Trattoria Finale
der in den nächsten Tagen einen Mann umbringen wird, der zur Zielscheibe diverser Geheimdienste geworden ist? Unbezahlbar!«
»Ach, kommen Sie. Sie erhalten eine Anzahlung, und wenn Barschel den Untersuchungsausschuss lebend verlässt, eine fette Prämie. Machen Sie ein faires Geschäft. Was riskieren Sie?«
»Unser Leben«, meinte Ettore. »Und das macht uns gerade ziemlich viel Spaß. Aber wir sind ja gar nicht so. Deshalb würde ich sagen: Zweihunderttausend Deutschmark nicht zurückzahlbarer Vorschuss sofort in bar, noch einmal dieselbe Summe, wenn wir das Attentat verhindern können.«
»Einverstanden. Das liegt innerhalb meines Budgets.«
»Gut. Dann sagen wir den Südafrikanern ab.«
»Fein. Treffen wir uns um zwanzig Uhr am Flughafen?«
»Passt. Sie können schon für uns buchen.«
Der Dampfer legte in Küsnacht an. Jacques und Ettore gingen an Land, während Griessen an Bord blieb und Richtung Thalwil weiterfuhr.
Dirk Stoffberg stellte eindrucksvoll unter Beweis, zu welch einer dummen Physiognomie er fähig war. »Wie? Ihr bestellt mich auf diesen blöden Hügel hoch, und dann gebt ihr mir einfach die Unterlagen zurück?«
»Ja.«
»Braucht ihr mehr Informationen?«
»Nein.«
»Wollt ihr mehr Geld?«
»Nein.«
»Was wollt ihr denn?«
Ettore war einen Moment versucht, darauf mit dem Namen eines fröhlich-frechen Kaubonbons zu antworten. Doch er verkniff es sich, weil der Südafrikaner dies ohnehin nicht verstehen würde. »Wir haben einfach keine Lust, diesen Mann zu töten. Der Job hat keinen Kick, verstehen Sie? Und das Risiko ist zu hoch. Dem zu erwartenden Fahndungsdruck zu entgehen, ist ein zu hoher Aufwand für einen so langweiligen Auftrag.«
»Quatsch, Fahndungsdruck«, knurrte der Waffenhändler. »Ich versichere Ihnen, noch nicht einmal die deutschen Behörden, sogar ganz besonders die deutschen, werden keinen besonderen Aufwand betreiben.«
»Unsinn.«
»Kein Unsinn. Ich sagte ja, mir stehen die besten Geheimdienst-Informationen zur Verfügung. Also – was ist? Machen Sie den Job? Ich würde sehen, welches Budget ich rausschlagen kann.«
»Lassen Sie mal stecken«, sagte Jacques. »Wir haben uns entschieden, den Job nicht zu machen. Alles Gute.«
Stoffberg schüttelte den Kopf. »Meine Auftraggeber werden darüber sehr erbost sein. Ich kann nicht dafür garantieren, dass deren Zorn nicht auf Sie zurückfällt. Ein Nein wird vielleicht nicht ohne Konsequenzen akzeptiert werden.«
Ettore lächelte hintergründig und strich seine langen Haare langsam und gründlich nach hinten. »Guter Mann«, sagte er dann leise. »Niemand, der uns je gedroht hat, ist heute noch am Leben. Wollen Sie wirklich versuchen, der Erste zu sein?«
Der Südafrikaner hob abwehrend beide Hände. »Ich bin nur der Bote. Nur der Bote.«
»Dann husch, kleiner Bote«, sagte Jacques und machte eine Handbewegung, als wolle er ein lästiges Tier verscheuchen. »Husch, hinweg und überbringe die Nachricht: Ettore Violenza und Jacques Assaraf suchen sich ihre Arbeit sehr genau aus. Und hier haben sie Nein gesagt.«
»Habe ich verstanden«, brummte Stoffberg. »Ich hoffe, wir sehen uns niemals wieder. Tot oder lebendig.«
»Welch sinniger Abschied«, stimmte Ettore zu. »Das wäre fein.«
»Ah – Gran Canaria!«
Ettore stieg die Gangway hinunter und blinzelte in die Sonne.
»Endlich wieder richtige Wärme«, schwärmte auch Jacques.
»Wir hätten doch in der Schweiz die lachhaften neunzehn Grad beinahe als angenehm empfunden. Vielleicht sind wir schon richtige Deutsche?«
»Spätestens jetzt sind wir es wohl«, antwortete Ettore. »Willkommen in Las Palmas.«
Ein Fahrer erwartete sie bereits, um sie zu der Ferienhaussiedlung Villa Atlantica bei Bahia Feliz zu bringen. Ettore wies den Mann an, die Küstenstraße zu nehmen, um einen Ausblick aufs Meer zu haben. Es war abzusehen, dass sie ansonsten davon nicht allzu viel mitbekommen würden. Eine gute halbe Stunde waren sie unterwegs. Himmel, Sonne und Meer. Die Welt schien nur aus orange und blau zu bestehen. »Schade eigentlich, dass wir nur hier sind, um jemanden aufzuspüren und kaltzumachen«, sagte Jacques. »Urlaub wär schön, nicht wahr?«
»Sollten wir demnächst wirklich mal machen«, antwortete Ettore. »Oder ganz aufhören und endlich unsere Trattoria eröffnen. Wer weiß, wie lange wir dieses Geschäft noch ausführen können.«
»Liebchen, spürst du das Alter?« Jacques grinste Ettore an.
»Vielleicht.« Dann fügte Ettore noch hinzu:
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