Trau dich endlich!: Roman (German Edition)
Verlobter Richard bei den Wahlen antrat und die, wie es schien, vielen Bewohnern Angst einflößte.
Kaum zu glauben eigentlich.
Mary Perkins war höchstens einen Meter sechzig groß, gute zehn Zentimeter kleiner als Gabrielle also, und ihr Haar war grau und professionell gestylt. Sie trug ein maßgeschneidertes Kostüm und »vernünftige« Stöckelschuhe, wie Gabrielles Mutter es genannt hätte. Durch und durch konservativ, genau wie ihre politische Gesinnung. Ihre Enkeltochter lag mit ihrem braunen Bob, der eher funktionell als schick wirkte und zu ihrem Outfit passte, sichtlich auf derselben Wellenlänge.
Die beiden hatten Gabrielle mit einem freundlichen Lächeln begrüßt, und das, obwohl das Thema ihres Vortrages allem zuwiderlief, wofür die Familie Perkins stand.
»Glückwunsch zu Ihrem Erfolg. Soweit ich weiß, findet man Ihren Namen regelmäßig auf den Bestsellerlisten«, sagte Mary nun auch noch.
»Vielen Dank. Das Schicksal war mir wohlgesinnt.« Insgeheim fragte sich Gabrielle allmählich, warum ihr Mary Perkins eigentlich so wohlgesinnt war. Was bezweckte sie mit ihren freundlichen Worten?
»Unsinn. Stellen Sie Ihr Licht nicht so unter den Scheffel. Das ist Talent, nicht Schicksal.« Jetzt griff Mary in ihre Handtasche und brachte eine Taschenbuchausgabe von Gabrielles letztem Werk zum Vorschein. »Wären Sie so nett, das für mich zu signieren?«
Gabrielle nickte. »Aber mit Vergnügen.« Sie nahm das Buch, öffnete es auf der Titelseite und signierte es mit einer möglichst neutralen Formulierung. »Mit den besten Grüßen, Gabrielle Donovan.«
Dann setzte sie noch das Datum unter ihren Namen und gab der Bürgermeisterin das Buch zurück.
Mary Perkins lächelte. »Das Vergnügen ist ganz meinerseits. Ich finde es schön, dass Sie Ihre Heimatstadt beehren, um hier einen Vortrag zu halten. Viele Menschen vergessen, wo sie herkommen, wenn sie erst berühmt sind.«
Gabrielle zwang sich zu lächeln. Sie war zum ersten Mal seit Jahren wieder hier, und obwohl sie gute Gründe gehabt hatte, ihrer Heimat den Rücken zu kehren, war ihr der Kommentar durch Mark und Bein gegangen.
Inzwischen waren weitere Gäste eingetroffen und hatten Platz genommen. »Nun, es war schön, mit Ihnen zu plaudern«, sagte Gabrielle und hoffte, die beiden würden den Wink verstehen.
»Fand ich auch.« Elizabeth trat im wahrsten Sinne des Wortes aus dem Schatten ihrer Großmutter. »Ich freue mich schon auf Ihren Vortrag. Ich finde es immer faszinierend, welche einleuchtenden Erklärungen Sie für die diversen rätselhaften Phänomene finden«, sagte sie in stets gleichbleibend freundlichem Tonfall, mit gleichbleibend freundlicher Miene.
»Ich schreibe nur die Fakten auf, wie ich sie sehe, basierend auf Nachforschungen und psychologischer Evaluation. Aber die Theorien stammen von mir.«
»Ja, wir haben alle unsere eigene Sicht der Dinge, nicht wahr? Deshalb sind auch so viele Einwohner aus Stewart und aus meiner Heimatstadt zu Ihrem Vortrag gekommen. «
Gabrielle ließ den Blick durch den Saal schweifen, der sich rasch füllte. Nachbarn und Freunde standen da und dort in Grüppchen zusammen. »Ich schätze, Sie haben Recht.«
Mary straffte die Schultern, und Elizabeth tat es ihr nach. »Das tun wir meistens. Nun, alles Gute, und vielen Dank nochmals.« Sie hob das signierte Buch, und dann machten sich die beiden auf die Suche nach einem Sitzplatz.
Gabrielle fröstelte. »Höchst eigenartig«, murmelte sie halblaut.
»Na, was wollten denn die böse Hexe und ihr Klon von dir?«, ertönte Sharons Stimme hinter ihr.
Gabrielle hatte sie gar nicht hereinkommen sehen. »Sie haben mich begrüßt und mich gebeten, ein Buch zu signieren. «
»Seltsam.«
Seltsam war auch, wie alle Anwesenden einen großen Bogen um die Bürgermeisterin machten. »Wenn man bedenkt, dass sie seit Jahren das Bürgermeisteramt in Perkins innehat, gibt es aber nicht viele Leute, die sich mit ihr unterhalten wollen«, bemerkte Gabrielle.
»Das hat einen Grund: Sie ist kein netter Mensch«, sagte Sharon.
Und doch hatte sie sich Gabrielle gegenüber vor Freundlichkeit überschlagen. »Tja, es wird langsam Zeit für mich.«
Sharon nickte. »Du machst das bestimmt ganz toll. Falls du Hilfe brauchst, ich stehe dir zur Verfügung. Und Richard ebenfalls.« Sie deutete auf ihren Verlobten, der da und dort Gäste begrüßte und willkommen hieß. Aufgrund der
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