Trau dich endlich!: Roman (German Edition)
»Willkommen in meinem Lokal.«
»Hört bloß nicht auf den Jungen. Er vergisst, wem diese Bude hier gehört, samt der Einrichtung und dem Grund und Boden, auf dem sie steht«, mischte sich George großspurig ein.
Dabei musterte er seinen Sohn mit unverhohlenem Stolz. Es war sonnenklar, dass er Seth nur aufzog.
»Und mein Vater vergisst, dass nicht die Bar, sondern die Disco die Haupteinnahmen bringt, mit denen wir unsere Rechnungen begleichen.« Seth legte seinem alten Herrn den Arm um die Schultern. »Warum nimmst du dir nicht den Rest des Abends frei, Pop? Geh doch mal aus und amüsier dich ein bisschen.«
Obwohl Gabrielle die Stadt mit achtzehn Jahren verlassen hatte und deshalb nie in Georges Bar gewesen war, wusste sie, dass Mrs. Saybrook sehr früh gestorben war. George hatte nie wieder geheiratet und seinen Sohn ganz allein großgezogen. Damals hatte er sein Haus gegen eine Wohnung direkt über der Bar eingetauscht, so dass er während der Arbeit ein Auge auf Seth haben konnte.
»Genau das tue ich doch gerade.« George stellte Gabrielle und Sharon ihre Drinks hin. »Ein Cosmopolitan für Sharon, ein Appletini für die Schriftstellerin.«
»Vielen Dank.« Gabrielle hätte ihren Kopf verwettet, dass George ihre Bestellungen über dem Gespräch längst vergessen hatte. Tja, die Wette hätte sie verloren.
»Ich gehe heute Abend nirgendwo hin«, sagte George zu Seth. »Wo sonst bekäme ich die Gelegenheit, mit zwei so hübschen jungen Frauen zu plaudern? Zugegeben, eine von ihnen ist ausnehmend schweigsam.« Er musterte Sharon prüfend, doch sie war derart in Gedanken versunken, dass sie es gar nicht registrierte. Kein Wunder.
»Sie hat zurzeit ein bisschen viel um die Ohren, nicht wahr, Sharon?« Gabrielle stieß ihre Freundin mit dem Ellbogen an, so dass diese aufschrak.
»Wie? Ach, ja, meine Hochzeit. Es gibt tausend Dinge zu erledigen. Ich kann an gar nichts anderes mehr denken.« Ihr Lächeln wirkte etwas gezwungen, was allerdings nur Gabrielle auffiel. »Wenigstens ist es erst nach den Wahlen so weit.«
»Trink etwas, das beruhigt die Nerven.« Gabrielle schob ihr den Cocktail hin.
»Genau.« Sharon warf ihr einen dankbaren Blick zu, dann zog sie ihr Handy aus der Tasche. »Ich rufe nur schnell Richard an.« Damit drehte sie Gabrielle den Rücken zu.
»Ja, mach das.« Gabrielle drückte ihrer Freundin aufmunternd die Schulter, ehe sie, an George und Seth gewandt, fortfuhr: »Würde es Ihnen etwas ausmachen, mir einige Fragen über ein paar Vorfälle in der Stadt zu beantworten, George?«
»Was auch immer Sie wissen wollen, mein Vater wird Ihnen gerne Auskunft erteilen.« Seth spähte etwas abwesend ans andere Ende der Bar. »Ich hoffe, Sie nehmen es mir nicht übel, wenn ich mich inzwischen um die anderen Gäste kümmere. Ich kenne Dads Geschichten bereits in- und auswendig.« Er zwinkerte Gabrielle zu. »Er gehört Ihnen.«
»Ganz recht, meine Hübsche. Worum geht es denn?«, erkundigte sich George.
Gabrielle nahm genüsslich einen Schluck von ihrem köstlich sauren Appletini. »Ich weiß nicht, ob Sie schon gehört haben, wovon mein nächstes Buch handelt …«
»Natürlich! Der Corwin-Fluch!«, rief George aus.
Gabrielle zuckte zusammen. Gut, dass Derek noch nicht hier war. »Da Sie so viele Leute kennen, hatte ich gehofft, Sie könnten mir ein paar Auskünfte über die beiden involvierten Parteien erteilen.«
George nickte. »Da bin ich genau der Richtige.«
»Ich würde gern mit der jüngsten Geschichte anfangen.« Den Rest konnte sie auch in der Bücherei nachschlagen. Oder möglicherweise sogar im Internet, sofern es genügend Aufzeichnungen über den Fluch gab. »Erzählen Sie mir doch mal ein bisschen von Bürgermeisterin Mary Perkins.«
Über die Corwins wusste sie bereits ziemlich gut Bescheid, und die fehlenden Bruchstücke würde ihr hoffentlich Derek liefern. Anderenfalls musste sie sich wohl oder übel an seinen Vater und dessen Brüder wenden. Was man so hörte, war Thomas Corwin ein recht umgänglicher Mann, doch Edward, der wie ein Einsiedler am Stadtrand lebte, schien ein etwas komischer Kauz zu sein. Und da Hank, wenn man Holly glauben konnte, neulich sogar seine Knarre poliert hatte, machte sie sich gar nicht erst große Hoffnungen, von ihm irgendwelche Informationen zu erhalten.
»Mary Perkins? Tja, was soll ich sagen …« George lehnte sich über die Theke zu Gabrielle. »Sie ist
Weitere Kostenlose Bücher