Trau niemals einem Callboy! (German Edition)
wohnt?“
„Meine Mutter.“ Ich muss mich setzen. Dass Ron das Haus meiner Mutter beobachtet, gefällt mir nicht. „Was wollte er dort?“
„Ich glaube, er wird unruhig. Er kann dich nicht mehr aufspüren. Wahrscheinlich hat er gehofft, dich über deine Mutter zu finden. Er stand etwa zwei Stunden vor ihrem Haus, dann ist er weiter nach Bad Soden gefahren.“ Ich nicke. Und ich weiß auch genau, was Ron in Bad Soden gemacht hat.
„Er hat vor Madeleines Haus geparkt, und ich bin wieder zurück nach Frankfurt gefahren. Ich habe mir Sorgen gemacht, weil ich dich nicht erreichen konnte.“ Christian sieht mich auffordernd an. Anscheinend ist es jetzt an mir zu erzählen, was ich den Rest des Tages getan habe. Irgendwie habe ich den Eindruck, dass er diese Neuigkeiten nicht besonders gut aufnehmen wird.
Und richtig …
„Bist du von allen guten Geistern verlassen? Was, wenn er dich entdeckt hätte? Da tun wir alles, damit Ron nicht weiß, wo du dich aufhältst, und dann hast du nichts Besseres zu tun, als in dem Vorgarten seiner Freundin herumzuturnen.“
„Du warst nicht da“, versuche ich mich zu rechtfertigen, aber ich komme nicht weit.
„Na und? Es ist ja nicht so, als ob die Aufnahmen nicht noch ein paar Stunden hätten warten können. Ob du die heute oder morgen machst, ist egal. Das Einzige, was zählt, ist, dass er dich nicht auch noch umbringt.“
So gesehen hat er vielleicht sogar recht. Aber trotzdem …
„Ich bin es leid, hier herumzusitzen und darauf zu warten, dass sich mein Leben von selbst ordnet. Die letzten Tage waren die Hölle für mich, und da sagst du, es komme auf einen Tag mehr oder weniger nicht an. Ich bekomme bei jedem Schatten an der Wand eine Panikattacke, mein Ex-Freund ist möglicherweise ein Mörder, ich werde verfolgt und wohne bei einem Callboy. Glaubst du, das macht mir Spaß?“
Statt einer Antwort seufzt Christian und fährt sich mit den Händen durch die Haare. Ich bereue meinen letzten Satz, so hatte ich es nicht gemeint. Eigentlich doch, aber ich wollte es ihm nicht auf diese Art und Weise an den Kopf werfen. Vor allem, weil ich froh bin, hier sein zu dürfen.
„Wenn es dich nicht stört, schaue ich noch etwas fern“, sage ich endlich, denn die gespannte Atmosphäre nagt an meinen Nerven. Und außerdem weiß ich nicht, was ich sonst sagen soll. Eigentlich sollte ich mich entschuldigen, aber ich weiß nicht, wie. Ich kann schlecht sagen, ich hätte es nicht so gemeint, denn das wäre gelogen.
„Fühl dich wie zu Hause“, erwidert Christian und schaut mich mit einem seltsamen Gesichtsausdruck an. Mir wird unbehaglich zumute. Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich denken, er sei an mir interessiert. An mir als Frau, aber das ist Unsinn. Er hilft mir, weil ich ihn dafür bezahle. Aus keinem anderen Grund. Also stehe ich auf und gehe ins Wohnzimmer, zappe durch die Programme, bis ich einen Film entdecke, den ich sehen möchte. Der Gladiator mit Russell Crowe.
Kurze Zeit später sitzt Christian neben mir, legt die Beine auf den Couchtisch und starrt interessiert auf den Bildschirm. Obwohl er mich nicht beachtet, habe ich nach einer Weile den Eindruck, als würde sich die Luft elektrisch aufladen. Dass die meiste Zeit halbnackte Männer über den Bildschirm flimmern, ist nicht hilfreich. Mehr als einmal schweift mein Blick zu ihm ab, und ich ertappe mich bei der Vorstellung, mit ihm im Bett zu liegen.
Christian scheint von all dem nichts zu bemerken. Nach einer Weile hat er genug von dem Film, denn er nimmt eine Zeitschrift vom Couchtisch und beginnt zu lesen.
„Stört dich der Fernseher nicht beim Lesen?“, frage ich ihn nach ein paar Minuten, denn mir ist nicht entgangen, wie er immer wieder mit dem Lesen aufhört, auf den Bildschirm starrt, um dann mit der Lektüre fortzufahren. Ich kann es ihm nicht verdenken: Wenn ich eine Zeitschrift studieren würde, die Global Economy Journal heißt, würde ich auch lieber auf den Bildschirm schauen. Mich wundert nur, dass er beim Lesen nicht einschläft.
„Was?“ Christian sieht mich irritiert an. Scheinbar ist er mit Konzentration bei der Sache gewesen. „Nein, der Fernseher stört mich nicht. Ich mache das immer so.“
„Du liest, wenn der Fernseher läuft?“
„Ja, dann habe ich nicht den Eindruck, etwas zu verpassen.“ Anscheinend sieht er mir an, wie seltsam diese Erklärung für mich klingt. „Solange der Fernseher läuft, kann ich jederzeit hinsehen, wenn etwas Gutes kommt. Da verpasse ich
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