Trau dich endlich!: Roman (German Edition)
ihren Zimmerschlüssel aus der Tasche fischte.
Sie öffnete die Tür und ließ ihn herein, dann knipste sie eine alte Nachttischlampe an und sagte mit einer ausholenden Handbewegung: »Siehst du, alles in bester Ordnung. Bist du jetzt beruhigt?«
»Ich wäre beruhigt, wenn der Parkplatz draußen beleuchtet und das Schloss an deiner Tür nicht ungefähr hundert Jahre alt wäre.«
Sie ließ ihre Tasche auf das Bett plumpsen und warf die Schlüssel auf das Nachtkästchen. »Home sweet home.«
Er sah sich in dem kleinen Zimmer um. »Wo genau lebst du jetzt?«
»In Boston. Ich hab mir eine Eigentumswohnung in Back Bay gekauft.«
Er hob eine Augenbraue. »Ziemlich feine Gegend. Du scheinst mit deinen Büchern ja nicht schlecht zu verdienen. « Er konnte seinen Stolz auf sie nicht verhehlen.
Sie nickte. »Mein Erstlingswerk hat es auf die Bestsellerliste der New York Times geschafft. Normalerweise ist es ziemlich schwierig, als Autor ins Frühstücksfernsehen zu kommen, von der Hauptsendezeit ganz zu schweigen, aber im Augenblick ist alles, was mit übersinnlichen Phänomenen zu tun hat, groß angesagt.« Sie zuckte die Achseln. »Ich weiß natürlich, dass meine Glückssträhne jederzeit vorbei sein könnte, aber eine Immobilie ist eine solide Kapitalanlage. Ich habe das Gefühl, mein Geld für etwas Sinnvolles ausgegeben zu haben.«
»Du hast völlig Recht. Ich rate meinen Kunden stets, möglichst breitgefächert zu investieren, und Immobilien sind ein bleibender Wert. Zumindest amortisieren sich solche Käufe früher oder später immer, vor allem in einer so guten Gegend.«
Gabrielle grinste. Es freute sie, dass er ihre Entscheidung guthieß. »Es ist schön, wieder hier zu sein. Florida ist ganz nett, aber ich liebe Neuengland. Schon wegen der Red Sox.« Sie lachte. »Wir könnten ja mal mit Holly zu einem Spiel gehen, ehe der Sommer vorbei ist.«
»Eine Frau, die auf Baseball steht«, sagte er ehrerbietig und legte die Hand aufs Herz. »Das gefällt mir.«
»Ich würde mich auch überreden lassen, mir im Herbst ein Footballmatch anzusehen … Ich bin bestechlich«, neckte sie ihn.
»Womit müsste ich dich denn bestechen?«, fragte er.
»Hm … das müsste schon etwas ganz Tolles sein, lecker und dekadent …«
»Schokolade«, sagte er wie aus der Pistole geschossen und lachte leise. »Ich wusste gar nicht, dass du so leicht rumzukriegen bist.« Er genoss das lockere Geplänkel mit ihr.
»Nur für dich, mein Lieber. Und nur, weil du mich so gut kennst. Wie bin ich nur all die Jahre ohne dich zurechtgekommen? «, fragte sie leichthin.
Er trat näher und sog ihren warmen Duft ein, und in seiner Brust regte sich etwas. Ein Gefühl. »Gute Frage.« Dann wurde er von einer Sekunde zur anderen plötzlich ernst. »Und? Wie bist du all die Jahre ohne mich zurechtgekommen? « Er musste es wissen.
»Es war nicht einfach«, gestand sie, schlang ihm die Arme um den Hals und verschränkte die Finger in seinem Nacken.
Sie sah ihm in die Augen und schmiegte dabei den Unterkörper an ihn. Ob sie wohl spürte, wie sehr er sie begehrte? Zweifellos. Falls sie noch daran dachte, dass er vorhin mit ihr über den Kuss hatte sprechen wollen, über die Tatsache, dass nichts weiter zwischen ihnen sein durfte, dann würde sie das Thema bestimmt nicht ausgerechnet jetzt anschneiden. Und obwohl er wusste, dass er es tun sollte, brachte er es nicht übers Herz.
Er konnte sich natürlich auf die Drohung herausreden, aber insgeheim wusste er, dass das nur ein Vorwand war. Ein Scheinargument, um ihr nahe sein zu können. Er klammerte sich daran, genauso fest, wie sie sich in diesem Augenblick an ihn klammerte.
»Ich nehme an, dass du die eine oder andere Beziehung gehabt hast.«
Sie nickte. »Oh, ja, durchaus. Ich habe nach einem Mann gesucht, der …« Sie verstummte und biss sich auf die Unterlippe. »… mithalten konnte. Mit der Erinnerung an dich. An uns.«
Das Herz hämmerte in seiner Brust. »Und, hast du einen gefunden?« Er musste ganz schön masochistisch veranlagt sein.
»Was möchtest du hören?«, fragte sie mit einem spöttischen Lächeln auf den Lippen. »Dass du damals mit achtzehn die Latte so hoch gelegt hast, dass alle anderen Männer scheitern mussten?«
Sie ließ die Hand ein paar Zentimeter nach oben wandern und zupfte an seinen Haarspitzen. Ihre Berührungen wirkten wie leichte Stromstöße, ihre Worte wie ein
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