Trau niemals einem Callboy! (German Edition)
gemütlich wirkt. So, als ob hier tatsächlich gekocht würde. Ich lehne mich im Stuhl zurück. Schließe die Augen. Gott, bin ich müde. Es kommt mir vor, als seien Jahre vergangen, seit ich auf Ibiza war.
Ein leises Gluckern verrät, dass die Kaffeemaschine ihren Dienst tut. Ich öffne die Augen wieder. Das Ding sieht aus, als könne es auch bügeln und dolmetschen.
Schneller als mir lieb ist, steht eine dampfende Tasse Kaffee vor mir. Christian setzt sich, schaut mich erwartungsvoll an. Ich aber tue so, als würde ich es nicht bemerken, sehe fasziniert zu, wie der Kaffeedunst aufsteigt, und nehme einen Schluck von dem kochend heißen Getränk.
„Warum brauchst du Hilfe?“, stellt er dann die Frage, auf die ich gewartet habe. Zum Glück habe ich mich im Taxi auf eine Antwort vorbereitet, die mir seine Hilfe sichern soll.
Statt etwas zu erwidern, lege ich tausend Euro auf den Tisch. Ohne sich zu rühren, sieht er das Geld an. Man könnte meinen, er habe noch nie zwei fünfhundert Euroscheine gesehen.
„Ich brauche einen Unterschlupf für ein paar Tage. Nicht lange. Nur ein paar Nächte. Das ist alles. Mehr musst du nicht tun. Keine weiteren Dienstleistungen.“
Christian mustert mich. Durchdringend. Unbehaglich rutsche ich auf dem Stuhl herum, habe das Gefühl, als durchschaue er mich. Als könne er jedes meiner vielen Geheimnisse sehen. Hoffentlich merkt er nicht, dass in meinem Leben nichts mehr so ist, wie es sein sollte. Ich versuche ein Lächeln. Gebe es aber schnell wieder auf, denn meine Hände fangen zu zittern an, und mein Lächeln droht in Weinen umzuschlagen. Schnell schaue ich weg, sehe mich in der Küche um, als hätte ich noch nie einen Kühlschrank gesehen.
„Warum gehst du nicht in ein Hotel? In Frankfurt gibt es Hunderte davon.“
„Dort war ich schon. Das hat nicht geklappt.“
„Wie wäre es, wenn du mir erklärst, was los ist?“
Ich habe es geahnt. Es wäre ja auch zu schön gewesen, wenn er, ohne Fragen zu stellen, mein Geld genommen hätte. Also die Wahrheit? Die gekürzte Version?
Ich erzähle ihm, wie Ron mich verfolgt und mich überall zu finden scheint, egal wo ich bin. Und dass ich keine Ahnung habe, wie er das anstellt.
Christian unterbricht mich. „Verstehe ich dich richtig? Dein Mann spürt dich überall auf. Und du bist hier? Bei mir?“
Bevor ich etwas erwidern kann, packt er meinen Arm. Zerrt mich vom Stuhl hoch. Schleift mich fast hinter sich her, als er durch den Flur zur Haustür geht.
„Warte. Wie sollen sie mich hier finden? Niemand weiß, dass ich dich kenne.“
„Und wie haben sie dich in einem Hotel mitten in Frankfurt gefunden?“ Christian öffnet die Haustür. Schiebt mich hinaus. Dann aber geschieht etwas, womit ich nicht gerechnet habe. Anstatt mir die Tür ins Gesicht zu knallen, kommt er mit nach draußen. Geht auf ein Auto zu. An seiner Hand baumelt meine Handtasche.
„Los steig ein.“
Christian wirft mir die Tasche auf den Schoß und knallt die Autotür zu. Ein roter Ferrari. Wie kann er sich ein solches Auto leisten?
„Wohin bringst du mich?“
Christian schnallt sich an und dreht sich zu mir um. Mir wird kalt. Wenn Blicke töten könnten, würde ich jetzt meinen letzten Atemzug tun.
„Dorthin, wo dein lieber Ron dich nicht finden kann“, antwortet er.
Und dann fährt er mit quietschenden Reifen los. Der Wagen schlingert, versucht auszubrechen, als er rücksichtslos Gas gibt und mit hundert Sachen auf die nächste Ampel zurast. Eine rote Ampel . Er beschleunigt und ich kralle mich an meinem Sitz fest. Noch zehn Meter. Noch fünf. Bitte werde grün , bete ich, während ich ihn gleichzeitig anbrülle: „Es ist rot, verdammt noch mal!“
Die Reifen kreischen, als er eine Vollbremsung macht. Der Wagen bricht aus, dreht sich. Mir wird schlecht, aber Christian lenkt gelassen gegen, gibt wieder Gas und schießt in eine kleine Seitenstraße.
Mein Herz rast, und ich merke, wie mir die Galle hochsteigt. Aber noch etwas anderes steigt in mir hoch. Wut.
„Was soll das? Du blöder, verdammter Idiot. Willst du mich umbringen?“ Wütend ramme ich ihm die Faust in die Seite.
„Bist du des Wahnsinns?“ Mit einer Hand versucht er, meine Schläge abzuwehren, aber ich bin außer mir.
„Mein ganzes verdammtes Leben ist ein einziger Albtraum! Seit ich diese bescheuerte Leiche gefunden habe, hatte ich keine ruhige Minute mehr. Und jetzt das!“ Mit einem heftigen Ruck knalle ich nach vorn. Der Sicherheitsgurt schnürt mir die Luft ab.
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