Trau dich endlich!: Roman (German Edition)
wieder ab.
Erst jetzt bemerkte sie, dass Gabrielle vor ihrer Nase mit den Fingern schnippte, um ihre Aufmerksamkeit zu erregen – anscheinend nicht zum ersten Mal.
»Wie ich sehe, hat Richard bei seiner Kampagne die heiße Phase eingeläutet«, sagte Gabrielle.
Sharon nickte. »Der Wahlkampf verschlingt ihn förmlich. « Statt dass ich ihn verschlinge, dachte sie bei sich.
»Statt dass du ihn verschlingst.«
Sharon legte lachend den Stift beiseite.
»Was gibt es da zu lachen?«, fragte Gabrielle.
»Du hast meine Gedanken gelesen.«
»Gehört sich das nicht so unter Freundinnen?«
Sharon nickte. »Ja, und ich bin heilfroh, dass ich dich habe.«
»Es wird alles besser, sobald wir diese Mary Perkins endlich los sind. Diese Frau macht ganz schön viel Ärger«, sagte Gabrielle mit belegter Stimme.
Sharon sah ihr in die Augen. »Und zwar nicht nur mir, oder?« So sehr sie mit ihren eigenen Problemen zu kämpfen hatte, Sharon hatte nicht vergessen, dass Gabrielle mindestens genauso betroffen war wie sie.
»Tja, in der Tat. Aber darauf wollte ich gar nicht hinaus. Im Augenblick reden wir über dich. Du hast gesagt, es stört dich, dass Richard dich mit Samthandschuhen anfasst und dich behandelt wie ein rohes Ei. Dann schlage ich vor, du zeigst deinem Verlobten dein wahres Ich.«
Sharon hob eine Augenbraue. »Du meinst …?«
»Kauf dir ein paar scharfe Dessous! Leg einen Striptease hin! Zeig ihm, dass du nicht so zerbrechlich bist, wie er glaubt.« Gabrielle wackelte lachend mit dem Oberkörper.
»Dann fällt er womöglich in Ohnmacht.« Sharon konnte sich Richards Reaktion lebhaft vorstellen.
Gabrielle zuckte die Achseln. »Vielleicht ist er aber auch erleichtert. Wie dem auch sei, danach weißt du wenigstens, wo du dran bist, und kannst dich wieder auf eure Gemeinsamkeiten konzentrieren, und nicht auf die Unterschiede. «
»Oder auf die Vergangenheit.« Das Foto und die Erpressung standen noch immer zwischen ihr und ihrem Verlobten.
Gabrielle winkte ab. »Die wird bleiben, wo sie ist, wenn wir erst …«
»… Mary Perkins los sind«, sagten sie im Chor und lachten.
»Weißt du was? Wir lassen jetzt dein Budget und mein Buch einfach mal links liegen und gehen shoppen.« Gabrielle sprang entschlossen auf.
Sharon schob ihre Unterlagen zu einem Stapel zusammen. »Klingt vernünftig. Victoria’s Secret?«
Gabrielle nickte. Victoria’s Secret war ihr Lieblingsladen.
»Aus deinem energischen Blick schließe ich, dass dieser Einkauf weniger mit meinen Problemen zu tun hat als mit deinen.«
Gabrielle seufzte tief. »Ich fürchte, ich habe Derek weit mehr Kummer als Freude bereitet, seit ich wieder hier bin.« Sie rieb sich die Augen.
Weinte sie etwa? Gabrielle war zwar ein emotionaler Mensch, aber Tränen vergoss sie eher selten.
»Warum? Was ist los?«
»Ach, seine Ex hat damit gedroht, das alleinige Sorgerecht zu beantragen, weil er Holly einer Gefahr ausgesetzt hat, indem er sich mit mir eingelassen hat. Und dass demnächst diese Filmcrew kommt, macht die Sache nicht unbedingt besser. Im Gegenteil. Ich weiß, ein dämliches Negligé macht das alles nicht ungeschehen, aber im Moment fällt mir keine andere Art der Entschuldigung ein.«
Sharon schüttelte den Kopf. »Ich hab’s doch geahnt; ich bin beileibe nicht die Einzige, die Sorgen hat.« Sie drückte Gabrielle an sich. »Derek weiß doch, dass du nichts dafür kannst. Sagst du nicht immer genau dasselbe zu mir, was Richard angeht?«
»Mit einem Unterschied: Ich habe diese Filmcrew wissentlich herbestellt und damit die Gefahr um ein Vielfaches erhöht. Und Derek ist fest davon überzeugt, dass etwas Schreckliches passieren wird, sobald er sich verliebt.« Gabrielle räusperte sich. »Tja, diese Suppe muss ich jetzt wohl selber auslöffeln.«
Es gab leider nichts, womit Sharon ihre Freundin hätte trösten können, denn Gabrielle hatte Recht. Abwarten und Tee trinken hieß jetzt die Devise.
Derek hatte Gabrielle angeschwindelt. Sein Scheidungsanwalt lebte natürlich nicht in Stewart, sondern in Manhattan, wo auch Derek damals noch gewohnt hatte. Aber er hatte das dringende Bedürfnis nach etwas Abstand verspürt – Abstand von Gabrielle und von seinen Gefühlen für sie, die ein derartiges Chaos waren, dass er kaum noch klar denken, geschweige denn eine vernünftige Entscheidung treffen konnte.
Er war eine Weile
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