Trau niemals einem Callboy! (German Edition)
werden alle in unserem Bekanntenkreis von Rons Verhältnis erfahren. Sein Gesicht möchte ich sehen, wenn Ron erfährt, dass alle sein Geheimnis kennen.
Ich pfeife eine vergnügte Melodie vor mich hin, als ich die Haustür mit dem Schlüssel öffne, den Christian mir gegeben hat. Rufe „Christian“, erhalte aber keine Antwort. Seltsam. Auch im oberen Stockwerk fehlt jede Spur von ihm.
Niemand zu Hause. Meine gute Laune fällt in sich zusammen wie ein Ballon, dem Luft entweicht. Wahrscheinlich muss er wieder arbeiten. Mit einem ärgerlichen Tritt befördere ich einen Tennisball quer durch den Raum. Upps. Hoffentlich ist da nichts kaputt gegangen. Auch diese Hoffnung wird zerstört, denn der Ball hat einen papiernen Lampenschirm zerfetzt. Von einer japanischen Bodenlampe, die teuer aussieht. Mist .
Ich überlege, ob ich das gute Stück mit Tesafilm reparieren soll. Lasse es dann aber lieber, sonst mache ich am Ende noch mehr kaputt. Dann muss ich ihm eben einen neuen Lampenschirm kaufen. Warum lässt er auch Tennisbälle in seiner Wohnung herumliegen?
Meine gute Laune ist völlig im Eimer, und ich weiß auch nicht, was ich tun soll. Ich könnte ein Buch lesen oder fernsehen, aber irgendwie fehlt mir die Ruhe dazu. Außerdem kommt unter der Woche um diese Uhrzeit sowieso nie etwas im Fernsehen. Wozu bezahle ich ihn eigentlich, wenn er ohnehin nur für andere Frauen arbeitet?
Ich starre eine Weile vor mich hin, warte darauf, dass sich endlich ein Schlüssel im Schloss dreht und Christian zurückkommt.
Falls er gerade eine Pause macht, verbringt er die Zeit auf jeden Fall nicht mit mir. Der Gedanke hat sich ungebeten in meinen Kopf geschlichen. Ich kann nicht behaupten, dass meine Laune dadurch besser wird. Wenn es überhaupt möglich ist, wird sie dadurch noch schlechter. Ich muss raus hier. Dieses Warten macht mich verrückt. Christian kann meinetwegen tun und lassen, was er will, ich jedenfalls habe keine Zeit, auf ihn zu warten. Also werde ich den zweiten Teil meines Plans in die Tat umsetzen, aber allein.
Diese Entscheidung führt mich zum Main-Taunus-Zentrum, in der Hoffnung, dass sich Rons Schläger nicht an einen Ort verirren, der für jeden Mann der wahre Albtraum sein muss.
Ich habe beschlossen, von Ron und Madeleine Bilder zu machen. Fotos, die ihre Affäre dokumentieren. Dazu brauche ich eine Kamera, die ohne Blitzlicht im Dunkeln brauchbare Aufnahmen liefert.
Zum Glück dauert es nicht lange, bis ich ein Gerät finde, das alle Anforderungen erfüllt. Eigentlich sollte ich jetzt zu Christian zurückfahren, denn ich habe ihm versprochen, nicht mehr alleine in Rons Nähe zu gehen. Aber er ist noch immer nicht zu Hause, oder er zu beschäftigt, um ans Telefon zu gehen. Okay. Es wird schon nichts passieren. Ron hat keine Ahnung, wo ich bin. Außerdem weiß er nichts von meiner Verwandlung in eine langhaarige Blondine.
In Bad Soden parke ich am Reitstall und gehe über die Straße den Berg hinauf, verliere mich in den kleinen Sträßchen und taste mich von hinten an Madeleines Haus heran. Es dauert nicht lange und ich stehe vor dem Nachbargebäude. Das Dumme ist nur, ich muss mitten durch den Garten gehen, um zu ihrem Haus zu gelangen.
Ich beschließe, mich völlig normal zu verhalten. Oder so normal wie möglich, wenn man dabei ist, unbefugt ein fremdes Grundstück zu betreten. Mit wild klopfendem Herzen setze ich meinen Fuß auf den gepflegten Rasen. Ich habe für so etwas nicht die Nerven. Wie schaffen es Einbrecher nur, ihren Job zu erledigen, ohne jedes Mal vor Angst einen Herzinfarkt zu bekommen?
Mit angehaltenem Atem überquere ich die grüne Fläche, die nass glänzend vor mir liegt. Nur noch ein paar Meter. Hoffentlich sieht mich niemand! Dann endlich bin ich an der Rückseite von Madeleines Haus angekommen. Die hat natürlich einen Zaun, kein Wunder. Genauso hat sie auch ausgesehen. Bloß nichts abgeben. Schön alles selbst behalten. Dann aber fällt mir ein, dass wir unser Grundstück auch eingezäunt haben. War bestimmt Rons Idee .
Jetzt habe ich jedenfalls andere Probleme, denn ich muss irgendwie dieses Hindernis überwinden. Mit einem Stirnrunzeln mustere ich den grünen Maschendraht. Daran hochzuklettern dürfte kein Problem sein, ich hoffe nur, er hält mein Gewicht aus.
Mit einem dumpfen Aufprall lande ich auf der anderen Seite. Autsch . Ich habe mich verschätzt, der Zaun sah gar nicht so hoch aus. Verflixt . Nervös schaue ich mich um. Hoffentlich hat niemand etwas
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