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Trau niemals einem Callboy! (German Edition)

Trau niemals einem Callboy! (German Edition)

Titel: Trau niemals einem Callboy! (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Birgit Kluger
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jedem roten Signal, und bete, dass endlich das kommt, worauf ich hoffe: ein relativ langes Stück Straße ohne Unterbrechung, auf dem ich Gas geben kann. Und dann endlich habe ich Glück, lasse die Kreuzung hinter mir, beschleunige. Werde immer schneller, bis ich kurz vor der nächsten bin. Und die schaltet gerade auf Gelb. „Das schaffe ich noch“, murmele ich und gebe Gas.
    „Was machst du, verdammt noch mal? Mach mir bloß keine Dummheiten …“ Weiter kommt Narbengesicht nicht, denn ich reiße das Lenkrad nach rechts, rase direkt in den Ampelpfosten hinein. Mein Airbag geht auf, klemmt mich hinter dem Steuer ein. Narbengesicht knallt gegen meine Kopfstütze, und ich zerre an dem Sicherheitsgurt. Dann renne ich.
     
    In meinem Kopf jagen sich Bilder, als ich zitternd auf dem Bett liege. Der BMW in der Tiefgarage, die Leiche. Der dumpfe Aufschlag, als ich den Toten in das selbst geschaufelte Loch fallen lasse. Narbengesicht, der hinter mir im Auto sitzt. Mir eine Pistole an den Hals presst. Ron. Ron, der mich umarmt. Der Ermordete … Leiche … Ich versuche, mich zu erinnern, wie es ist, wenn ich auf dem Eis bin. Wenn ich nur ein Ziel vor Augen habe, wenn ich …
    Es geht nicht. Hastig zerre ich eine Tüte aus dem Koffer. Atme hinein. Atme … Und bekomme wieder Luft. Die Leichtigkeit, die eben noch meinen Kopf ausfüllte, legt sich. Ich lasse mich in die Kissen sinken. Versuche zu entspannen. Nichts. Nichts denken.
    Das Bild des Autowracks geistert durch meinen Kopf. Mein Atem geht schneller, als ich daran denke. Mich daran erinnere, wie Ron auf dem Parkplatz mit Narbengesicht geredet hat. Ich muss mich beruhigen. Muss mit jemandem sprechen, sonst werde ich verrückt.
    Ich könnte Anna anrufen. Nur eine Stimme hören. Wissen, dass ich nicht allein bin und es Menschen gibt, denen ich etwas bedeute. Die mir nicht nach dem Leben trachten.
     
    Mein Handy. Wo steckt das verdammte Ding? Mein Blick wandert suchend zum Schreibtisch. Dort liegt meine Handtasche. Erschöpft stehe ich auf. Ich fühle mich, als hätte ich einen Marathon hinter mir.
    Irgendwo in den Tiefen der Tasche muss das Gerät sein. Mit einem Seufzen leere ich alles auf dem Bett aus. Schiebe das Sammelsurium an Taschentüchern, Münzen, Schminkutensilien und alten Einkaufsbelegen auseinander. Na also. Dort inmitten der tausend Dinge, die ich jeden Tag mit mir herumschleppe, finde ich es. Mit fahrigen Handbewegungen räume ich alles wieder ein. Und dann … Das ist seltsam .
    Es dauert lange, bis ich mich wieder bewegen, mich aus der Schockstarre lösen kann. Als es soweit ist, gehe ich zum Kleiderschrank. Suche das Haar, das ich dort befestigt hatte. Das Haar, das mir versichern soll, dass niemand in diesem Zimmer war. Niemand außer mir.
     
    Es ist weg.
     
    Langsam drehe ich mich um und bewege mich wie in Trance zum Fenster hinüber. Schaue hinaus. Suche die Straße nach einem Auto ab. Nach Männern, die mich verfolgen.
     
    Leer.
     
    Unten ist nichts zu sehen als einsame Straßenlaternen, die die Dunkelheit erhellen.
     
    Mit einem erleichterten Atemzug wende ich mich ab. Ich habe noch etwas Zeit. Ich kann noch verschwinden, bevor sie kommen.
    Hastig stopfe ich alles, was in Reichweite liegt, in einen Koffer. Dann stolpere ich ins Badezimmer. Mein Shiseido Shampoo! Mit zitternden Händen werfe ich es in die Handtasche. Ein Zahnputzbecher fällt um. Egal. Sollen sie sehen, dass es eine übereilte Abreise war. Das macht das Ganze glaubwürdiger.
    Die Schlösser des Koffers schnappen zu. Schnell jetzt. Es kann nicht mehr lange dauern, bis sie kommen. Draußen auf dem Gang ist die Abstellkammer, in der schon ein Koffer von mir steht, jetzt kommt der zweite hinzu.
    Dann noch einmal zurück ins Zimmer. Ich lasse den Blick durch den Raum schweifen, hoffentlich habe ich nichts vergessen … Die Pistole! Wo ist die Waffe? Meine verzweifelte Suche wird von Schritten auf der Treppe unterbrochen.
     
    Mein Herz setzt aus.
     
    Und dann hangele ich mich die Regale im Kleiderschrank hoch. Werfe die Handtasche in das schmale Fach über mir. Bete, dass ich mich hineinquetschen kann, denn es ist verdammt eng. Stopfe zwei Kissen vor mich als Schutz vor neugierigen Blicken und rutsche ganz nach hinten, ziehe leise die Schranktüren zu. Das Regal ist tiefer, als ich dachte. Gut. Vielleicht habe ich eine Chance. Vielleicht ist Gott mir noch einmal gnädig.
    Es vergeht kaum ein Atemzug, als die Tür zu meinem Zimmer leise geöffnet wird. Schweiß bricht mir aus.

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