Trau dich endlich!: Roman (German Edition)
an der ganzen Sache kam ihr unlogisch vor. Nur, was? »Wann wurde Tony eigentlich aus dem Gefängnis entlassen?«
Sharon zuckte die Achseln. »Keine Ahnung. Vielleicht sitzt er ja noch. Aber ich bin sicher, dass er dahintersteckt. Wer sollte es sonst sein? Wer kommt schon an diese Bilder? «
»Ich weiß es nicht.« Gabrielle trommelte mit den Fingern aufs Lenkrad. »Es erscheint mir nur seltsam, dass diese alten Fotos ausgerechnet jetzt wieder auftauchen, nachdem ich gestern auf nicht besonders höfliche Art und Weise aufgefordert wurde, die Stadt zu verlassen.«
»Glaubst du, da gibt es einen Zusammenhang?« Sharon drehte sich zu Gabrielle. Das linke Bein hatte sie untergeschlagen.
»Ja … Nein … Keine Ahnung. Aber es ist doch merkwürdig, dass wir beide praktisch zur gleichen Zeit bedroht werden.« Gabrielle überlegte. »Was, wenn Tony die Bilder an jemanden verkauft hat?«
»Dem traue ich alles zu.«
»Das gefällt mir ganz und gar nicht. Selbst wenn du zahlst, hast du keine Gewissheit, dass du alle Bilder bekommst. Du könntest bis in alle Ewigkeit erpresst werden. « Gabrielle starrte aus dem Fenster und dachte angestrengt nach. Wie konnte sie ihrer Freundin aus der Patsche helfen?
Sie mussten Tony ausfindig machen. Allerdings bezweifelte Gabrielle, dass Sharon große Lust verspüren würde, sich mit diesem Mistkerl zu unterhalten. Vielleicht, wenn sie den ersten Schock überwunden hatte. Inzwischen konnte sie selbst ja schon einmal ein paar Nachforschungen anstellen. Das gehörte schließlich zu ihren großen Stärken.
»Hast du denn so viel Geld?«, fragte sie Sharon.
»Ja, für diese Forderung müsste es reichen, vielleicht noch für eine weitere. Aber irgendwann ist natürlich Schluss. Wenn ich damals doch nur nicht so verdammt dämlich gewesen wäre!«
Gabrielle fuhr herum. »Hey! Hör sofort auf, dir Vorwürfe zu machen! Du hast es ja nicht freiwillig getan; er hat dir ein Schlafmittel eingeflößt!«, erinnerte sie Sharon.
Und jetzt wusste sie auch, was ihr vorhin komisch vorgekommen war: »Er hat dich schamlos missbraucht. Das kann man weder dir noch Richard zum Vorwurf machen. Ich finde, du solltest diese Botschaft einfach ignorieren und dich weigern, zu bezahlen. Soll der Mistkerl doch einen Skandal verursachen! Richard liebt dich. Er wird zu dir stehen, und ich ebenfalls.« Gabrielle drückte ihrer Freundin die Hand. »Das bin ich dir schuldig, nachdem du dich meinetwegen mit Hank Corwin angelegt hast.«
Sharon starrte aus dem Fenster. »Ich fürchte, du hast vergessen, gegen wen Richard antritt. Mary Perkins wird sich diesen Vorfall garantiert zunutze machen, um ihm zu schaden und noch ein paar Wählerstimmen einzuheimsen.«
Diese Mary Perkins und der vermaledeite Fluch … Sie setzt den Fluch ein, damit auch ja alle nach ihrer Pfeife tanzen, dachte Gabrielle. Die amtierende Bürgermeisterin stand ganz oben auf ihrer Liste der zu interviewenden Personen, und sei es nur, um sich einen Einblick in die Psyche dieser Frau zu verschaffen, die nicht zögerte, die Schwächen anderer Leute zu ihrem eigenen Vorteil zu nutzen.
»Dann erzähl Richard wenigstens, was passiert ist, damit er nicht aus allen Wolken fällt, falls jemand Wind davon bekommt«, bat Gabrielle ihre Freundin.
»Nein.« Sharon wirbelte herum. »Noch nicht. Ich werde morgen Abend in diese Disco gehen. Ich muss herausfinden, mit wem ich es zu tun habe.« Ihre Stimme zitterte, doch sie straffte entschlossen die Schultern.
» Merde . Du bist ganz schön stur.« Wie Gabrielle ließ sich auch Sharon durch nichts von ihren Plänen abbringen, wenn sie erst einmal einen Entschluss gefasst hatte. So war es schon damals gewesen, als sie Tony angezeigt hatte. Immerhin hatte sie nicht ganz der Mut verlassen, obwohl sie große Angst hatte.
Gabrielle räusperte sich. »Also gut. Aber wenn du wirklich darauf bestehst, da morgen mit fünftausend Dollar in der Tasche aufzukreuzen, dann machst du das auf keinen Fall allein. Allerdings muss ich trotzdem nach Boston; ich habe keine Ausgehklamotten hier.« Gabrielle drehte den Zündschlüssel um.
Sharon atmete erleichtert auf. »Danke, du bist die Beste. Versprich mir nur, dass du Richard nichts verraten wirst.«
Gabrielle runzelte die Stirn. Sie war kein großer Fan von Geheimniskrämerei, aber es ging hier nicht um sie. »Wenn du meinst …«
»Ja, das meine ich. Versprochen?«
»Meinetwegen.«
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