Trau dich endlich!: Roman (German Edition)
dieses Thema bist du noch etwas zu jung«, wandte er sanft ein. So rechthaberisch und unverblümt er ansonsten auftrat, respektierte er doch Dereks Vaterrolle. »Und was interessieren dich schon Flüche und dergleichen? Kümmere dich lieber um Fred, solange ich weg bin; er freut sich so, dass du hier bist.«
Holly stemmte die Fäuste in die Hüften und runzelte die Stirn. »Du glaubst doch nicht etwa, ich wüsste nicht über den Corwin-Fluch Bescheid?«
»So, so. Was weißt du denn, und woher?«, fragte Derek.
»Alles weiß ich!«, sagte sie reichlich blasiert und verdrehte die Augen. »Mom hat mir erzählt, dass vor langer Zeit eine Hexe namens Mary die Corwin-Männer verflucht hat, und dass sie seither alles verlieren, sobald sie sich verlieben«, sagte sie nüchtern. »Genau wie du.«
»Wann hat sie dir das erzählt?«, wollte er wissen.
»Neulich, als ich meine Koffer für die Reise zu dir gepackt habe.«
Interessant. Offenbar hatte die zweite Ehe eine so besänftigende Wirkung auf seine Ex gehabt, dass sie inzwischen geneigt war, das Scheitern der ersten eher auf den Fluch zu schieben als auf die Tatsache, dass Derek den Workaholic gespielt hatte.
»Was ist jetzt, darf ich Grandpa begleiten? Bitte!«
Derek stöhnte. Da sie bereits eingeweiht war, musste er zu gegebener Zeit wenigstens ein klärendes Gespräch weniger führen, doch was den heutigen Abend anging, war er noch immer dafür, dem Vortrag fernzubleiben. »Glaubst du denn an den Fluch?«, fragte er Holly.
Sie spitzte nachdenklich die Lippen. »Keine Ahnung. Es kommt mir irgendwie albern vor, aber andererseits sind Tante Ruthie und Tante Allison noch glücklich verheiratet. Bloß die Männer in deiner Familie kriegen es nicht auf die Reihe.«
Derek verzog das Gesicht. »So kann man es auch nennen. Aber du weißt ja, wie gemein manche Leute sein können. Sie setzen Gerüchte in die Welt und sagen Dinge, die sie nicht sagen sollten.«
Holly nickte.
»Und genau deshalb will ich nicht, dass du zu diesem Vortrag gehst. Warum sollten wir auch noch hingehen und uns die Tratschgeschichten über unsere Familie anhören?«
»Na, weil es um uns geht, Dad! Wir können sagen, wie es wirklich ist, oder dafür sorgen, dass sie nette Dinge über uns erzählen.«
Wenn es doch nur so einfach wäre, dachte Derek.
»Ich finde, die Kleine hat Recht. Wir sollten da hoch erhobenen Hauptes hingehen«, sagte Hank. »Vielleicht hält sie das wenigstens davon ab, Lügen zu verbreiten.«
Derek rieb sich die Augen.
»Ach, bitte, Daddy«, bettelte Holly und klimperte erneut mit den Wimpern.
Dagegen war er genauso machtlos wie gegen den Sturschädel seines Vaters und seinen eigenen brennenden Wunsch, Gabrielle wiederzusehen.
Gabrielle war bewusst früh genug in der Bücherei eingetroffen. Sie hatte sich angewöhnt, vor jedem öffentlichen Auftritt den Saal, in dem sie sprechen sollte, ein wenig unter die Lupe zu nehmen und den Raum auf sich wirken zu lassen. Dann hatte sie weniger Lampenfieber. Wie vielen ihrer Schriftstellerkollegen war es ihr lieber, hinter dem Computerbildschirm zu sitzen als vor einer Menschenansammlung. Gabrielle machte es nicht ganz so viel aus, im Mittelpunkt zu stehen wie so manchem anderen, sofern sie davor genügend Zeit hatte, sich seelisch darauf einzustellen.
Sie stand auf dem kleinen Podium und überflog gerade noch einmal ihre Notizen, als die ersten Zuhörer kamen – eine ältere Dame in Begleitung einer jungen Frau mit einem Notizblock in der Hand. Gabrielle kannte sie beide nicht.
»Sind Sie Gabrielle Donovan, die Autorin?«, erkundigte sich die ältere Dame.
Gabrielle schob ihre Zettel zu einem ordentlichen Stapel zusammen und verließ das Podium, damit sie auf gleicher Höhe mit den beiden stand. »Ganz recht. Und Sie sind …?«
»Mary Perkins.« Sie schüttelte Gabrielle die Hand. »Und das ist Elizabeth, meine Enkelin und meine unentbehrliche Assistentin.«
Gabrielle schüttelte auch Elizabeth die Hand. »Hallo. Sie sind die Bürgermeisterin, nicht wahr?«
Die ältere Dame nickte. »Jawohl. Meine Familie hat Perkins gegründet«, sagte sie stolz.
»Und wir werden auch bei den nächsten Wahlen wieder unser Erbe antreten«, fügte Elizabeth optimistisch hinzu und drückte ihrer Großmutter die Schulter.
Gabrielle lächelte. »Ich freue mich, Sie kennenzulernen«, sagte sie und taxierte die Frau, gegen die Sharons
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