Trau dich endlich!: Roman (German Edition)
befolgt und war gegangen, ohne das Geld im Wave zu deponieren. Und sie hatte keine Möglichkeit, den Erpresser zu kontaktieren, um zu erklären, weshalb!
Sie steckte bis über beide Ohren in Schwierigkeiten.
Was, wenn Tony – sie war immer noch der Überzeugung, dass er dahintersteckte – verärgert war? Wenn er dachte, sie wollte mit ihm spielen? Wenn er beschloss, die Skandalbilder zu veröffentlichen, statt noch einmal mit ihr Kontakt aufzunehmen? Jeden Tag konnten diese Fotos in irgendeiner Zeitung abgedruckt werden.
Nein. Das durfte nicht geschehen.
Sie musste handeln.
Noch während sie den Zettel mit zitternden Händen in ihre Handtasche steckte, wurde ihr klar, wie ihr nächster Schritt aussehen musste. Mit einem Mal war sie ganz ruhig. Sie würde ihr Leben wieder in den Griff kriegen, jawohl!
Zunächst musste sie mit Tony reden. Aber sie konnte ihm nicht unvorbereitet gegenübertreten. Erst würde sie ihm ein wenig nachspionieren. Wenn sie herausgefunden hatte, was für ein Leben er jetzt führte, konnte sie sich ihre weitere Strategie zurechtlegen.
Sie zog die Schlüssel aus der Tasche und ging zu ihrem Auto. Nächste Haltestelle Gabrielle. Allerdings würde sie sich eine Cover Story ausdenken, damit sich ihre beste Freundin keine Sorgen machte, wenn sie für ein paar Tage untertauchte. Sie konnte ihr nicht erzählen, was sie vorhatte; Gabrielle würde garantiert versuchen, sie davon abzubringen, oder, falls ihr das nicht gelang, darauf bestehen, mitzukommen. Doch diese Angelegenheit musste Sharon alleine regeln.
Was konnte ihr schon groß passieren? Im schlimmsten Fall wurde sie von den Bullen dabei erwischt, wie sie Tony mit bloßen Händen würgte und schrie: »Rück meine Nacktfotos heraus, du Perverser!«
Gabrielle fing zur Abwechslung etwas später an zu arbeiten, weil Sharon vorbeigekommen war, um ihr mitzuteilen, dass sie für ein paar Tage verreisen musste. Sharon hatte am Vorabend einen Anruf von einer Kollegin erhalten, die sie gebeten hatte, bei einer regionalen Konferenz für sie einzuspringen, sie selbst könne wegen einer Sommergrippe nicht teilnehmen. Sharon würde in drei bis vier Tagen wieder da sein, wollte sich aber zwischendurch melden.
Gabrielle war enttäuscht. Sie hatte gehofft, etwas mehr Zeit mit ihrer Freundin verbringen zu können. Andererseits hatte sie ohnehin genug zu tun. Solange Sharon weg war, würde sie einfach möglichst viele Stadtbewohner zum Thema ihres Buches befragen.
Und außerdem blieb ihr auf diese Weise mehr Zeit für Derek. Was ihre Gefühle füreinander anbelangte, gab es da noch so einiges zu ergründen.
Als sie mit einer Papiertüte in der Hand an Dereks Haustür klingelte, kribbelte es noch angenehm zwischen ihren Beinen, und sie verspürte einen leichten Muskelkater.
Die Tür schwang auf. »Gabrielle!« Holly begrüßte sie trotz der frühen Stunde mit einem breiten Lächeln und dem gewohnten Enthusiasmus. Sie trug ein Nachthemd, und ihre Haare waren noch ganz zerzaust.
»Was hast du denn da mitgebracht?«, fragte die Kleine und beäugte die Tüte, die Gabrielle in der rechten Hand hielt.
»Doughnuts. Mit Schokoguss, Puderzucker oder Marmelade. Ich hoffe, da ist etwas für dich mit dabei?« Gabrielle ließ die Tüte vor Hollys Nase baumeln.
Holly riss die Augen auf. »Auf jeden Fall. Ich liebe Doughnuts, und Dad ebenfalls. Komm doch rein.« Sie bedeutete ihrem Gast, einzutreten.
Gabrielle war zum ersten Mal in dem zum Gästehaus umfunktionierten Wirtschaftsgebäude, in dem Derek nun lebte. Sie kannte es zwar von früher – es hatte schon damals hinter dem Haus gestanden, in dem Derek und sein Vater gewohnt hatten –, aber in renoviertem Zustand, isoliert und ausgebaut, hatte sie es noch nicht gesehen. Thomas und Hank Corwin können ihr handwerkliches Talent nicht verleugnen, dachte Gabrielle anerkennend, während sie sich umsah. Das Innere des Hauses versprühte den natürlichen Charme des Country-Style.
»Dad! Besu-huch!«, brüllte Holly.
Schwere Schritte polterten über die Treppe herunter. »Wie oft muss ich dir noch sagen, dass du niemanden hereinlassen sollst, es sei denn …« Derek blieb wie angewurzelt auf der untersten Stufe stehen, als er sah, wer da zu ihnen hereingeschneit war.
Im Gegensatz zu seiner Tochter war er bereits frisch geduscht und angezogen. Doch Gabrielle konzentrierte sich vergeblich auf seine beigefarbene Hose und das
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