Trau dich endlich!: Roman (German Edition)
der selbst in dunklen Jeans und einem schlichten T-Shirt noch aus der Menge hervorstach.
Gabrielle freute sich und konnte ein Lächeln nicht unterdrücken, als sich ihre Blicke trafen. Ein warmes Gefühl breitete sich in ihrer Magengegend aus, ihre Gedanken verselbständigten sich.
Als er plötzlich die Hand hob, fiel ihr wieder ein, dass sie angekündigt hatte, eine letzte Frage zu beantworten.
Sie schluckte. »Ja?«, sagte sie und zeigte auf ihn. »Derek, bitte?«
»Ich würde gern wissen, wovon dein nächstes Buch handeln wird.«
Wow. Sie hatte die Frage zwar erwartet, allerdings nicht von ihm.
»Äh, ja.« Die Tatsache, dass er gekommen war, obwohl es um ein für ihn brisantes Thema ging, freute sie genauso wie sein Interesse an ihrer künftigen Arbeit. Doch sie bezweifelte, dass ihm die Antwort gefallen würde. »Nun, ich bin in Stewart aufgewachsen und deshalb mit dem reichen Fundus an Erzählungen über diese Gegend, insbesondere über Salem, recht gut vertraut.« Wieder achtete sie darauf, sich möglichst allgemein auszudrücken, um Dereks und seiner Familie willen. »In meinem nächsten Buch wird es um verfluchte Familien gehen.«
Damit erntete sie erneut frenetischen Applaus. Wie es schien, stieß ihr Vorhaben bei der örtlichen Bevölkerung auf Zustimmung. Gabrielle konnte nur hoffen, dass die Menschen dann auch bereit sein würden, sie bei den Nachforschungen über ihre Vorfahren zu unterstützen.
Derek hatte ihre Antwort mit Entsetzen vernommen und hätte sich am liebsten geohrfeigt, weil er überhaupt danach gefragt hatte. Er konnte nicht fassen, dass sich Gabrielle in eine Thematik vertiefen wollte, die ihn persönlich betraf. Andererseits hatte er kein Recht darauf, sich in ihre beruflichen Pläne einzumischen. Das Gros der Zuhörer wirkte jedenfalls begeistert, im Gegensatz zu ihm.
»Das werden wir ja sehen!«, stieß Hank da hervor und trat einen Schritt nach vorn.
Derek warf ihm einen finsteren Blick zu. Obwohl es Hank gewesen war, der darauf bestanden hatte, herzukommen, hatte er über weite Strecken des Vortrages sehr angespannt gewirkt. Gegen Ende hatte er sogar den Saal verlassen – um auf die Toilette zu gehen, wie Derek vermutete. Ihm wäre es am liebsten gewesen, wenn sein Vater dort geblieben wäre.
»Gibt es ein Problem?«, fragte Gabrielle.
»Und ob es ein Problem gibt.« Hank wedelte mit den Händen. »Nicht genug damit, dass du den Leuten weiszumachen versuchst, es gäbe keinen Fluch, obwohl meine Familie der lebende Beweis dafür ist; jetzt willst du auch noch Profit aus unserer Geschichte schlagen?«
Gabrielle lief rot an. Derek zog den Kopf ein, teils wegen der anklagenden Worte seines Vaters, teils, weil er Gabrielles feuriges Temperament kannte.
Sie straffte die Schultern. »Mr. Corwin, ich wehre mich entschieden gegen den Vorwurf, ich würde aus anderer Leute Unglück Profit schlagen. Ich schreibe über reale Situationen; darüber, welche Rolle bestimmte Sichtweisen für die Entscheidungen der Betroffenen spielen, und zwar in der Hoffnung, dass sie daraus lernen und das Gelernte auf ihr Leben anwenden. In diesem konkreten Fall geht es mir darum, aufzuzeigen, dass die Beeinflussbarkeit der Menschen genauso folgenschwer wirken kann wie ein Fluch.«
»Für mich klingt das, als würdest du dich über uns lustig machen, genau wie alle anderen in der Stadt, die sich das Maul über uns zerreißen«, wetterte Hank.
»Mr. Corwin, ich versichere Ihnen, das tue ich nicht«, widersprach Gabrielle aufgebracht.
»Wenn du dich über den Fluch lustig machst, dann wird er uns nur umso härter treffen. Wart’s nur ab!« Hank war inzwischen dunkelrot angelaufen.
Fehlte nur noch, dass er gleich Schaum vor dem Mund hatte. Derek legte seinem Vater beschwichtigend die Hand auf die Schulter. »Lass gut sein, Dad. Denk an deinen Blutdruck. Es ist nicht gut für dich, wenn du dich so aufregst«, mahnte er leise, aber nachdrücklich.
»Ich mache mich über niemanden lustig«, erklärte Gabrielle derweil. »Ich möchte lediglich ein Phänomen aufklären, unter dem die Familie Corwin schon seit viel zu langer Zeit leidet.«
Derek kannte Gabrielle; er wusste, dass sie keinen Rückzieher machen würde.
»Pah!« Hank war offenbar im Begriff, eine weitere Tirade vom Stapel zu lassen.
Da erhob sich Sharon ohne Vorwarnung von ihrem Platz in der Mitte des Saales. »Beruhigen Sie sich, Mr. Corwin, sonst
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