Trau niemals einem Callboy! (German Edition)
er sich zu mir um und lächelt. Und dieses Mal ist es ein richtiges Lächeln. Eines, das mein Herz höherschlagen lässt. Bei dem mir heiß und kalt wird.
„Und jetzt werden wir den lieben Ron durch Deutschland reisen lassen“, sagt er mit einem Grinsen.
Mit laut hallenden Schritten laufen wir Sekunden später durch das verlassene Bahnhofsgebäude. Einige müde Reisende und zwei Polizisten sind die Einzigen, die uns begegnen. An der Anzeigetafel bleibt er stehen und mustert die Einträge. „Hamburg hört sich gut an, nicht wahr?“
„Sehr gut sogar“, stimme ich zu. Wenig später stehen wir auf Gleis 3. Dort wartet schon der Zug, der in fünf Minuten in den Norden fahren wird.
„Warte hier!“ Christian nimmt den kleinen GPS-Sender und steigt ein. Glaubt er wirklich, ich stehe hier draußen alleine herum, nach allem, was passiert ist? Ich folge ihm, beobachte, wie er die Abteile mustert, bis er ein leeres gefunden hat. Bevor ich es erreiche, steht er wieder vor mir.
„Frauen!“ Christian schüttelt den Kopf und schiebt mich vor sich her. „Könnt ihr nie das tun, was man euch sagt?“
„Es tut mir leid“, sage ich wenig später, als wir wieder durch das nächtliche Frankfurt fahren.
„Wovon redest du?“
„Dass ich zu dir gekommen bin. Jetzt hat Ron deine Adresse. Sie werden auch zu dir kommen. Du bist nicht mehr sicher zu Hause.“
„Sie konnten dich nicht orten. Ist dir nicht aufgefallen, dass sie dich nicht jedes Mal aufgespürt haben? Sie hätten dich schon längst in Frankfurt gefunden, bevor du dich mit Ron verabredet hast, oder noch früher, als du mit dem Auto nach Barcelona gefahren bist.“
„Stimmt. Daran hatte ich nicht gedacht. Warum hat der Sender nicht funktioniert?“
Christian grinst. „Weil dein lieber Ron nicht mit den Waffen einer Frau gerechnet hat. Der arme Sender war umzingelt von diesen Metalldosen in deiner Tasche. Das Signal konnte nicht durchkommen, solange du das Zeug mit dir herumgeschleppt hast.“
Metalldosen? So nennt Christian die Platinkollektion von Shiseido, die mich ein kleines Vermögen gekostet hat? Das Geld war gut angelegt. Ich muss lachen, wenn ich mir Rons Gesicht vorstelle. Daran, wie er vor Wut bestimmt fast zerplatzt ist, wenn das Signal mal wieder tagelang verschwunden war, um dann für kurze Zeit aufzutauchen. Und dann wieder zu verschwinden. Und jetzt ist es auf dem Weg nach Hamburg. Mit einem zufriedenen Seufzer lehne ich mich zurück. Jetzt endlich kann ich die Fahrt genießen.
Meine Zufriedenheit findet ein abruptes Ende. Ich hätte es mir denken können.
„Warum hast du nicht die Polizei gerufen? Das ist doch das, was man normalerweise tut, wenn man eine Leiche findet“, fragt Christian.
Mist!
„Also. Das … ist kompliziert … Die Leiche war … mit einem Mal weg.“
„Die Leiche war weg? Für wie blöd hältst du mich?“ Mit einem Ruck kommt der Wagen zum Stehen. Christian beugt sich über mich und öffnet meine Tür. „Raus hier. Mit deinen Lügengeschichten will ich nichts zu tun haben.“
„Warte! Ich weiß, es klingt seltsam, aber lass mich erklären …“
„Da bin ich aber gespannt.“ Christian sieht mich abwartend an. Mir bricht der Schweiß aus. Jetzt rettet mich nur noch der hilflose Ansatz.
„Ich weiß auch nicht, was passiert ist. Ich … ich hatte so eine Angst.“ Das ist noch nicht einmal gelogen. „Ich wusste nur, dass da eine Leiche war. Und ich war panisch. Nachdem ich den Toten entdeckte, bin ich durch das ganze Haus gelaufen. Habe überall nachgeschaut, wollte sichergehen, dass sich außer mir niemand in dem Haus aufhält. Und als ich wiederkam, war er weg. Der Tote, meine ich.“
„Weg? Einfach so?“
„Ja. Ich weiß nicht, vielleicht habe ich mir das Ganze auch nur eingebildet. Ich hatte am Abend zuvor starke Schlaftabletten genommen. Vielleicht war alles nur ein schlimmer Traum oder Halluzinationen.“ Ich finde, ich war ziemlich überzeugend. Wenn ich die Leiche nicht selbst vergraben hätte, würde ich mir glauben.
„Und das soll ich dir abnehmen?“
„Ja.“ Mit einem treuherzigen Augenaufschlag blicke ich ihn an. „Genau so war es.“ Christian schüttelt den Kopf. Seufzt.
„Mach die Tür zu“, sagt er und gibt Gas. Mit einem zufriedenen Lächeln lehne ich mich zurück. Na also. Das war doch gar nicht so schwer.
35
„Die tausend Euro sollte ich allein dafür bekommen, dass du mich um drei Uhr nachts aus dem Bett geworfen hast“, murmelt Christian und nimmt einen
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