Trau niemals einem Callboy! (German Edition)
gehört. Ich warte noch ein paar Sekunden, aber alles bleibt ruhig. Also weiter jetzt, ich möchte das Ganze so schnell wie möglich hinter mich bringen.
Die vielen Bäume, die irgendein Obstliebhaber vor Jahrzehnten gepflanzt haben muss, bieten mir Schutz, als ich mich langsam auf das Haus zu bewege. Auch hier geht das Wohnzimmer zum Garten hinaus. Die Terrassentüren stehen offen, denn es ist eine laue, warme Sommernacht. Ich kann direkt in den Raum hineinschauen und fühle mich hinter dem Stamm eines Apfelbaumes verhältnismäßig sicher. Keine Spur von Madeleine oder Ron.
Und dann kommt sie, trägt einen eleganten Hosenanzug. Sie sieht gut aus, registriere ich ärgerlich. Dafür, dass ihr Mann verschwunden ist, scheint sie außerdem viel zu glücklich zu sein.
Sie hält ein tragbares Telefon, spricht, geht im Wohnzimmer auf und ab, bis sie sich schließlich auf die große weiße Couch fallen lässt, ihr Blick direkt auf die Terrasse gerichtet, auf die Grünfläche und die Obstbäume, hinter denen ich mich verberge. Mein Herz setzt einen Schlag aus. Hat sie mich gesehen? Madeleine spricht ungerührt weiter, es gibt keine Anzeichen, dass sie etwas Ungewöhnliches bemerkt hat. Aber vielleicht ist sie eine gute Schauspielerin. Vielleicht hetzt sie mir gerade die Schläger auf den Hals, die sich dieses Mal nicht so zurückhaltend geben werden.
Ob sie weiß, dass ihr Mann tot ist? Sie lacht, kuschelt sich noch gemütlicher in die Couch hinein. Vielleicht spricht sie gerade mit Ron.
Und dann steht er plötzlich mitten im Raum, und ich lasse vor Schreck fast die Kamera fallen. Er schleicht sich von hinten an sie heran und eine Schrecksekunde lang glaube ich, er wolle sie ermorden. Dann aber beugt er sich zu ihr hinunter, sie sieht ihn, lacht und lässt den Hörer sinken, um ihn zu küssen. Wenigstens bin ich so geistesgegenwärtig, davon ein Foto zu machen.
Das erste Bild von den beiden habe ich. Außerdem ist der Abend noch lang, wer weiß, was ich alles fotografieren kann. Madeleine beendet das Gespräch, während Rons Hände über ihren Körper wandern. Ich mache noch mehr Fotos, auch wenn mir nicht wohl bei der Sache ist. Ist schon seltsam, seinem eigenen Ex-Freund dabei zuzusehen, wie er eine andere Frau streichelt.
Tränen steigen mir in die Augen. Aber ich mache trotzdem weiter, drücke blind auf den Auslöser. Nach einer Weile setze ich die Kamera ab, um mir die Nase zu putzen. Idiotisch das Ganze. Als ich mich endlich wieder gefangen habe, ist das Wohnzimmer leer. Ich benötige nicht viel Fantasie, um zu wissen, wo sie hingegangen sind.
In einem Zimmer im ersten Stock brennt Licht. Das Schlafzimmer. Meine Chance, noch bessere Fotos zu machen. Aufnahmen, die die beiden im Bett zeigen. Auch wenn ich nicht gerade wild darauf bin, Ron in Aktion mit einer anderen Frau zu sehen. Aber es muss sein. Je mehr Bilder, desto besser.
Fragt sich nur, wie ich die machen soll. Das verdammte Zimmer liegt im ersten Stock. Zweifelnd schaue ich den Baum an, hinter dem ich mich versteckt habe. Die Äste sehen stark genug aus, ich muss nur raufkommen. Gar nicht so einfach, denn die untersten Zweige sind ziemlich weit oben. Auf der Terrasse steht ein Klappstuhl. Ein ziemlich mickriger Stuhl; ich wundere mich, dass sie so etwas Billiges hier draußen herumstehen hat.
Ein paar Sekunden später balanciere ich auf dem wackligen Ding und kann mich tatsächlich den Baum hochhangeln. Und dann schaue ich wie aus einer Theaterloge direkt ins Schlafzimmer hinein. Kann es kaum glauben, so gut ist die Aussicht, fast wie für mich gemacht. Sie liegen auf dem Bett, sind so mit sich beschäftigt, dass sie es wahrscheinlich nicht einmal merken würden, wenn ich vor dem Fenster auf und ab spränge.
Entschlossen hebe ich die Kamera. Schaue durch die Linse. Warte darauf, dass beide gut zu erkennen sind. Leider küsst sie gerade Rons Brust, ihre langen Haare verdecken ihr Gesicht, während Ron ausgestreckt da liegt und das Ganze genießt.
Nach einer Weile endlich wird Ron auch aktiv. Streichelt sie, und ich bete, sie mögen endlich, endlich beide in die Kamera schauen. Ron aber lässt sich Zeit, verwöhnt sie richtig, bevor er zur Sache kommt.
Mit einem Mal hören das Herumgeschmuse und Gefummele da oben auf, beide heben den Kopf, lauschen. Dann sagt Ron irgendwas und steht auf. Geht direkt aufs Fenster zu in seiner nackten Pracht, während sie, hinter ihm auf dem Bett, den Kopf auf die Hand gestützt, zuschaut. Endlich das perfekte
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