Die Essenszeit kam und ging, aber keiner der Santellis hatte Zeit, ins Küchenzelt zu gehen und wollte es auch nicht. Papiere mussten unterzeichnet werden, der Polizeikaplan blieb, um Angelo durch die schrecklichen Formalitäten zu helfen. Die Polizei kam zurück und stellte Angelo ein paar mehr Fragen, diesmal gnädigerweise im Büro, nicht vor den Augen und Ohren der anderen im Umkleidezelt. Für Tommy fügte diese Befragung eine groteske, fast unanständige Note hinzu, weil er hören mu ss te, wie Detektive in Zivil sie alle befragten, ob Angelo sich gut mit seinem Vater verstanden hatte. Schließlich fragten sie auch Angelo selbst auf unverschämte Weise.
    »Wie steht’s, Santelli? Standest du mit dem alten Mann auf gutem Fuß , hm? Habt ihr euch viel gestritten?«
    Angelos Gesicht sah immer noch grau und gequält aus.
    »Nein, Papa und ich sind immer gut ausgekommen.« Und dann war verspätet der Schock in seinem Gesicht zu sehen.
    »Dio mio! Sie meinen, dass ich ihn hätte verletzen können? Ich, sein Sohn?«
    »Das passiert«, sagte der Polizist uninteressiert. »Wir haben viele Fälle, wo ein Sohn seinen Alten loswerden will, und es sieht so aus, als hätten Sie eine gute Gelegenheit dazu gehabt. So ein alter Mann in einem so gefährlichen Akt…«
    Angelo starrte nur und bekreuzigte sich. »Dio! Habt ihr Leute keinen Anstand?« explodierte er, und Tommy hatte Angst, dass er wieder in Tränen ausbrechen würde. Aber er schaffte es, sich zusammenzureißen .
    »Ich habe meinen Vater geliebt«, sagte er schließlich , als er seine Stimme festigen konnte. »Mein ganzes Leben habe ich mit ihm gearbeitet – wie lange? Seit ich ein kleiner Junge von zwölf Jahren war. Und seit mein kleiner Bruder Joe mit meiner Schwester in die Manege gestürzt ist, bin ich sein Fänger gewesen. All diese Jahre – all diese Jahre…«, wiederholte er. »So viele Jahre habe ich ihn in der Nummer gefangen, und Sie glauben, Sie wagen zu glauben, dass ich Papa weh tun könnte …!«
    Tommy hatte niemals auch nur eine Spur von Akzent in Angelos rauer Stimme gehört, aber jetzt kam er durch, fast so stark wie Papa Tonys. »Gott vergebe Ihnen diesen bösen Gedanken. So wie er mich heute hier gestraft hat.
    Es ist schwer genug zu wissen – zu wissen, dass Papa hier gestorben ist – in diesen Händen – auch ohne das…« Er verbarg sein Gesicht in seinen Händen und war still.
    Der Priester, der hinter ihm stand, beugte sich herunter und sagte etwas auf Italienisch zu Angelo, und Angelo antwortete in derselben Sprache. Der Detektiv wurde unruhig und meckerte: »Kann er nicht englisch sprechen?
    Vor ein paar Minuten konnte er es sehr gut. Was hat er gesagt, padre?«
    Der Priester sah den Detektiv unwirsch an. »Was er gesagt hat, Sir, war bloß : Versuchen Sie, Ihnen zu sagen, wie gern ich mich an seiner Stelle von Gott hätte rufen lassen.«
    Der Detektiv trat von einem Fuß auf den anderen. »Ich hab’ mit ein paar der anderen Leute auf dem Platz gesprochen. Sie sagten, der alte Mann hätte euch alle ziemlich hart rangenommen.« Er sah sich das kleine kahle Büro an, vor dem Fenster die Zeltstadt, die Karussells auf dem Rummelplatz, die sich dahinter erhoben, den unordentlichen Platz. Tommy konnte die Geringschätzung, die Befremdung in seinem Gesicht sehen. Der Polizist verachtete sie, verachtete sie alle. Sie waren eine andere Rasse, fremd, nicht se ss haft, am anderen Ende der Welt der respektablen, soliden Bürger der Stadt. Sie waren zu allem fähig. Zum Schlu ss zuckte der Detektiv die Achseln.
    »Ich tue bloß meine Pflicht, Mr. Santelli. Könnte auch ein Unfall gewesen sein. So oder so kein Beweis.« Damit verließ er das Büro.
    Später kam James Woods zu ihnen ins Umkleidezelt, wo die Männer der Show sich für die Abendvorstellung bereitmachten. Er sah in Angelos betrübtes Gesicht.
    »Sieh mal, bist du sicher, dass du heute Abend auftreten kannst, Angelo? Ich kann die Santellis für heute Abend absagen, wenn du willst.«
    Sie wu ss ten alle, was er dachte. Ein Junge von der örtlichen Presse mit einer Kamera, hatte den

Weitere Kostenlose Bücher