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Trapez

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Titel: Trapez Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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Angelo, der so was nie vertragen konnte, kam runter und versohlte sie. Liss wurde hysterisch und schrie das ganze Haus zusammen, und Lucia kam dazu und Nonna, und Lu schlug Liss mit einem nassen Handtuch. Alles in allem, es war der Krach des Jahres. Liss war genug bestraft, als sie nach oben ging, und nachdem sie sich beruhigt hatte, erteilte ihr Papa Tony seine Lektion Nummer Drei – die über Disziplin und Selbstkontrolle – und sperrte sie eine Woche lang für den Übungsraum. Das ist die nächste Stufe zu dem, was der alte Mario immer ›angemessene Bestrafung‹ genannt hat. Eine Stufe ernster, als das übliche Fu ß bodenbohnern oder Taschengeldsperre. Na ja, als sie dann am nächsten Tag von der Schule nach Hause kam, schlich sie in Angelos Zimmer und heftete dies hier unter seinen Bademantel, und als er dann nach der Probe du schen ging, fand er es, und man konnte ihn im ganzen Haus lachen hören. Wir haben alle sehr darüber gelacht, und ich glaube, dass Lucia sich sogar Angelo vorgeknöpft hat dafür, dass er jemand in Liss’ Alter übers Knie gelegt und wie ein Baby verhauen hat. Sie wurde zum ersten-und letzten Mal in der Familiengeschichte gesperrt, und Angelo brachte das dann hier runter und hängte es an den Ehrenplatz. Seitdem ziehen wir ihn immer mit der ›Flugund Besserungsanstalt‹ auf.«
    »Das muss ja ‘ne tolle Type sein, deine Schwester.«
    »Ist sie auch.« Mario trat gegen den Kleiderhaufen.
    »Los, fangen wir an. Nächstes Jahr kann ich diese ganze Arbeit auf dich abschieben, und ich nehme an, du wirst sie am Hals haben, bis Clay groß ist.«
    Er hob eine Handvoll schwarzer Trikothosen auf, verwickelt wie ein Schlangenknäuel, und warf sie Tommy zu. »Hier, sieh die mal auf abgetragene Stellen und Mottenlöcher durch. Wenn’s keinen Zweck hat, wirf sie in diesen Karton für den Lumpensammler. Wenn sie ein paar dünne Stellen haben, leg sie hier rüber, dann können sie Lucia und Liss – wenn sie hier ist – fürs Training flicken.«
    Tommy setzte sich, die Hosen im Scho ss . Sie rochen muffig, aber durch den Mottenkugelgeruch hindurch hing über ihnen der altbekan nte Geruch von Talkum, Sägespä nen und Schweiß , der Ge ruch seiner Kindheit. Mario sor tierte einen Haufen Sportund Ballettschuhe.
    »Angelo hätte die schon letztes Jahr wegwerfen sollen«, sagte er und warf ein Paar getragene Ballettschuhe in die Lumpenkiste. »Hast du dich richtig in der Schule angemeldet? Einer von uns hätte mitgehen sollen.«
    »Es war okay. Sie haben mich in die zweite Klasse der High School gesteckt.«
    »Wann bist du fertig nachmittags? Gegen drei?«
    »Ja, darüber wollte ich no ch mit dir reden. Mrs. Santelli – ich meine deine Mutter – ist ja eigentlich Mrs. Gardner, nicht?«
    Er brach ab und erinnerte sich an die Begegnung vor ein paar Minuten auf de m Flur oben, als er seinen Stun denplan erklärt hatte. Sie hatte mit einer ihrer hübschen und bestimmten Gesten gesagt: »Oh, Tommy, jeder hier, bis zu meinem Enkel, nennt mich Lucia. Warum solltest du die einzige Ausnahme sein?«
    Er hatte Bedenken geäußert . »Irgendwie ist es nicht höflich, Mrs. Santelli – ich meine, Mrs. Gardner …«
    Und sie hatte mit ihrem leisen Lachen gesagt: »Siehst du, was ich meine? Es ist sonst viel zu kompliziert.«
    Aber die leise Stimme hatte eine unumstößliche Autorität.
    Er wiederholte das jetzt für Mario. »Ich weiß nicht, es ist nur – na ja, nicht respektvoll. Meine Mutter würde einen Anfall kriegen. Soll ich wirklich?«
    »Wenn sie es will, warum nicht? Das machen wir alle.
    Angelo meint, dass mein Vater auch immer Anfälle bekam. Als Liss noch ein Kleinkind war und gerade sprechen lernte, machte Lu es ganz deutlich, dass sie nicht Mama gerufen werden wollte, und wir sind alle damit aufgewachsen, sie Lulu zu nennen. Und Papa Tony war für uns immer nur Papa. Ich glaubte, dass er vor Schreck stirbt, wenn irgendjemand , und sei es Clay, Großvater zu ihm sagt. Warum streiten? Nenn sie, wie sie genannt werden will. Das scheint mir wirklich höflich zu sein.«
    »Sieht so aus«, stimmte Tommy zweifelnd zu. »Na ja, sie hatte mir angeboten, mich heute Morgen zur Schule zu bringen, aber ich hab’ gesagt, ich könnte selbst gehen.
    Alle Schulen haben Schichtunterricht, und mich haben sie für morgens eingeteilt.«
    » Großartig «, sagte Mario. »Ich kann meinen Job in der Ballettschule ein paar Wochen länger behalten. Wenn du nachmittags zur Schule gehen würdest, würde Papa Tony wollen,

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