Trau niemals einem Callboy! (German Edition)
Schluck Kaffee. Nach unserer Aktion am Bahnhof hat er mich in seinem Gästezimmer schlafen lassen. Angeblich weil es zu spät sei, um noch ein Hotel zu suchen. Erleichtert hatte ich seinem Vorschlag zugestimmt. Am liebsten würde ich für immer hierbleiben. Ich fühle mich sicher in seiner Gegenwart. Mittlerweile ist es zehn Uhr morgens, und er sieht mindestens genauso verschlafen aus wie letzte Nacht, als ich ihn aus dem Bett holte. Seinem guten Aussehen aber tut das keinen Abbruch, während ich fast eine halbe Stunde gebraucht habe, um mich soweit herzurichten, dass ich mich der Welt zeigen kann. Ein wenig ängstlich mustere ich ihn. Hoffentlich wird er das Geld nehmen und mir helfen.
„Was?“, unterbricht Christian meine Gedanken.
„Nichts.“
„Du starrst mich die ganze Zeit an und sagst kein Wort.“
„Ich warte auf deine Antwort.“
Christian zuckt mit den Achseln. „Ich sagte doch, ich würde dir helfen. Jederzeit. Du erinnerst dich? Tag und Nacht.“ Mit einem Grinsen steckt er das Geld ein. „Und wobei genau brauchst du meine Unterstützung?“
„Die Frage hättest du stellen sollen, bevor du das Geld genommen hast.“
„Stimmt. Aber ich liebe das Risiko.“ Wie zum Beweis springt er auf und macht einen Handstand, fängt an, auf den Händen zu laufen und grinst mich dabei an. Sein T-Shirt rutscht runter und erinnert mich an … Nein .
„Du sollst einen GPS-Sender an Rons Auto befestigen“, antworte ich und tue so, als sei die Aussicht aus seinem Küchenfenster faszinierend. Dabei sehe ich nicht mehr als einen kleinen Hof, in dem ein paar Mülltonnen stehen.
„Das ist alles?“ Christian beendet seine Vorführung und setzt sich wieder an den Tisch. Er nimmt sich ein Brötchen und häuft methodisch Butter, Käse, eine Gewürzgurke und mehrere Tomatenscheiben darauf. Als er fertig ist, sieht das Teil richtig gesund aus.
Aus Protest beiße ich in mein Marmeladenbrötchen. Irgendwo in dem süßen Zeug finden sich bestimmt ein paar Vitamine.
„So einfach habe ich schon lange kein Geld mehr verdient.“
Statt einer Antwort mustere ich ihn ausführlich. Bisher hatte ich den Eindruck, sein Beruf sei nicht besonders anstrengend. Aber ich kann mich ja irren.
„Okay, okay. Die meiste Zeit ist das, was ich mache, ziemlich cool“, gibt er zu. „Aber tausend Euro, nur, um deinem Mann einen Sender unterzujubeln …“
„Wer sagt, das sei alles?“
„Also, was noch? Überrasche mich.“ Christian breitet die Arme aus, als wolle er die ganze Welt umfangen. Ich wünschte, ich hätte am Morgen so gute Laune.
„Ich möchte bei dir bleiben. So lange, bis das Ganze geregelt und der Mörder gefasst ist.“
„Hmmmm.“
„Was hmmmm?“
„Wenn ich mich richtig erinnere, ist die Leiche plötzlich auf mysteriöse Weise verschwunden. Es kann also eine Weile dauern, bis die Polizei etwas entdecken wird. Bis jetzt wird der Tote nur vermisst, und die Aussichten, dass er demnächst gefunden wird, stehen schlecht, würde ich sagen. Meinst du nicht auch?“
„Ich weiß nicht. Aber ich habe Angst. Ich will nicht allein sein.“
Christian schweigt. Isst sein Brötchen, schaukelt auf seinem Stuhl, tut überhaupt alles, um den Eindruck zu erwecken, als sei er gerade dem Kindergarten entwachsen. „Okay. Warum nicht? Ich habe sowieso nie Hausbesuche.“
Richtig. Hausbesuche. Ich hatte ganz vergessen, wie er … Egal . Zum Glück kommen die Damen offensichtlich nie hierher.
„Also, wie sieht dein Plan aus?“, fragt er, nachdem ich einige Minuten lang schweigsam vor mich hingestarrt habe.
„Es ist keine große Sache. Du brauchst nur in die Tiefgarage zu gehen, in der Ron tagsüber sein Auto abstellt, und den Sender an dem Wagen zu befestigen. Er arbeitet auch sonntags“, füge ich hinzu, nachdem ich Christians zweifelnden Blick bemerke.
„Und wo willst du an einem Sonntag einen GPS-Sender herbekommen?“
Mist . Daran hatte ich nicht gedacht.
„Ich dachte, du könntest so etwas besorgen?“
„Ich?“
„Ja. Als Callboy gehörst du fast schon der Unterwelt an, oder nicht?“
Christian grinst mich an. Und dann lacht er. Ich weiß nicht, was daran so witzig sein soll.
„So habe ich das noch nie gesehen. Aber vielleicht hast du recht. Zufällig kenne ich jemanden, der mir so etwas sicherlich für ein paar Tage leihen kann.“
Ich will lieber nicht darüber nachdenken, welche Menschen GPS-Sender herumliegen haben, die sie verleihen können. Stattdessen konzentriere ich mich auf das
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